Gewerbeverband bricht Zusammenarbeit mit der Stadt ab
Der städtische Wirtschaftsverband goutiert die Klimaoffensive des Gemeinderats gar nicht. Weil diese gewerbefeindlich sei, sistiert KMU Stadt Bern die laufenden Projekte mit der Stadt.

Es war die reflexhafte Reaktion der Bürgerlichen auf die Klimaoffensive des Gemeinderats, die dieser letzte Woche präsentiert hatte: Die rot-grüne Stadtregierung nutze die Klimakrise, um ihre Ideologie durchzusetzen: Gegen das Auto. Und damit auch gegen das Gewerbe, das auf einen flüssigen Verkehr und genug Parkplätze angewiesen sei.
Am Mittwoch legte KMU Stadt Bern nach, und der städtische Gewerbeverband tat dies in markigen Worten. In einem offenen Brief an den Gemeinderat verkündete er die «Sistierung der Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung». Nach Jahren der intensiven Beteiligung an städtischen Projekten sei man zum Schluss gekommen, dass der Einbezug des Gewerbes oft bloss «alibihaft» gewesen sei. Die Stadt habe kaum eine Gelegenheit ausgelassen, «insbesondere bei der Planung der Stadtentwicklung und des Verkehrs wirtschaftseinschränkende Massnahmen einzuführen». Weil die «Gesprächs- und Kooperationsbereitschaft» des Gewerbeverbands bei den Stadtbehörden «auf keinen fruchtbaren Boden stösst», ziehe man sich «resigniert» aus den laufenden Projekten und Mitwirkungen zurück.
Rechtsweg als Alternative
Thomas Balmer, der Präsident von KMU Stadt Bern, legt auf Anfrage zwei Beispiele dar, die seiner Ansicht nach illustrieren, wie gewerbefeindlich die Stadtregierung agiere. Das erste handelt vom Verkehr, wo sein Verband jahrelang mit der Stadt «diskutiert, gerungen und Kompromisse geschmiedet» habe, um trotz aller Bemühungen der Stadt, den Autoverkehr zu reduzieren, für das Gewerbe erträgliche Anlieferbedingungen zu bewahren. «Wenn jetzt der Gemeinderat als Ziel eine gänzlich autofreie Innenstadt propagiert, dann sind all die Gespräche und Abmachungen nichts mehr wert», kritisiert Balmer.
«Der Gemeinderat legt es darauf an, auch noch das letzte Gewerbe aus der Stadt zu verdrängen.»
Sein zweites Beispiel ist die Planung Weyermannshaus-West. Auf diesem Industrieareal zwischen Weyerli-Bad und Galenica-Gebäude sei stets ein «Entwicklungsschwerpunkt Arbeiten» vorgesehen gewesen – bis Stadt und Burgergemeinde unvermittelt erklärt hätten, auf dem Areal solle künftig 80 Prozent Wohnzone und 20 Prozent für Gewerbe und Ateliers eingerichtet werden. «Einerseits legt es die Stadt also darauf an, dass auch der Wirtschaftsverkehr nicht mehr sinnvoll zirkulieren kann, andererseits verdrängt sie auch noch das letzte Gewerbe aus der Stadt hinaus.» Laut Balmer träume die Stadtregierung von einem «sozialromantischen Stadtleben, in dem es keinen Platz für echte Gewerbezonen hat».
Offensichtlich ist KMU Stadt Bern gewillt, den Dialog mit Verwaltung und Stadtregierung erst dann wieder aufzunehmen, wenn von diesen «konkrete und diskussionsoffene Vorschläge» kommen, die der Gewerbeverband als wirtschaftsfreundliches Zeichen interpretieren könnte. Wenn der Gemeinderat die wirtschaftsfeindlichen Tendenzen ablege, sei man offen für «verbindliche Gespräche auf gleicher Augenhöhe», schreibt KMU Stadt Bern am Ende des offenen Briefes. Und wenn nicht? «Dann wehren wir uns halt – wenn auch ungern – auf dem juristischen Weg», sagt Präsident Balmer.
Strategie für den Werkplatz
Laut Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) «bemüht sich die Stadt um ein wirtschafts- und gewerbefreundliches Klima». Gerade jüngst habe der Gemeinderat «den Startschuss gegeben für die Erarbeitung einer gesamtstädtischen Strategie Zukunft Werkplatz Bern». Diese solle Perspektiven für die Entwicklung von Gewerbestandorten aufzeigen, hielt von Graffenried in seinen schriftlichen Antworten fest.
Mit Blick auf den Verkehr hält der Stapi fest, dass mit den klimapolitischen Massnahmen noch kein neues Verkehrsregime beschlossen worden sei. «Bezüglich der autofreien Innenstadt ist jedoch klar, dass der Wirtschaftsverkehr weiterhin möglich sein wird.» Auf KMU Stadt Bern wird die Stadt laut von Graffenried «selbstverständlich zugehen und einen Weg suchen, um die gemeinsamen Gespräche fortsetzen zu können».
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