Im Kunstmuseum Bern befinden sich über 500 Werke von Künstlern, die in Nazideutschland als «entartet» galten. Wollen Sie die jetzt alle zeigen? Nein. Wir wollten auf jeden Fall eine dichte Hängung verhindern, wie es sie bei der berühmt-berüchtigten Ausstellung «Entartete Kunst» 1937 in München gab. Im Katalog werden wir alle Werke mit ihren Herkunftsgeschichten so weit wie möglich dokumentieren. Aber in der Ausstellung beschränken wir uns darauf, Schlaglichter auf einzelne Werke zu werfen. Wir werden die Bilder auch nicht nach kunsthistorischen Kriterien anordnen, sondern nach Sammlungseingang.
Was heisst das? Wir wollen die unterschiedlichen Arten illustrieren, wie Museen überhaupt zu ihren Bildern kommen. Die wenigsten Werke hat das Kunstmuseum Bern selbst gekauft. So zum Beispiel Corinths «Selbstbildnis», das bis 1937 in der Nationalgalerie Berlin hing. Die meisten wurden grosszügig zur Verfügung gestellt – von der Stiftung Othmar Huber oder der Hermann-und-Margrit-Rupf-Stiftung zum Beispiel. Sechs Werke, die von den Nazis als «entartet» beschlagnahmt wurden, kamen über diese Stiftungen ins Kunstmuseum Bern.
Zum traditionellen Selbstverständnis von Ausstellungsmachern gehört es, Bilder «für sich selber» sprechen zu lassen. Das dürfte bei diesem Thema nicht funktionieren. Richtig. «Moderne Meister» ist auch keine eigentliche Kunstausstellung – eher eine historische Ausstellung. Es wird dazu Textinformationen geben. Wir arbeiten aber auch stark multimedial.
Wie gehen Sie vor? Wir haben in der Ausstellung verschiedene Bereiche, die ineinander übergehen. Zunächst dokumentieren wir die Ausstellung «Entartete Kunst» 1937. Wir zeigen Werke, die dort tatsächlich hingen – zum Beispiel «Waldinneres mit Vogel» von Franz Marc. Die Ausstellungsbroschüre von damals können die Besucher selbst durchblättern – auf iPads. Wir zeigen die einzigen Filmaufnahmen, die bei der Ausstellung «Entartete Kunst» gemacht wurden. Uns ist auch wichtig, dass es um Menschen ging, die diese Diktatur aushalten mussten, deren Karriere beschädigt wurde. Das machen wir an vier Personen fest: an Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dix und Johannes Itten. Und natürlich geht es auch um die berühmte Auktion in Luzern 1939, bei der konfiszierte Werke aus deutschen Museen versteigert wurden. Das war eine Art Versuchsballon, die Nazis wollten herausfinden, ob die Verwertung «entarteter» Kunst funktioniert.
Und? Es hat nicht schlecht funktioniert, aber auch nicht wirklich gut.
Zeigen Sie auch Nazikunst? Keine Originalwerke. Aber wir dokumentieren Arno Brekers Grossplastik «Bereitschaft», die 1939 in München ausgestellt wurde, und wir zeigen einen «Wochenschau»-Bericht, in dem man sieht, wie ein Stab von Mitarbeitern in Brekers Atelier die Figur auf 16 Meter hochkopiert. Brekers «Bereitschaft» haben die Nazis als besonders gelungenes Kunstwerk betrachtet.