
kultur
Mit Swing in die nächsten 40 Jahre
Der Schleier über dem Programm des Jazzfestivals Bern ist gelüftet. Die Jubiläumsausgabe steht unter dem Motto «40 Years Hard Swinging», beginnt am 16.März im ZPK.
Seit 150 Jahren steht über dem Aarehang die Innere Enge. Dort, wo Joséphine de Beauharnais, die von Napoleon geschiedene Kaiserin, ein Grand Déjeuner genoss, verkehren heute im Viersternhotel Jazzmusiker, Stadttouristen und Geschäftsleute.
Stolz zeigt Marianne Gauer die Hotelzimmer in der Inneren Enge. Da gibt es das Oscar-Peterson- und das Louis-Armstrong-Zimmer. Auch nach Lionel Hampton ist ein Raum benannt. Für die Innenarchitektin Gauer ist die Zeit, als aus den grossen Sälen der Inneren Enge Hotelzimmer wurden, noch sehr präsent. Wie wenn das gestern geschehen wäre, weiss sie Geschichten zu erzählen.
Die neue Zeit der Inneren Enge begann 1991: Hans Zurbrügg und seine Frau Marianne Gauer übernahmen das Haus der Bernburger im Baurecht. Eine glückliche Fügung, denn Marianne Gauer ist eine namhafte Innenarchitektin, die sich auf die Gestaltung von Hotels spezialisiert hat. Hans Zurbrügg ist mit Leib und Seele Hotelier und war Trompeter in der Wolverines-Jazzband. Schnell war klar, dass aus den beiden Sälen im ersten Stock und aus dem alten Dachstock Hotelzimmer werden sollen.
«Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, weil der Denkmalschutz bestimmte Bedingungen stellte.» Marianne Gauer berichtet von der Wendeltreppe in den Dachstock, von der sie zuerst ein paar Stufen draussen im Garten habe ausstellen müssen. «Damit die Feuerwehrleute mit voller Ausrüstung testen konnten, ob die Treppe für einen Einsatz breit genug ist.» Sie war es und wurde eingebaut. 26 Zimmer sind entstanden, 15 von ihnen tragen die Namen von berühmten Jazzmusikern. Das Oscar-Peterson-Zimmer ist das grösste.
«Das konnten wir nicht kleiner machen, weil die drei hohen Fenster auf die westliche Gartenseite als Einheit erhalten bleiben mussten», erklärt Marianne Gauer. Darum ist dieses Zimmer ein halber Saal geblieben, mit einem riesigen Himmelbett, einem Ankleideraum und einem Bad, in dem man in der Wanne liegend fernsehen kann. Geschmückt mit Bilder des Fotografen Peterson und Notenpartituren des Jazzkomponisten Peterson.
Vom Keller zum Jazzclub
«Hier kommt die Bühne hin und hier die Bar.» Als Hans Zurbrügg das sagte, stand er 1991 im alten Gewölbekeller der Inneren Enge, der auf der einen Seite mit schwerem Gerät erweitert wurde. So entstand Marians Jazzroom. «Mari» von Marianne und «ans» von Hans ist die Erklärung dieses Namens. Und er wurde gut, der Jazzroom. «Die Bedingungen für die Musiker sind fast optimal. Der Club hat eine sehr gute Akustik, es spiele sich gut hier unten», sagt Hans Zurbrügg. Er muss es wissen, denn hin und wieder bläst er im Marians selber die Trompete.
So zuletzt geschehen am Zibelemäritabend dieses Jahres. Im Marians treten in wöchentlicher Abfolge Jazzformationen auf. «Unser Memberclub hat gegenwärtig rund 1000 Mitglieder», sagt Hans Zurbrügg nicht ohne Stolz. Aber in der Inneren Enge übernachten auch Leute, die überhaupt nichts mit Jazz zu tun haben und nichts davon wissen, was im Keller so alles läuft. «Das ist die Mehrheit unserer Gäste.»
Neues Hotel gegenüber
Unter der Woche sind die beiden in der Gastgeberrolle im Hotel Innere Enge. Für Hans Zurbrügg eine wichtige Rolle, die er in anderen Hotels auch etwa vermisst. «Das Persönliche braucht es einfach», glaubt er. Die Wochenenden verbringt das Paar Marianne Gauer und Hans Zurbrügg in der Regel im Waadtland. Dort besitzen die beiden einen Rebberg. Der Epesse mit dem Namen «Vin de la Capite» wird nur im eigenen Hotel verkauft. Und vielleicht später auch im neuen Hotel auf der anderen Seite der Strasse. Denn das Paar hat Pläne.
Im Rahmen der Überbauung Viererfeld soll ein neues Hotel entstehen. «Wir haben hier einfach zu wenig Zimmer», erklärt Hans Zurbrügg. Und mit hier meint er einerseits die Innere Enge und andererseits die Stadt Bern. «In der Stadt fehlen vor allem Viersternbetten», sagt Hans Zurbrügg.
Das Jubiläum 150 Jahre Innere Enge wird in Etappen gefeiert. «Wir veranstalten in der nächsten Zeit Verschiedenes unter diesem Motto.» Etwas aber zieht sich durch: In einer Jurte im Garten werden zum Jubiläum bodenständige und währschafte Gerichte angeboten.
Wie aus dem «Viererhaus» ein Hotel wurde
Seit dem Jahr 1803 gehört «die Engi» der Burgergemeinde Bern. Laut alten Urkunden kamen die Burger durch einen Vergleich mit der Regierung zum Land oberhalb des Aarehangs. Dort stand damals das «Viererhaus». Im Sommer luden Tische und Bänke ein, die Aussicht auf die Alpenkette zu geniessen. So wurde die Innere Enge schon im 18. und 19. Jahrhundert zum Vergnügungsort der Berner und Bernerinnen. Und auch Fremde kehrten dort ein. So kam es im Jahr 1810 zum berühmten «Grand-Déjeuner» das Kaiserin Joséphine serviert wurde, der geschiedene Frau Napoleons. In den Jahren 1865/66 stellten die Burger einen Neubau mit einem Restaurant und zwei verschieden grossen Sälen im 1. Stock auf. Das heutige Hotel Innere Enge. Das jetzt gefeierte Jubiläum beruht auf diesem Datum. 1914 war die Innere Enge Teil der Landesausstellung. Rund um das Haus entstanden zu diesem Zweck provisorische Bauwerke, die dann nach der Ausstellung wieder abgebaut wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus renoviert und leicht erweitert. Ganz gross einsteigen wollte dann ein privater Investor. Geplant war 1981 ein Hotelkomplex mit 120 Zimmern. Das Ganze war von den Berner Behörden bereits bewilligt. Doch eine vom Volk angenommene Initiative mit dem Namen «Retter die Innere Enge», machte dem Ganzen ein Ende. Nur ein paar Jahre später hörte ein gewisser Hans Zurbrügg an einer Veranstaltung davon, dass die Burger die Innere Enge abgeben wollten. Noch auf dem Heimweg fuhr der vorbei, sah sich das alte Haus von aussen an, und war begeistert. «Meine Frau und ich haben sofort gesehen, dass wir da was Gescheites draus machen könnten». Und danach ging alles schnell: Die Burger übergaben dem Paar 1991 die Innere Enge im Baurecht und im Jahr darauf wurde das umgebauten Haus als Vierstern-Hotel mit Marians Jazzroom im Keller eröffnet. cng
Berner Zeitung
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