Laut Herbeth ist der Staatsanwaltschaft bekannt, dass das Gymnasium Köniz-Lerbermatt als Reaktion auf den Vorfall «intensive Massnahmen» ergriffen hat. Nun befand die Staatsanwaltschaft, dass die vier jungen Männer mit diesen Massnahmen genug gestraft sind. «Im Jugendstrafrecht steht ganz klar der Erziehungsgedanke im Vordergrund», sagt Herbeth. Mit den Massnahmen wolle man vorab erreichen, junge Menschen wieder «auf die richtige Spur» zu bringen. Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall damit strafrechtlich abgeschlossen.
«Drama für die Betroffenen»
Je zwölf Wochen Schulausschluss hat die Schulkommission Mitte Februar gegen die vier Gymeler verhängt. Später hat die Erziehungsdirektion (Erz) sie in drei von vier Fällen korrigiert und die Ausschlüsse auf acht und einmal auf vier Wochen reduziert. Drei der vier Gymeler konnten dann im Juni trotz Ausschluss zur Matura antreten. Geschafft hat sie nur einer.
Die Schulkommission und die Erz müssten sich nun schon ein paar kritische Fragen gefallen lassen, sagt einer der Anwälte, der einen Gymeler vertritt. Er findet es nicht richtig, dass die Schulkommission so rasch einen so strengen Entscheid fällte, ohne Fakten aus Berlin abzuwarten. Und die Erz hat seiner Meinung nach für ihre Korrektur zu lange gebraucht, denn die Zeit habe wegen der Maturprüfungen gedrängt. Eine wahre Rosskur habe schliesslich die Maturitätskommission den jungen Männern auferlegt, damit sie überhaupt zur Matur antreten konnten. «Man hat die Unschuldsvermutung überhaupt nicht gewichtet», so der Anwalt. Für drei der vier Betroffenen sei das «ein Drama», das sich nun nicht mehr korrigieren lasse. Letztlich hätten sich die Schüler nur disziplinarische Bagatelldelikte zuschulden kommen lassen: «Sie haben das Hotel verlassen, eine heikle Situation provoziert und etwas Alkohol getrunken.» Beraubt hätten sie das Paar nicht. «Die Aufhebung zeigt: Es ist nichts Strafbares passiert, die Gymeler sind strafrechtlich unschuldig.»
Verfahren war unklar
Dass die Schüler nicht angeklagt werden, ändert nichts an der Haltung von Schulkommissionspräsident Marcel Wyler: Mit dem temporären Schulausschluss habe die Kommission eine disziplinarische Massnahme innerhalb der Schule getroffen – unabhängig vom Strafverfahren in Berlin. Die Kommission habe den Polizeirapport nicht gekannt und den Schulausschluss aufgrund der persönlichen Schilderungen der Schüler verhängt. «Für uns war einzig entscheidend: Kann der Schüler zu seiner Tat stehen oder nicht.» Wyler kritisiert, dass das Verfahren nicht zum Vornherein klar war. Die Grundsätze und Zuständigkeiten müssten nun geklärt werden. «Sonst bleibt zu viel offen, und diese Unsicherheit wird auf dem Buckel der Schüler ausgetragen.» Um die korrekten Abläufe für künftige Fälle zu klären, findet Ende August ein Treffen mit Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) statt.
Er sei froh, dass kein Verfahren eröffnet wurde, kommentiert Pulver den Entscheid. «Das zeigt: Es ist nichts Schlimmeres passiert, wie wir das auch in unserem Verfahren festgestellt haben.» Man müsse vorsichtig sein mit Vorverurteilungen. Das heisst für ihn aber nicht, dass die disziplinarischen Massnahmen falsch waren. Die Schulkommission habe sich mit dem «schwierigsten» Disziplinarfall beschäftigen müssen, den es im Kanton seit Jahren gegeben habe. «Da kann man es ihr nicht verübeln, wenn auch Fehler passiert sind.» Die schliesslich von der Erz teils nach unten korrigierten Strafen für die Gymeler seien «zünftig, aber vertretbar». Auf keinen Fall dürften Schulkommissionen nun das Gefühl haben, dass sie in solchen Fällen besser nichts tun, so Pulver. Um das zu unterstreichen, will die Erz ein Merkblatt zu den heiklen Punkten in Disziplinarverfahren herausgeben. Auch die Beratungen in solchen Fällen will Pulver intensivieren.