«Wir sind stolz, Burger zu sein»
Burgerrats- und Burgergemeindepräsident Raymond Feller und Burgerratsvizepräsident Hugo Wenger erklären, warum eine Burgergemeinde keine veraltete Institution ist und warum sie stolz sind, Strättligburger zu sein.
Burgergemeinden sind eine Erfindung aus der Zeit vor dem Ancien Régime. Ist das heute nicht völlig veraltet? Raymond Feller: Für mich ist eine Burgergemeinde keine überholte Sache. Unsere Burgergemeinde ist unser Heimatort. Ich glaube, dass es auf der ganzen Welt niemanden gibt, der heimatlos sein möchte. Hugo Wenger: Es ist sicher auch ein Teil Verpflichtung gegenüber der Familie, die Burgergemeinde aufrechtzuerhalten. Unsere Vorfahren haben hart für das gearbeitet, was sie hatten. Es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn wir Jungen uns das kaputtmachen würden. Es lohnt sich, da Zeit zu investieren. Sie haben das von Kindesbeinen an mitbekommen? Wenger: Ja, das könnte man schon so sagen. Bereits mein Vater war acht Jahre im Burgerrat, und so war das in unserer Familie immer ein Thema. Feller: Bei mir war es so, dass der Vater uns gelegentlich gesagt hat, dass wir Strättliger sind. Das sei dann nicht jeder, betonte er jeweils. Dann war das jahrzehntelang nicht mehr so im Vordergrund, bis ich die Anfrage aus dem Burgerrat erhielt, ob ich als Ratsmitglied tätig werden möchte. Da habe ich aus Überzeugung, mich für eine gute Sache zu engagieren, Ja gesagt. Wer ist heute überhaupt noch Strättligburger? Feller: Strättligburger wird, wer das Kind einer Strättligburger Familie ist. Eine Frau wird durch Heirat Strättligburgerin. Es gibt auch die Möglichkeit, ein Burgerrecht zu erkaufen. Das kommt aber sehr selten vor. Wenger: Wenn eine Frau heiratet, behält sie ihr Burgerrecht übrigens trotzdem. Ist es heute überhaupt noch attraktiv, Burger zu sein? Wenger: Finanziell gesehen sicher nicht. Aber ich bin stolz, Strättligburger zu sein. Strättligen steht in einem guten Licht da, wir müssen uns nicht verstecken. Welche Aufgaben übernimmt die Burgergemeinde heute? Feller: Die Burgergemeinde Strättligen ist eine bescheidene Burgergemeinde. Unser Besitzstand ist ein Burgerheimwesen auf der Gwattegg, das eine halbe Existenz garantiert. Wir haben 120 Hektaren Wald, die wir bewirtschaften. Auf dem Burgerheimwesen haben wir einen Pächter, der den Bauernbetrieb führt und als unser Bannwart im Burgerwald tätig ist. Mit diesen beiden Tätigkeiten kommt er auf eine vernünftige Existenz. Wenger: Eine weitere Aufgabe der Burgergemeinde ist es auch, die Wege zu unterhalten, die zu den ganzen Ländereien gehören. Soziale Aufträge hat die Burgergemeinde heute keine mehr. Wie sind Sie organisiert? Feller: Die Burgergemeinde Strättligen hat einen Burgerrat, der aus fünf Mitgliedern besteht. Ausser das Amt des Präsidenten und Vizepräsidenten gibt es keine fest zugeteilten Ämter. Gerhard Spinnler ist unser Burgerschreiber und Kassier in einer Person, der für uns als angestellter Mitarbeiter die ganzen Rechnungs- und Buchhaltungsarbeiten erledigt. Zur Burgerversammlung sind jeweils die stimmberechtigten Strättligburgerinnen und -burger eingeladen. Heute sind dies etwa 535 Personen. Stimmberechtigt ist, wer in der Einwohnergemeinde Thun Wohnsitz hat. Wie finanzieren Sie sich? Wir finanzieren uns über den Ertrag aus dem Holzverkauf. Die Schiessanlage Guntelsey steht zu einem Teil im Baurecht auf Strättligboden, von da haben wir einen jährlichen Pachtzins und den Zins vom Pächter auf dem Burgergut. Es gibt auch noch wenige Barschaften, die angelegt sind, aber bei den heutigen Zinssätzen keinen grossen Gewinn abwerfen. Erhalten Sie staatliche Unterstützung? Feller: Nein. Wir müssen uns selber finanzieren. Die Burgergemeinde unterhält den Wald und die Wege aus eigenen Mitteln und bietet der Bevölkerung von Thun und Umgebung einen schönen und gepflegten Naherholungsraum. Dieser wird auch rege genutzt. Was wünsche Sie der Burgergemeinde für ihre Zukunft? Feller: Ich hoffe, dass die Burgergemeinde in diesem Rahmen noch viele Jahre bestehen wird und dass der wirtschaftliche Teil, der Holzverkauf, die Existenz der Burgergemeinde weiter garantiert. Ein ganz grosses Anliegen ist mir auch, dass die Bevölkerung unseren Wald als Naherholungsgebiet nutzen kann. Leider haben wir immer mehr mit Vandalismus und damit zu kämpfen, dass unser Wald als Mülldeponie missbraucht wird. Alles, was kaputt ist, müssen wir instand stellen. Vieles geht für immer verloren. Wenger: Daher fordern wir die Leute auf, Sorge dazu zu tragen und die Natur und die Tiere zu respektieren. Der Burgerwald soll auch in den nächsten 500 Jahren ein schöner Erholungsraum bleiben. Interview: Therese Krähenbühl >
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