Regierungsrat legt Mammut-Revision des Polizeigesetzes vor
Der Kanton Bern revidiert sein 20-jähriges Polizeigesetz. Unter anderem sollen konkrete Regelungen und eine Bewilligungspflicht für private Sicherheitsdienste eingeführt werden.

Lange hat sie gedauert und zahlreiche Themen sind in sie eingeflossen: Nun hat der Berner Regierungsrat die Totalrevision des bernischen Polizeigesetzes in die Vernehmlassung geschickt. Die politische Verantwortung für die öffentliche Sicherheit will der Kanton nicht vollständig übernehmen.
Bisher lag die Verantwortung bei den Gemeinden, die aber seit der Einführung der Einheitspolizei im Jahr 2008 ihre Leistungen bei der Berner Kantonspolizei einkaufen. Manche Gemeinden vermissten seither eigene Steuerungsmöglichkeiten.
Grundlegende Veränderungen will die Regierung am bestehenden System aber nicht vornehmen, wie sie am Freitag in einer Mitteilung schreibt. Eine vollständige Kantonalisierung, wie sie ein Postulat aus dem Jahr 2013 anregt, würde neue Schwierigkeiten mit sich bringen, wie die Regierung im Vortrag zum Gesetzesentwurf schreibt.
Eine vollständige Kommunalisierung wäre mit der Rückkehr zu zahlreichen unterschiedlichen Gemeindepolizeien und einer Abkehr von der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte verbunden, kommt die Regierung zum Schluss.
Aktuell haben rund 20 Gemeinden mit besonderen Sicherheitsbedürfnissen mit der Kantonspolizei einen Ressourcenvertrag abgeschlossen. Dieser soll weiterhin beibehalten werden. Daneben gibt es viele, vorab kleinere Gemeinden, die keine Verträge benötigen, weil ihre Bedürfnisse im Rahmen des polizeilichen Grundangebots abgedeckt werden.
Und dann gibt es noch jene Gemeinden, für die sich der Abschluss eines umfassenden Ressourcenvertrags nicht lohnt, die aber flexibel auf bestimmte Sicherheitsanliegen reagieren wollen, beispielsweise andauernde Probleme auf einem Schulhaus- oder Brätliplatz. Für sie gibt es neu einen sogenannten Brennpunktvertrag. In ihm werden bisherige Lösungsansätze zusammengefasst.
Kostenpauschale für Einsätze
Weiter schlägt die Regierung vor, die Kosten für Polizeieinsätze und für die polizeiliche Vollzugshilfe von heute 11,2 Millionen Franken neu zu pauschalisieren. Sie sollen von allen Gemeinden abgestuft nach Bevölkerungszahl getragen werden. Der Kanton übernimmt wie bisher die Hälfte dieser Kosten sowie die gerichtspolizeilichen Kosten.
Gemeinden ohne Verträge zahlen heute für die ersten 50 polizeilichen Interventionen nichts, erst danach werden sie zur Kasse gebeten. Die Abrechnung der Leistungen bescherte der Polizei erheblichen administrativen Aufwand, wie Florian Hirte, stellvertretender Generalsekretär der bernischen Polizei- und Militärdirektion auf Anfrage ausführte. Mit der Pauschale soll das System vereinfacht werden. Auch für die Gemeinden zahle sich dies aus, da die Kosten für sie so verlässlicher planbar seien.
Regelung für private Sicherheitsfirmen
Immer öfter werden auch im Kanton Bern Private Anbieter zur Aufrechterhalten von Ruhe und Ordnung eingesetzt. Zu den Kunden dieser Sicherheitsfirmen gehören zunehmend Gemeinden. Damit rückte auch die Frage ins Zentrum, was solche Firmen im öffentlichen Raum dürfen und welche Anforderungen sie erfüllen müssen.
Mit der erstmaligen, gesetzlichen Regelung der privaten Sicherheitsunternehmen will der Kanton einerseits dem Bedürfnis nach Regulierung, andererseits dem Bedürfnis nach unternehmerischer Freiheit Rechnung tragen, wie der Regierungsrat in einer Mitteilung vom Freitag schreibt.
Der Gesetzesentwurf will es den Gemeinden neu auch ermöglichen, Identitätskontrollen durchzuführen, beispielsweise bei Littering oder Lärm. Sobald aber Zwang angewendet werden muss, ist dies nach wie vor Sache der Polizei. Auch eine Übertragung solcher Kontrollen an private Sicherheitsfirmen schliesst der Gesetzesentwurf aus.
Mit der Polizeigesetzrevision werden zahlreiche weitere Themen aufgegriffen. So sollen neue Instrumente zur Bekämpfung von Stalking und häuslicher Gewalt eingeführt werden, etwa ein Kontakt- und Annäherungsverbot.
Ausserdem sollen unter anderem die gesetzlichen Grundlagen für Vorermittlungstätigkeiten sowie verdeckte Fahndungs- und Ermittlungstätigkeiten geschaffen werden. Wie in Strafverfahren bedürfen auch diese Massnahmen einer richterlichen Genehmigung.
Geregelt wird in dem Entwurf auch eine Überwälzung der Kosten eines Polizeieinsatzes, wenn es bei Veranstaltungen zu Gewalt an Personen oder Sachen kommt.
Taugliche Grundlage
Der Polizeiverband Bern-Kanton bezeichnete die Vorlage am Freitag in einer Stellungnahme als «taugliche Diskussionsgrundlage». Der Verband begrüsst unter anderem die administrativen Vereinfachungen und die Vorgaben für die privaten Sicherheitsfirmen. Entschieden zur Wehr setzen würde sich der Verband, wenn neue Kompetenz der Gemeinden der Ausweiskontrolle an private Sicherheitsfirmen delegiert werden sollte.
Die Vernehmlassung des revidierten Polizeigesetzes läuft bis am 23. Dezember. Das Gesetz soll anfangs 2019 in Kraft treten.
SDA/tpu
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch