Reaktionen zur Jura-Abstimmung
Der Berner Jura sagte Nein zu einem möglichen Zusammenschluss mit dem Kanton Jura. Lesen Sie hier die Reaktionen der wichtigsten Akteure in der Jurafrage.
In der Schweiz wird kein neuer Kanton aus dem heutigen Kanton Jura und dem Berner Jura entstehen. Die Stimmberechtigten im Berner Jura lehnten die Aufnahme entsprechender Verhandlungen mit 71,85 Prozent klar ab.
Berner Regierung begrüsst Abstimmungsresultat
Die Berner Regierung hat das Resultat der Jura-Abstimmung begrüsst. Das Nein im Berner Jura sei ein klares Bekenntnis zum Kanton Bern, sagte Regierungspräsident Christoph Neuhaus in Courtelary. Mit dem Verbleib des Berner Juras könne der Kanton Bern weiterhin seine Brückenfunktion zwischen der Deutsch- und der Westschweiz wahrnehmen.
In Moutier sei es nun an den politischen Verantwortlichen zu schauen, ob die Stadt allenfalls alleine einen Kantonswechsel zum Jura anstreben will. Gemäss Neuhaus können alle Gemeinden im Berner Jura innert zwei Jahren eine entsprechende Gemeindeabstimmung ins Auge fassen. Regierungsrat Bernhard Pulver gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Moutier beim Kanton Bern bleiben wolle.
Die Gemeinden im Berner Jura können innert zweier Jahre auf Gemeindeebene über einen Kantonswechsel zum Jura abstimmen, sofern sie das wollen. Das gilt nach Angaben der Berner Regierung auch für die Gemeinde Belprahon, wo das Abstimmungsresultat am Sonntag in einem Patt endete.
Pulvers Amtskollege Philippe Perrenoud betonte, dass der Kanton Bern sich nun für die Weiterentwicklung des Sonderstatus für den Berner Jura engagieren wolle. Auf diesem bereits eingeschlagenen Weg gelte es weiterzumachen.
Bernjurassische Parteien fordern von Berner Regierung Klartext
Nach dem Nein des Berner Juras zu einem Kantonswechsel braucht es für vier bernjurassische Parteien nun Klartext von der Berner Kantonsregierung. Diese soll die Jurafrage als endgültig gelöst erklären.
Das jedenfalls wollen die vier bernjurassischen Sektionen der bernischen SVP, der FDP, der EDU und der SP laut Patrick Röthlisberger von der bernischen Kantonsregierung in einem Brief fordern. Röthlisberger kündigte ein entsprechendes Schreiben am Sonntagnachmittag in Reconvilier bei einer Abstimmungsfeier der probernischen Kräfte an.
Nach seinem Auftritt auf der Bühne des Restaurants in Reconvilier sagte Röthlisberge, nach den Jura-Plebisziten der 1970-er Jahre hätten die probernischen Kräfte eine solche Äusserung der Regierung vermisst. Das solle nun nicht noch einmal vorkommen.
Röthlisberger - Vizepräsident des Komitees «Notre Jura bernois» und Mitglied der FDP - schloss auch nicht aus, dass die vier Parteien vom Bund per Brief dasselbe fordern wie von der Berner Regierung.
Jurassische Regierung enttäuscht vom Resultat
Die jurassische Regierung hat sich enttäuscht über das Resultat im Berner Jura geäussert. Sie hat einer kommunalen Abstimmung in Moutier bereits ihre Unterstützung zugesagt.
«Es ist uns nicht gelungen, den Berner Jura zu überzeugen. Wir haben den Eindruck, dass er sich zum Schlussentscheid geäussert hat und nicht zum laufenden Prozess», sagte die für die Jurafrage zuständige Regierungsrätin Elisabeth Baume-Schneider am Sonntag vor den Medien.
Die Regierung wolle sich weiterhin für den Prozess engagieren, Moutier im Kanton Jura aufzunehmen. Den hohen Ja-Anteil im Kanton Jura von 76,6 Prozent wertete sie als Beweis für die jurassische Freundschaft und Brüderlichkeit.
Heyer glaubt nicht an Kantonswechsel von Moutier
Die Co-Präsidentin des Komitees, welche im Berner Jura für ein Nein zu einem neuen Kanton Jura warb, glaubt nicht, dass Moutier tatsächlich vom Kanton Bern zum Kanton Jura wechselt. Virginie Heyer interpretiert das Resultat von Moutier als «Schauen-wir-mal-Ja».
Die Gemeindepräsidentin von Perrefitte sagte am Sonntag bei Bekanntwerden der Resultate, sie gehe davon aus, dass die Bevölkerung von Moutier bei einer späteren Abstimmung noch die Meinung ändern werde. Das Ja vom Sonntag sei wohl ein «Oui pour voir» gewesen, also ein Ja, um zu sehen, wie es nun weitergeht.
Dieses «Oui pour voir» war von einem Teil der Befürwortern eines neuen, grösseren Kantons Jura als Argument verwendet worden, um allfälligen Zweiflern ein Ja schmackhaft zu machen. Bevor ein neuer Kanton Jura tatsächlich entstehe, sehe die Übereinkunft der Kantone Bern und Jura ja eine ganze Abstimmungskaskade vor.
Heyer äusserte am Sonntag auch grosse Freude über das Nein des Berner Juras. Sie sei positiv überrascht von der Deutlichkeit der meisten Gemeinderesultate. Diese zeigten, dass die Bevölkerung des Berner Juras wirklich zum Kanton Bern gehören wolle, so Heyer am Sonntagabend in Reconvilier BE.
Für Heyer ist die Jurafrage nun geregelt. Die Separatisten müssten das akzeptieren. Wenn die Stadt Moutier wider Erwarten doch den Kanton wechseln sollte, wäre das für Heyer zwar ein Verlust. Doch bliebe der Berner Jura dennoch der Berner Jura.
Für «Sangliers» ist Jurafrage definitiv geregelt
Für die berntreue Groupe Sanglier ist die Jurafrage mit der Abstimmung im Berner Jura definitiv geregelt. Der Sprecher der Gruppe, Michael Schlappach, zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ausgang der Abstimmung. Nach dem klaren Ausgang der Abstimmung hoffe er nun, dass sich der Berner Jura anderem zuwenden könne.
Schlappach zeigte sich erstaunt über die knappe Zustimmung in der Stadt Moutier. Die Haltung der ländlichen Gemeinden sei aber klar und das müssten die Behörden von Moutier im Hinblick auf eine Gemeindeabstimmung berücksichtigen. Denn eine Aufsplittung des Berner Juras wäre in seinen Augen eine Katastrophe.
Er hoffe nun, dass die Berner Regierung Massnahmen treffe, damit der Entscheid vom Sonntag respektiert werde. Die hohe Stimmbeteiligung von mehr als 72 Prozent sei für die Haltung der Bevölkerung in der Region repräsentativ. Dieses Resultat dürfe auf keinen Fall mehr in Frage gestellt werden. Schlappach äusserte aber die Hoffnung, dass der interjurassische Dialog nicht abreissen wird. Die Brücken zum Kanton Jura dürften nicht abgerissen werden.
Béliers enttäuscht über klares Nein des Berner Juras
Die separatistische Gruppe «Bélier» hat sich enttäuscht über das klare Nein im Berner Jura geäussert. Die Abstimmungskampagne sei konstruktiv und nicht von Hass geprägt gewesen, bemerkte Clément Piquerez am Sonntag.
«Wir haben uns ein besseres Resultat erhofft als jenes der Plebiszite der 70-er Jahre», sagte er. Das Resultat sei aber sogar noch schlechter ausgefallen. Die Gegner hätten auf die Karte Desinformation gesetzt und glauben gemacht, dass es bereits darum gehe, über einen neuen Kanton abzustimmen.
Auch die 55 Prozent Ja-Stimmen von Moutier seien eine leise Enttäuschung für die Gruppe. Die Gemeinden, die eine Abstimmung für den Beitritt zum Kanton Jura durchführen wollen, sollen aber in ihren Bemühungen unterstützt werden.
Bundesrätin Sommaruga will Dialog weiterhin eng begleiten
Bundesrätin Simonetta Sommaruga will den Dialog zwischen der bernischen und jurassischen Regierung im Rahmen der Tripartiten Konferenz weiterhin eng begleiten. Sie äusserte sich erfreut über die Qualität und Würde, welche die Debatte im Vorfeld der Abstimmung trotz einiger schwieriger Momente gehabt habe.
«Und es freut mich ganz besonders, dass es im Gegensatz zu der Abstimmung in den siebziger Jahren zu keinerlei Gewalttätigkeiten gekommen ist», wird Sommaruga in einer Mitteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) zitiert. Dass dieser demokratische Prozess zustande gekommen sei, sei nicht zuletzt der Arbeit der Interjurassischen Versammlung zu verdanken, die 1994 eingesetzt worden sei. Sie und die beiden Kantonsregierungen hätten dafür gesorgt, dass die Jura-Frage im Jura selbst habe beantwortet werden können, so wie es von Beginn weg Ziel des Bundesrates gewesen sei.
Mit dem Stimmentscheid sei das Projekt zur Erschaffung eines neuen Kantons definitiv verworfen. Das Resultat der Abstimmung zeige, dass die Bevölkerung des Berner Juras keine weiterführenden Überlegungen zur Erschaffung eines neuen Kantons anstellen wolle, der den Kanton Jura mit dem bernischen Jura vereinigt hätte.
Der Prozess zur Lösung der Jura-Frage ende aber nicht mit der Abstimmung vom Sonntag. Innerhalb einer Frist von zwei Jahren könnten die einzelnen Gemeinden des Berner Juras beantragen, dass sie auf Gemeindeebene darüber entscheiden könnten, ob sie dem Kanton Jura beitreten möchten.
Bieler Stadtpräsident erfreut über Entscheid des Berner Juras
Der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr hat sich erfreut gezeigt über den Entscheid des Berner Juras, beim Kanton Bern zu bleiben. Damit werde der Anteil der frankophonen Bevölkerung des Kantons nicht abnehmen, was für die französischsprachigen Menschen in Biel eine gute Nachricht sei.
Der Entscheid erlaube es auch, die historischen, sozialen und kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen der Stadt Biel und dem Berner Jura weiter zu pflegen und zu entwickeln. Im Interesse der französischsprachigen Bevölkerung im Kanton Bern gebe es zahlreiche Chancen, die nun genutzt werden sollten.
Die Tatsache, dass Biel im Vorfeld der Abstimmung neutral geblieben sei, erlaube es nun, auf solider Basis mit der gesamten bernjurassischen Bevölkerung zusammen zu arbeiten.
Die zweisprachige Stadt Biel hat sich in der Jurafrage stets neutral verhalten. Insbesondere die rund 40 Prozent franösischsprachigen Bielerinnen und Bieler pflegen vielfältige Beziehungen mit dem Berner Jura. Nicht zuletzt verbindet die beiden Regionen auch die Wirtschaft, vor allem die Uhrenindustrie.
Interjurassische Versammlung zufrieden mit hoher Beteiligung
Die Interjurassische Versammlung hat mit Befriedigung Kenntnis genommen von der hohen Stimmbeteiligung bei der Jura-Abstimmung. Der Prozess werde nun gemäss den Erklärungen der beiden Kantonsregierungen fortgeführt, heisst es in einer Mitteilung vom Sonntag.
Eine derart hohe Stimmbeteiligung verstärke die politische Qualität des Prozesses. Unter diesem Aspekt sei das Ziel erreicht worden. Die hohe Stimmbeteiligung stelle eine demokratische Lektion dar und sei ein Sieg für die Region Jura. Das Abstimmungsresultat sei klar, aber der Prozess werde nun mit der Möglichkeit von kommunalen Abstimmungen weitergeführt.
Der Präsident der Interjurassischen Versammlung, Dick Mart,y äusserte sich auch zur Möglichkeit der bernjurassischen Gemeinden, auf Wunsch innert zweier Jahre eine Abstimmung über einen Kantonswechsel zum Jura zu beantragen. Er gehe davon aus, dass sich diese Frage vor allem für Moutier stelle, sagte Marty.
Sollte die Stadt einen solchen Kantonswechsel wünschen, dann hält es Marty nicht für ausgeschlossen, dass sich sich auch weitere Gemeinden in der Umgebung einen solchen Schritt überlegen könnten.
Die Kantone Bern und Jura müssten sich dieser Dynamik bewusst sein, führte Marty aus. Komme es zu solchen Gemeindeabstimmungen - und nur dann - werde die Interjurassische Versammlung ihre Mission weiterführen, sagte deren Präsident. In einem solchen Fall würde die Interjurassische Versammlung alles unternehmen, damit die Debatte demokratisch geführt werde. Marty zeigte sich aber «ziemlich zuversichtlich», dass die gesamte Region beisammen bleibe. Schliesslich habe sie eine «grosse demokratische Reife» erlangt.
SDA/tag
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