Randsportart für immer
Die laufende 6. Weltmeisterschaft der Frauen wird als Durchbruch des Frauenfussballs hochgejubelt. Doch Hand aufs Herz: Kennen Sie drei Schweizer Nationalspielerinnen? Eben.

Von Mämä Sykora (publiziert am Fri, 01 Jul 2011 14:26:03 +0000)
In Deutschland läuft seit einer Woche die 6. Weltmeisterschaft der Frauen. Der Hype im Gastgeberland ist riesig, mit grossen Anstrengungen versucht man, das «Sommermärchen» von 2006 zu wiederholen. Die Stadien sind gut gefüllt, die «Bundeselfen» starteten mit zwei Siegen und nicht wenige hoffen darauf, dass das Turnier ein grosser Schritt zum endgültigen Durchbruch des Frauenfussballs sein wird.
Fest steht: Frauenfussball ist immer mehr verbreitet. Nahmen an der Qualifikation für die erste WM 1991 noch 45 Nationen teil, waren es dieses Mal schon über doppelt so viele. In jedem Verband stieg die Anzahl der Aktiven explosionsartig, die Strukturen wurden allerorts verbessert. Und dennoch ist man weit davon entfernt, sich nicht mehr zu den Randsportarten zählen zu müssen.
Ein Grund dafür, warum sich dies hierzulande auch nicht so bald ändern wird, ist das «Unihockey-Phänomen», wie ich es nennen würde. Unihockey ist die Sportart mit den drittmeisten Lizenzierten, dennoch ist das öffentliche Interesse äusserst gering. Wie der Frauenfussball hat das Unihockey Mühe, sich in der Sportberichterstattung gegen die etablierten Sportarten einen Platz zu erkämpfen. Und die Parallelen gehen noch weiter: Die allermeisten Unihockeyaner lieben zwar ihren Sport, interessieren sich aber kaum für das Geschehen in den Spitzenvereinen. Nach dem Spiel wird am Stammtisch über Fussball und Eishockey geredet, von den landesweit Besten ihres Sports kennen die wenigsten mehr als eine Handvoll.
Gleich verhält es sich beim Frauenfussball. Hand aufs Herz: Wer kennt mehr als drei Schweizer Nationalspielerinnen? Selbst aktive Kickerinnen haben Mühe, diese aufzuzählen. Auch wenn sich die Qualität des Schweizer Frauenfussballs seit dem ersten Länderspiel von 1970 extrem verbessert hat, schauen die meisten noch immer viel lieber den Männern zu. Das entscheidende WM-Playoff-Spiel gegen England lockte im September gerade mal 1800 Zuschauer ins Stadion. Und als Vorbilder geben die Teilnehmer der laufenden WM fast ausschliesslich männliche Stars an.
Dass es in Deutschland gelingt, dennoch die Euphorie zu schüren, muss nicht erstaunen. Die Hoffnung auf einen Titel ist mehr als berechtigt, und einen Erfolg gemeinsam zu erleben, scheint bei unseren Nachbarn ein grosses Bedürfnis zu sein. Während Martin Schmitts kurz währender Siegesserie im Skispringen lockte selbst diese ewige Randsportart Menschenmengen an. Mit einem Imagewandel versucht der Frauenfussball nun, langfristig ein Thema zu bleiben. Neu soll Frauenfussball auch sexy sein. Birgit Prinz als Barbie, busenbetonte Shirts und erotische Fotos im «Playboy». Wenn auch dieser Versuch fehlschlägt, besteht die Gefahr, dass sich Sponsoren wieder anderem zuwenden und die Entwicklung ins Stocken gerät.
Eine Frauen-WM mag als Event in einer Hochburg funktionieren, auf nachhaltig gesteigertes Interesse zu hoffen ist indes optimistisch. Für die meisten Fussballfans ist die Flut an Spielen der Männer in Meisterschaft, Cup, Europacup, EM, WM und Nachwuchsturnieren jetzt schon kaum zu bewältigen, da bleibt kein Platz für noch mehr Fussball. Und wenn nicht einmal die Geschlechtsgenossinnen hinschauen, dann muss man vermuten, dass Frauenfussball für immer eine Randsportart bleiben wird.
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