Rätsel um Brand in der Reitschule
Die zwei Männer, die im September 2015 in der Reitschule Feuer gelegt haben sollen, stehen seit Mittwoch vor Gericht. Nur: Ob die beiden das Feuer wirklich selbst gelegt haben, ist völlig unklar.

Wie immer, wenn der Tatort Reitschule heisst, schlug auch dieser Fall Wellen weit über Bern hinaus: Im September 2015 wurde auf einer Dachterrasse der Reitschule Feuer gelegt. Rasch machten Spekulationen über mögliche Täter die Runde.
Die Mediengruppe der Reitschule vermutete sogar eine Verbindung zu der von der Jungen SVP eingereichten Reitschule-Initiative. In dem Initiativplakat, auf dem das Gebäude umgeben von Flammen zu sehen war, sahen die Reitschüler einen Aufruf zur Gewalt.

Später vermeldete die Polizei, nach «umfangreichen Ermittlungen» zwei mutmassliche Täter verhaftet zu haben. Sie mussten sich am Mittwoch nun vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland wegen Brandstiftung und Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten.
Den beiden heute 25-Jährigen wird vorgeworfen, in der Tatnacht gemeinsam mit einem unbekannten Dritten an einer Tankstelle in der Länggasse Diesel in kleine Flaschen abgefüllt zu haben. Das belegen Aufnahmen der Überwachungskamera. Später hätten sie den Diesel auf der Dachterrasse vor der Tür einer Wohnung über einen mit Feuerholz gefüllten Jutesack gegossen, angezündet und seien danach über das Dach geflüchtet.
Schwer wiegt ausserdem die Aussage von Zeugen, welche von den Beschuldigten um Hilfe beim Dieselabfüllen gebeten wurden: Auf die Frage nach dem Grund für den Diesel in den Flaschen hätten die beiden erwidert, die Welt revolutionieren und die Reitschule anzünden zu wollen.
Im Auftrag Dritter gehandelt?
Das stimme, sagen die Beschuldigten – aber nur der Teil mit dem Dieselabfüllen. Und selbst daran kann sich der erste Angeklagte nach eigener Aussage nur erinnern, weil er die Kamerabilder gesehen hat. Für die nächtliche Gedächtnislücke macht er einen Filmriss aufgrund seines Alkohol- und Drogenkonsums geltend.
Der zweite Angeklagte schilderte vor Gericht jedoch eine völlig andere Version der Geschehnisse: Er und sein Kollege hätten den Diesel für eine Gruppe schwarz gekleideter Unbekannter abgefüllt, welche sie vor der Reitschule mehrfach dazu aufgefordert hätten.
Ob ihm das denn nicht verdächtig vorgekommen sei, wollte Gerichtspräsident Martin Müller vom Angeklagten wissen. Die ernüchternde Antwort: nicht wirklich. «Ich habe aus Goodwill gehandelt und wollte nur helfen.» Ausserdem hätten alle ausser ihm und der Kollege abgewinkt, so der Angeklagte.
Die von den Zeugen erwähnte Ankündigung der Brandstiftung habe er wohl im Alkoholrausch einfach den Unbekannten nachgeplappert, sagte der Angeklagte – und gab die Frage gleich an Gerichtspräsident Müller zurück: «Würden sie das noch herausposaunen, wenn sie so etwas vorhätten?» Dummes Palaver also, mehr nicht.
Hohe Strafen gefordert
Das sah die Staatsanwältin anders. Die Videobilder, die Ankündigung der Tat und dann die Tatsache, dass eine am Tatort gefundene PET-Flasche genauso aussehe wie eine der an der Tankstelle befüllten – all das spreche eine klare Sprache.
Sie attestierte den Angeklagten zudem, mit erheblicher krimineller Energie rücksichtslos und vorsätzlich gehandelt zu haben. Deshalb und wegen diverser Vorstrafen forderte sie für die Brandstiftung teilbedingte Gefängnisstrafen von 30 respektive 29 Monaten.
Nur: So sicher dürfte sich die Staatsanwältin ihrer Sache doch nicht sein. Zusätzlich zum Hauptantrag hat sie nämlich noch einen Eventualantrag gestellt für den Fall, dass das Gericht die Haupttäterschaft der Beschuldigten nicht als erwiesen ansieht.
In diesem Fall fordert sie eine Verurteilung wegen Mittäterschaft. Dieser Tatbestand sei erfüllt, weil die Beschuldigten willentlich und wissentlich gehandelt hätten, argumentierte die Staatsanwältin.
Verteidiger wollen Freispruch
Davon wollte die Verteidigung nichts wissen. «Wir haben das Video, wir haben das Feuer – und dazwischen gar nichts. Wo ist die Verbindung?», fragten Verteidigerin und Verteidiger unisono. Eine solche sei reine Spekulation, auch Spuren oder Zeugen, welche ihre Mandanten identifiziert hätten, gebe es schliesslich keine.
Sie fordern daher für ihre Mandanten einen Freispruch. Für den Fall aber, dass das Gericht eine Gehilfenschaft als erwiesen ansehe, erachten sie eine bedingte Freiheitsstrafe von 8 Monaten als akzeptabel. Das Urteil wird am Freitag verkündet.
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