Polizisten als Döner-Verkäufer und Ferien-Fotos im Internet
Rund um die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle wurden neue Einzelheiten bekannt. Die deutsche Polizei soll während der Ermittlungen zu den Neonazi-Morden ein eigenes Dönerlokal betrieben haben.
Die Enttarnung des rechtsextremen Zwickauer Terrortrios in Deutschland schlug im letzten Jahr hohe Wellen. Die Medien nannten die Taten der Rechtsextremen Döner-Morde und kreierten so auch gleich das Unwort des Jahres 2011. Nun ist in dem Fall ein neues pikantes Detail publik geworden. Demnach hat die Polizei monatelang ein eigenes Dönerlokal in Nürnberg betrieben, um die Täter anzulocken, wie verschiedene deutsche Zeitungen berichten. Dies stellte sich bei einer Sitzung des Untersuchungsausschusses des Bundestags am Donnerstag heraus. Der Ausschuss hat die Aufgabe, das Behördenversagen rund um die Mordserie der drei Rechtsextremen aufzuarbeiten.
Das Ziel der Polizei sei es gewesen, Zahlungsschwierigkeiten der Dönerbude vorzutäuschen, um so Erkenntnisse zu gewinnen, wie die Zulieferer reagierten. Ein Verbindungsmann habe das Imbiss-Geschäft geführt. Die Polizei vermutete, dass hinter den Morden ein Inkasso-Büro stehen könnte.
«Hätten Sie Scharfschützen postiert?»
Die Enthüllung führte bei den im Untersuchungsausschuss vertretenen Parlamentariern zu grossem Unmut. Der Ausschuss-Vorsitzende Sebastian Edathy (SPD), der als einziges Mitglied schon am Vorabend der Sitzung von der Dönerbude wusste, hatte das Thema angesprochen. Fassungslos fragte er den ehemaligen Leitenden Oberstaatsanwalt, was die Polizei denn gemacht hätte, falls tatsächlich ein Mörder aufgetaucht wäre: «Hätten Sie ringsherum 30 Scharfschützen postiert?»
Nun hat der Ausschuss die genauen Akten zur ominösen Dönerbude angefordert. Auch über weitere Fragen fordern die Mitglieder Klarheit. So soll eine als Journalistin getarnte Polizeibeamtin zu Angehörigen der Opfer geschickt worden sein, um diese auszuhorchen. Der leitende Staatsanwalt gab an, sich nicht an einen solchen Auftrag erinnern zu können.
Einseitige Ermittlungen
An der Sitzung des Untersuchungsausschusses nahm neben Angehörigen der Opfer und einer türkischen Delegation auch die Opferanwältin Barbara John teil. John kritisiert die Arbeit der Polizei. Sie bemängelt vor allem die einseitigen Ermittlungen. «So hat sich die Polizei das wohl vorgestellt: Wenn der Döner-Mann nicht zahlt, kommt der türkische Lieferant und knallt ihn ab.»
Auch der Vorsitzende Sebastian Edathy ist mit der Arbeit der Polizei unzufrieden. So seien die Beamten Spuren im Bereich der organisierten Kriminalität mit einem «ungleich höheren Aufwand» nachgegangen. Ein rechtsextremes Tatmotiv sei praktisch ausgeschlossen worden.
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