Polizei spürt Kleiderfabrik-Besitzer auf
«Wir haben ihn»: Die Polizei hat den Eigentümer der abgebrannten Textilfabrik in Bangladesh ausfindig gemacht und befragt ihn zurzeit. Ihm wird vorgeworfen, Bauvorschriften nicht eingehalten zu haben.
Drei Tage nach dem verheerenden Brand in einer Textilfabrik in Bangladesh hat die Polizei den Besitzer des Werks verhört. «Wir haben ihn gefunden, unsere Ermittler befragen ihn», sagte der Polizeichef der Hauptstadt Dhaka, Habibur Rahman.
Den zweiten Tag in Folge gab es in Dhaka Proteste gegen die Arbeitsbedingungen im Textilsektor, während knapp die Hälfte der 110 Opfer vom Samstag in einem Massengrab beigesetzt wurden.
Kleidung für C&A und Walmart
Rahman sagte der Nachrichtenagentur AFP, im Zusammenhang mit dem Feuer habe es noch keine Festnahmen gegeben. Zuvor hatte er gesagt, der Besitzer sei auf der Flucht. Er sollte demnach unter anderem zu den Vorwürfen befragt werden, wonach Bauvorschriften in der neunstöckigen Fabrik der Firma Tazreen Fashion nicht eingehalten wurden. Auch gebe es Berichte, wonach Manager trotz des Feuers den Arbeitern verboten hätten, das Gebäude zu verlassen. So sei den Arbeitern gesagt worden, es handele sich um eine Brandschutzübung.
Mehr als tausend Arbeiter waren während der Nachtschicht in der Fabrik nahe Dhaka von den Flammen eingeschlossen gewesen. Die Firma produzierte Kleidung für westliche Firmen, darunter C&A. Auch Produkte für Walmart wurden dort gefertigt, wie der US-Handelskonzern einräumte. Ein Lieferant habe «ohne Genehmigung» Arbeiten an Tazreen Fashion weitergegeben. Da dies ein Regelverstoss sei, habe Walmart die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten aufgekündigt.
Feuerschutz nicht umgesetzt
In dem ausgebrannten Werk wurde offenbar auch Kleidung für den US-Rapper Sean Combs alias Diddy gefertigt. Sie hätten in der Ruine Kleidung von Combs' Modelabel ENYCE gefunden, teilten Arbeitsrechtsaktivisten in Dhaka mit. Zudem seien Kleidungsstücke der Walmart-Marke Faded Glory, des deutschen Textildiscounters KiK sowie von anderen Firmen gefunden worden.
KiK-Chef Michael Arretz sagte der Zeitung «Die Welt», die Notwendigkeit des Feuerschutzes sei «einfach noch nicht in allen Köpfen in den Produktionsländern angekommen». KiK hatte in der Fabrik in Bangladesh bis August nähen lassen. Die Firma liess auch in einem Werk im pakistanischen Karachi Jeans fertigen, in der bei einem Brand im September mindestens 289 Arbeiter starben. Der schwedische Möbelriese Ikea sowie der französische Handelskonzern Carrefour erklärten am Dienstag, sie arbeiteten nicht mit der Tuba-Gruppe zusammen, zu der die Tazreen-Fabrik gehört.
Nationaler Trauertag
In Dhaka protestierten den zweiten Tag in Folge Textilarbeiter gegen die schlechten Zustände in den Fabriken. Etwa tausend Menschen beteiligten sich nach Angaben von Augenzeugen an der Demonstration, die wie am Vortag durch das Industriegebiet Ashulia führte.
Das Land gedachte der Toten am Dienstag mit einem nationalen Trauertag. Die Flaggen wurden auf Behördengebäuden und den 4500 Textilfabriken des Landes auf Halbmast gesetzt, daneben hingen als Zeichen der Trauer schwarze Flaggen.
Die ersten 52 Opfer der Brandkatastrophe wurden in einem Massengrab beigesetzt. Ihre Körper waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Der zwölfjährige Leon Miah weinte, als die Leichen von einem weissen Tuch bedeckt wurden. Er hielt Fotos seiner vermissten Eltern und seines älteren Bruders in der Hand, die in der Brandnacht in der Fabrik gearbeitet hatten. «Ich habe sie in jedem Krankenhaus gesucht», sagte er. «Ich habe auch jede dieser Leichen mehrere Male überprüft.
sda/AFP/mw/wid
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