Pistorius schneidert Aussagen zurecht
Am dritten Tag seines Verhörs verwickelt sich der südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius erstmals in Widersprüche. Seine unterschiedlichen Aussagen begründet er mit Müdigkeit.
Im Mordprozess gegen Südafrikas Sprintstar Oscar Pistorius hat Staatsanwalt Gerrie Nel dem Angeklagten vorgeworfen, seine Aussagen zu seinen eigenen Gunsten masszuschneidern. Wiederholt beschuldigte Nel den 27-Jährigen am Freitag, Erinnerungslücken vorzutäuschen, um Lügen zu überspielen oder seine Aussage zu ändern. «Ihre Version ist derart unwahrscheinlich, dass niemand jemals glauben könnte, sie würde möglicherweise wenigstens halbwegs stimmen», herrschte Nel den Angeklagten im Kreuzverhör an.
Dieser antwortete schliesslich, um Fassung ringend: «Ich suche nicht nach Ausflüchten – wenn ich mich nicht erinnern kann, dann erinnere ich mich nicht.» Er habe in der Tatnacht «den Menschen verloren, der mir am wichtigsten war, ich weiss nicht, warum Menschen das nicht verstehen können», führte Pistorius unter Tränen weiter aus. Zuvor hatte er zugegeben, unterschiedliche Angaben über das Ausschalten der Alarmanlage gemacht zu haben. «Ich habe mich vertan», sagte er und entschuldigte das mit seiner Müdigkeit.
Übertriebene Ängste
Wie schon in den beiden Tagen davor ging der Staatsanwalt hart mit Pistorius ins Gericht. Er warf ihm unter anderem vor, seine Angst vor Einbrechern zu übertreiben: So habe er es vermutlich versäumt, in der Nacht, in der er seine Freundin Reeva Steenkamp erschoss, die Alarmanlage anzuschalten. Zudem sei keines der Fenster im Haus gesichert gewesen, ein zerbrochenes Fenster habe Pistorius nicht sofort austauschen lassen.
Punkt für Punkt ging Nel die Aussagen des 27-Jährigen zur Tatnacht durch. Als er Pistorius mit Fotos vom Schlafzimmer konfrontierte, die dessen Darstellung zum Ablauf widersprachen, warf der Angeklagte der Polizei vor, den Tatort verändert zu haben: Ventilatoren seien verrückt, die Bettdecke auf den Boden geworfen und die Vorhänge geöffnet worden.
«Sie lügen»
Der Staatsanwalt erwiderte ungläubig: «Warum soll die Polizei das getan haben? Sie lügen.» Allerdings war im Lauf des Prozesses bekannt geworden, dass während der Ermittlungen der Polizei eine wertvolle Uhr aus dem Besitz des Sprintstars spurlos vom Tatort verschwunden war.
Vor Beginn seines Kreuzverhörs stellte Nel einen früheren Vorwurf gegen Pistorius richtig. Steenkamps Mutter habe mitgeteilt, dass der 27-Jährige tatsächlich wie von ihm behauptet nach dem Tod seiner Freundin um ein Treffen mit der Familie gebeten habe, sagte er. Dies habe der Anwalt von June Steenkamp inzwischen bestätigt: «Aber die Familie war dazu noch nicht in der Lage». Nel hatte dem Sprintstar vorgeworfen, sich bei der Familie nie entschuldigt, sondern damit bis zum Prozess gewartet zu haben, um dann vor Gericht eine dramatische Schau abzuziehen.
Pistorius hatte seine Freundin in seinem Haus in Pretoria in der Nacht zum Valentinstag 2013 durch die Toilettentür erschossen. Der an den Unterschenkeln amputierte Sportler beteuert, er habe sie für einen Einbrecher gehalten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm dagegen vor, seine Freundin nach einem Streit gezielt getötet zu haben.
AFP/alp
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