Peter Bichsel eröffnet das Festival
Mit dem Schweizer Schriftsteller Peter Bichsel holen Tabea Steiner und Stephan Probst einen der Grossen nach Thun. Warum es ihnen auch beim 5.Thuner Literaturfestival nicht nur um klangvolle Namen geht, verraten sie im Interview.
Tabea Steiner, am 5.März beginnt das 5.Thuner Literaturfestival. Hand aufs Herz, haben Sie daran geglaubt, als Sie das erste Festival organisierten? Tabea Steiner: Ich weiss gar nicht, ob ich das damals schon so bewusst geplant habe. Woran ich mich aber erinnere, ist die Frage: Soll das Thuner Literaturfestival jährlich oder nur alle zwei Jahre stattfinden? Sie haben sich für den jährlichen Turnus entschieden. Warum? Steiner: Angefangen hatte das Ganze mit der LiterAare-Reihe: Jeden ersten Mittwoch des Monats eine Lesung. Als ich die Idee zum Festival entwickelt habe, entschied ich mich für eine dreitägige Veranstaltung, die jährlich stattfinden soll. Im Gegenzug habe ich die monatlichen Lesungen auf drei bis fünf pro Jahr reduziert. Mangelt es Ihnen an geeigneten Autoren? Steiner: Nein, denn die Anzahl der Schriftsteller blieb sich ja immer gleich. Den Ausschlag gab das Publikum: Ich habe gemerkt, dass zwölf regelmässige Lesungen für Thun zu viel waren. Wenn beispielsweise Peter Stamm zu Gast war, kamen die Besucher in Scharen. Bei unbekannteren Namen oder Newcomern hingegen lediglich eine Handvoll. Und ein dreitägiges Festival ist für Thun nicht zu viel? Steiner: Es war nie Thema, das Literaturfestival in eine andere Stadt abzuziehen. Was macht den Reiz des Thuner Literaturfestivals aus? Steiner: Im Vordergrund steht, dass unser Programm stimmt. Unsere vierköpfige Programmkommission bringt ganz unterschiedliche Vorlieben mit. Das erweitert den Radius gewaltig. Das diesjährige Programm hätte ich alleine gar nicht zusammenstellen können. Jeder von uns vieren steht hinter dem, was wir anbieten. Stephan Probst: Wir sind ein junges Team von Literaturstudenten. Uns geht es nicht darum, mit diesem Anlass Geld zu verdienen; im Gegenteil, wir arbeiten ehrenamtlich. Die Rechnung muss am Ende aufgehen, das schon. Klar wissen wir auch, dass ein Peter Bichsel am Eröffnungsabend zieht. Aber wir sind frei genug, dass wir keine Kompromisse eingehen müssen und Autoren einladen können, von denen wir überzeugt sind. Mit Peter Bichsel kommt einer der ganz Grossen nach Thun. Was haben Sie ihm versprochen, um ihn hierher zu locken? Steiner: Nichts; er hat sich sehr gefreut, eingeladen zu werden. Natürlich sind wir auf klangvolle Namen angewiesen. Aber solche Auftritte und Lesungen gehören zu seinem Job. Als Literaturveranstalter ist es anspruchsvoller, ein ausgewogenes Programm zusammenzustellen, als die bekannten Schriftsteller ans Thuner Literaturfestival zu holen. Probst: Peter Bichsel wird bald 75 Jahre alt und hat deshalb jede Menge Termine. Da muss es schön für ihn sein, durch unsere Einladung zu wissen, dass seine Bücher auch jungen Menschen etwas bedeuten. Was muss ein Schriftsteller heute mitbringen, um in den Olymp der nationalen und internationalen Garde aufzusteigen? Steiner: Nicht schon mit 17 Jahren ein Buch schreiben wie Helene Hegemann. Das hat zwar einen riesigen Hype ausgelöst, aber ich lese dereinst lieber erst das zweite Buch. Probst: Ist das nicht eine grauenvolle Vorstellung, dass man nur dann schreiben kann, wenn man eine schreckliche Kindheit hatte? Nein, was es braucht sind eine eigene Sprache und das Bedürfnis, eine Geschichte zu erzählen; und auch eine gewisse Dringlichkeit des Stoffes. Als Leser schätze ich beispielsweise jene Autoren, bei denen ich von Buch zu Buch eine Entwicklung in ihrer Sprache feststellen kann, den Mut, einmal etwas Neues auszuprobieren. Das spricht nicht für die Bestsellerautoren. Probst: Reisserische Themen sprechen halt die Medien sofort an. Darüber gehen ruhige Töne oft vergessen. Aber wenn die Qualität stimmt, finden die ihre Verkaufskanäle ebenso, wenn auch nicht in Grossauflagen. Steiner: Ein Bestseller steht nicht per se für Qualität. Eine Charlotte Roche mit ihren «Feuchtgebieten» könnte ich mir an unserem Literaturfestival beispielsweise nicht vorstellen. Da fehlt der literarische Mehrwert, den wir ja auch mit dem Namen unseres Festivals verkaufen. Wer von den diesjährigen Geladenen verkörpert denn Ihr Ideal eines grossen Schriftstellers am besten? Steiner: Alle natürlich! Besonders aber die Lyrikerin Ulrike Almut Sandig. Lyrik hat gerade bei Lesungen einen schweren Stand. Aber Sandig liest so umwerfend – das ist ein Erlebnis. Sie hat ihren ganz eigenen Stil und sehr gehaltvolle Texte. Probst: Ich freue mich auch auf die Gruppe Pasta del Amore – mein Geheimtipp. Da ist viel Witz und Geist dabei. Das Kleinkunstduo garantiert einen unterhaltsamen Samstagabend. HeinerikaEggermann Dummermuth •www.literaare.ch >
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