AprilscherzAndi Hug bleibt Patent Ochsner treu
April, April! Die Meldung, Andi Hug werde beim Berner Konzert für die Rolling Stones trommeln, war frei erfunden.

Liebe Leserin, lieber Leser, sind Sie reingefallen? Heute Morgen veröffentlichten wir den Artikel «Patent-Ochsner-Drummer tritt mit den Stones auf». Doch die Meldung war frei erfunden. Auch in Bern wird Steve Jordan für die Rolling Stones hinter dem Schlagzeug Platz nehmen – ein Musiker übrigens, den Andi Hug verehrt, wie er uns verriet, als er bereitwillig für das Foto im Wankdorf posierte.
Ebenso unwahr ist die Notiz, dass die Aare am Konzerttag gesperrt werden müsse, weil die Herren Stones ein Bad nehmen wollten.
Es ist ein veritabler Paukenschlag: Am 17. Juni machen die Rolling Stones im Wankdorfstadion halt – und an diesem Abend werden sie an den Drums von einem Berner Musiker begleitet. Für die anstehende Europa-Tour ist eigentlich der 57-jährige Steve Jordan am Schlagzeug gesetzt. Jordan ist der designierte Nachfolger von Charlie Watts, der am 24. August des vergangenen Jahres 80-jährig gestorben ist und fast sechs Jahrzehnte das rhythmische Gewissen der grössten Rock-’n’-Roll-Band der Welt war. Jordan soll auch in Zukunft für die Stones trommeln. In Bern jedoch heisst der Drummer – Trommelwirbel! – Andi Hug.
Er selber hat immer noch etwas Mühe, das Ganze nicht als Traum zu begreifen: «Als ich vor einigen Wochen die Anfrage des Stones-Managements erhielt, dachte ich zuerst an einen verfrühten und erst noch ziemlich schlechten Aprilscherz», sagt der 61-jährige Berner, der seit 20 Jahren bei Patent Ochsner mitwirkt und zuletzt neben Büne Huber massgeblich daran beteiligt war, die altbekannten Ochsner-Songs für die MTV-Unplugged-Session musikalisch neu einzukleiden.
Ja, er verdächtigte sogar einen Moment lang Frontmann Büne Huber, dass dieser ihm einen Streich spiele. «Aber dafür waren das Englisch der Person am anderen Ende der Leitung und die angebotene Gage zu gut.» Das Stones-Management liess auf Anfrage dieser Zeitung bloss verlauten, die Stones würden an Konzerten immer wieder mit Überraschungsgästen aufwarten – so traten etwa schon Tom Waits oder Bruce Springsteen bei ihnen auf.
Offenbar hat vor allem Mick Jagger einen Narren an Patent Ochsner gefressen. Aber wie stiess der britische Weltstar überhaupt auf die Berner Kultband? Andi Hug kann nur spekulieren: «Mir wurde von jemandem aus dem Umfeld der Band gesagt, dass seine Schwiegertochter da irgendeine Rolle gespielt habe.» Tatsächlich: Die Rolling-Stones-Legende hat eine Schweizer Schwiegertochter. Jaggers Sohn Gabriel hat im vergangenen Jahr die Schweizerin Anouk Winzenried geheiratet. Die studierte Psychologin lernte den Sohn von Jagger während eines Praktikums auf der Karibikinsel Mustique kennen.
Dank MTV Unplugged
Und besagte Anouk Winzenried scheint ein riesiger Patent-Ochsner-Fan zu sein. «Sie hat Jagger ein Exemplar unseres MTV-Unplugged-Albums geschenkt, und Mick fand uns offenbar nicht schlecht», sagt Hug und zuckt grinsend mit den Schultern. Jagger-Schwiegertochter Anouk Winzenried wollte sich auf Anfrage nicht über ihre «Vermittlerrolle» äussern. Dass sie aber ein grosser Patent-Ochsner-Fan ist, bestritt sie nicht: «Für mich sind Songs wie ‹Bälpmoos› und ‹Scharlachrot› ebenbürtig mit ‹Start Me Up› oder ‹Satisfaction›.»

Von seiner Idee, am Berner Konzert mit einem einheimischen Schlagzeuger aufzutreten, musste Mick Jagger allerdings dem Vernehmen nach noch Keith Richards überzeugen: Der Wechsel am Drumkit hat für Richards – bei aller Trauer um Charlie Watts – immerhin einen Vorteil, wie er kürzlich in einem Interview erzählte: «Die Arbeit mit Steve Jordan hat irgendwie neue Energie und Lebensfreude mitgebracht.» Man wolle nun sehen, «was wir in der neuen Besetzung noch auf die Beine stellen können». Offenbar fand Richards auch Gefallen an der Idee, zusätzlich mit einem Berner Schlagzeuger neue Energie und Lebensfreude zu schöpfen.
«Schlagzeugspielen hat nichts mit Körpereinsatz zu tun. Charlie Watts hat bewiesen, dass es da keinen Kraftmeier braucht.»
Ist Andi Hug eigentlich ein Rolling-Stones-Fan? Er zögert: «Ich würde jetzt lügen, wenn ich sagte, dass es über die Jahrzehnte meine absolute Lieblingsband gewesen sei.» Aber zu «Angie» auf der Schlööf im Schoren Langenthal Runden zu drehen, das sei für ihn als Teenager ein absolutes Highlight gewesen. Und Charlie Watts? In einer Band gehe es immer um den Groove, also um das Zusammenspiel der verschiedenen Musiker, sagt Hug. Charlie Watts habe dieses auf unnachahmliche, minimalistische Weise aus dem Hintergrund angeführt. Was Andi Hug bei Watts auch imponiert hat: «Wenn man über die richtige Technik verfügt, dann hat Schlagzeugspielen nichts mit Körpereinsatz zu tun. Watts hat immer wieder bewiesen, dass es da keinen Kraftmeier braucht.»
Streng geheime Proben
Andi Hug darf nicht allzu viel darüber verraten, wie es jetzt weitergeht. Nur das: Anfang Mai wird er nach London fliegen und eine Woche mit den Stones an einem streng geheimen Ort proben. «Natürlich bereite ich mich schon jetzt intensiv vor und schaue mir viele Aufnahmen von Konzerten an», sagt Hug, der als Bub in Herzogenbuchsee in der Dorfmusik bei den Tambouren spielte. Viele Jahre war er auch Schlagzeuger der Berner Bands Ugly Blues Connection und Stop the Shoppers, er schrieb Musik für Theater und Filme und arbeitete unter anderem mit Stiller Has und Tinu Heiniger zusammen. «Andi Hug konnte unsere freefunkigen Ideen kanalisieren und ihnen eine bestimmte Form verleihen», erinnert sich Lukas Machata, ehemaliges Bandmitglied von Ugly Blues Connection.
Ruhig, gelassen und zuverlässig kanalisierte auch Charlie Watts die Ideen der Stones und gab der Band die nötige Struktur. «Er war die Rückversicherung der Band», sagt Andi Hug, «und das bin ich, gewissermassen, bei Patent Ochsner auch.» Von Büne Huber und den anderen Bandmitgliedern musste er sich in den vergangenen Tagen den einen oder anderen Spruch anhören. Büne habe kürzlich leicht neidisch gemeint, wenn der Gig mit den Stones nicht einmalig bleiben sollte, müsste er sich für eine Band entscheiden: «Sein Argument: ‹Du kannst nicht gleichzeitig bei den Beatles und bei den Rolling Stones mitspielen.›»
Fehler gefunden?Jetzt melden.