«Ihre Hände waren überall»
Beschimpft, begrapscht, bestohlen: Opfer berichten, wie sie von Männergruppen während der Silvesternacht belästigt wurden. Gemäss Justizminister Maas könnten Täter ausgewiesen werden.
90 Anzeigen in Köln, zehn in Hamburg: Die organisierten sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht schockieren Deutschland. Aussagen von Opfern zeigen, wie die Täter vorgingen. Katja L. war in Köln zusammen mit zwei Freundinnen und einem Mann nach Mitternacht im Bahnhof unterwegs. Sie seien an einer Gruppe junger ausländischer Männer vorbeigegangen.
«Plötzlich spürte ich eine Hand an meinem Po, dann an meinen Brüsten, schliesslich wurde ich überall begrapscht. Es war der Horror. Obwohl wir schrien und um uns schlugen, hörten die Typen nicht auf», sagt die 28-Jährige zur Zeitung «Express». Sie sei auf 200 Metern rund 100 Mal angefasst worden, sagt sie.
Frauen eingekreist
Die Frauen seien als «Schlampen» beschimpft worden. Katja L. und ihre Freunde hätten daraufhin Polizisten angesprochen, die sich dann sofort zu den Männern aufmachten. «Wir konnten aber gar nicht sagen, welcher Mann uns nun genau an welcher Stelle des Körpers angefasst hat», so die junge Frau.
Ähnliches berichtet auch die 23-jährige Maria. An einer Kölner U-Bahnstation seien sie und ihre Freundin von Männern angerempelt worden. Danach hätten diese die beiden Frauen eingekreist. «Die waren mit ihren Händen überall. Ich hatte Finger an allen Körperöffnungen. Als ich um Hilfe geschrien habe, haben sie gelacht», sagte sie der Zeitung «Bild». Die Männer hätten versucht, ihr das Handy zu stehlen.
Mit Böllern Polizisten attackiert
Nach Polizeiangaben waren alle verfügbaren Einsatzkräfte an Silvester in Köln vor Ort. Von den Diebstählen und den sexuellen Übergriffen hätten sie aber zunächst nichts mitbekommen. Erst als nach Mitternacht die ersten Meldungen eingingen, hätten die Behörden vom «massiven Vorgehen» Kenntnis erlangt, sagt Arnold Plickert, NRW-Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, der Nachrichtenagentur dpa.
Ein Polizist, der beim Kölner Bahnhof im Einsatz war, berichtet, wie Frauen ihnen «weinend und geschockt» von den Übergriffen erzählten. Er habe selbst eine junge Frau aus der Masse gezogen. «Sie schrie und weinte. Man hatte ihr den Slip vom Körper gerissen», sagt er zum Kölner «Express». Die Freundinnen der jungen Frau hätten die Polizisten nicht retten können, da die Beamten von den Männern selbst mit Böllern beworfen wurden.
Täter könnten ausgewiesen werden
Der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas hat nach den Vorfällen einen besseren Schutz vor Gewalt in den Städten verlangt. «Die feigen und abscheulichen Übergriffe werden wir nicht hinnehmen», sagte er in Berlin vor den Medien. «Das ist offenbar eine völlig neue Dimension organisierter Kriminalität.» Alle Täter müssten ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. «Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen in unseren Städten blanker Gewalt schutzlos ausgeliefert sind.»
Maas hält es für möglich, dass Täter der sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht aus Deutschland ausgewiesen werden können. Dies gelte für Asylsuchende, die zu Freiheitsstrafen von einem Jahr oder mehr verurteilt worden seien, sagte Maas Zeitungen der «Funke Mediengruppe» laut Vorab-Bericht. Über die Höhe von Strafen hätten zwar die Gerichte zu entscheiden. Ein solches Strafmass sei aber bei Sexualdelikten absolut möglich. «Ausweisungen wären insofern durchaus denkbar.»
Allfällige Änderung der Asylregeln
Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière hatte zuvor erklärt, die Genfer Flüchtlingskonvention mache bei Abschiebungen strenge Vorgaben. In Deutschland gelte bisher die Regel, dass sich erst eine Haftstrafe von drei Jahren auf ein Asylverfahren auswirke. Deshalb müsse darüber geredet werden, «ob das nicht geändert werden muss».
Justizminister Maas sagte zudem, wenn sich eintausend Menschen zu einer enthemmten Horde zusammenfänden und das offenbar auch so geplant gewesen sei, «dann ist das nicht weniger als ein zeitweiliger Zivilisationsbruch». Nie wieder dürften Menschen solchen zügellosen Massen schutzlos ausgeliefert sein.
Aus Berlin liess Bundeskanzlerin Angela Merkel verlauten, es müsse alles daran gesetzt werden, die Schuldigen so schnell und so vollständig wie möglich zu ermitteln und ohne Ansehen ihrer Herkunft oder ihres Hintergrundes zu bestrafen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. «Die Bundeskanzlerin drückte ihre Empörung über diese widerwärtigen Übergriffe und sexuellen Attacken aus, die nach einer harten Antwort des Rechtsstaats verlangen.»
Krisensitzung einberufen
In Köln ist dann auch eine Krisensitzung einberufen worden. Der Leiter des städtischen Ordnungsamts, Engelbert Rummel, äusserte sich unmittelbar vor Beginn des Gesprächs zuversichtlich, dass alle Beteiligten sich auf weitreichende Massnahmen gegen Vorfälle wie zu Silvester verständigen werden. «Ich denke, wir werden Lösungen erarbeiten können», sagte Rummel vor Journalisten. Zu den Ergebnissen des Gesprächs will er später informieren.
Nach bisherigen Erkenntnissen waren aus einer Gruppe von mindestens 1000 alkoholisierten Menschen im Bereich des Kölner Doms und des benachbarten Hauptbahnhofs massive sexuelle Übergriffe auf Frauen sowie Diebstähle begangen worden. Beim Grossteil der Täter soll es sich nach Zeugenaussagen um Männer und Heranwachsende aus nordafrikanischen Herkunftsländern und dem Nahen Osten gehandelt haben. Wegen der Taten erstatteten Dutzende Opfer Strafanzeigen bei der Polizei.
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