«Ohne Halbstundentakt haben wir verloren»
Bei vier Institutionen steht Peter Flück an der Spitze der Führungsgremien. Im Interview erklärt er, woran es im regionalen Tourismus mangelt und wieso der Halbstundentakt im Fernverkehr fürs östliche Oberland überlebenswichtig ist.
Zuerst ab Mitte Mai bis Planalp, dann fährt die Brienz-Rothorn-Bahn vom 3. Juni an wieder hinauf aufs Rothorn und lanciert damit ihr 125-Jahr-Jubiläum. Dies müsste eigentlich ein Grund zur Freude sein, Herr Flück.Peter Flück: Absolut. Wir werden das Jubiläum in bescheidenem Rahmen mit geladenen Gästen feiern, und am 1. Juli wird die Jubiläumsgeneralversammlung im Zelt auf dem Gelände des Freilichtmuseums Ballenberg durchgeführt.
An dieser GV könnte es durchaus sein, dass die Aktionäre und Gönner der Bahn über die Hintergründe der Ende November publik gewordenen drei Entlassungen – unter anderem Vizedirektor Daniel Schlosser – Auskunft wollen. Welche Informationen werden Sie zuhanden der Geldgeber des Unternehmens abgeben?Als Arbeitgeber haben wir gewisse Verpflichtungen, nicht zuletzt zum Schutze der betroffenen Arbeitnehmer. Wir dürfen nicht Details über Angestelltenverhältnisse öffentlich machen. Das geht ganz einfach nicht.
Dann will der Verwaltungsrat also die genauen Hintergründe der Entlassungen nicht nennen?Was sollen wir denn sagen? Wie ich vorhin gesagt habe, zum Schutz der Arbeitnehmer ist es besser, nichts zu sagen.
«Persönliches ist weder in den Medien noch an der Generalversammlung zu kommunizieren.»
Wurde mit den Betroffenen aber schon vor deren Freistellung gesprochen?Aber selbstverständlich. Persönliches ist aber weder in den Medien noch an der Generalversammlung zu kommunizieren.
Zurück zur Rothorn-Bahn-GV vom 1. Juli. Welche Argumente werden Sie auf den Tisch legen, um zu erklären, wieso 2016 mit 131 000 beförderten Gästen gegenüber 2015 10'000 weniger aufs Rothorn fuhren?Wenn ich die Zahlen anderer Bergbahnunternehmen als Vergleich nehme, stehen wir nicht allzu schlecht da. Wir liegen im Fünfjahresschnitt sogar leicht darüber. Und mit unseren geplanten Aktivitäten – als Beispiel sei das vierwöchige Dampfspektakel mit einer historischen Zugkomposition im September in Grossbritannien erwähnt – sind wir auf einem guten Weg. Von der anhaltenden Steigerung des Dampfanteils plus Verbesserungen im Hotel auf dem Kulm erhoffen wir uns zudem mehr Gäste. Kommt dazu, dass die Post am 11. Mai eine Sonderbriefmarke zur Rothorn-Bahn präsentiert. Auch dies ist sicher gute Werbung für unser Unternehmen.
Sie haben den Fünfjahresschnitt (circa 130'000 Fahrten, Anm. d. Red.) angesprochen. Mal abgesehen von 2015, als gut 140'000 Fahrten verbucht werden konnten, liegt die Zahl der beförderten Gäste in den Jahren zuvor unter dem Wert für 2016. Wie lässt sich diese Abwärtsspirale stoppen?Ich würde nicht von einer Abwärtsspirale sprechen. Wir können unsere Anzahl Fahrten stabil halten, das ist ein Erfolg. Wir müssten versuchen, im östlichen und auch in den anderen Regionen des Oberlandes vernetzter zu denken und zu handeln.
An was denken Sie?Dass beispielsweise die Tourismusdienstleister sich schweizweit für einen gemeinsamen Auftritt starkmachen und die Region mit all den tollen Angeboten wie Jungfraujoch, Freilichtmuseum Ballenberg, Hasliberg, auch die Rothornbahn und anderen Werbung betreiben – und nicht so, wie es jetzt läuft, dass jeder nur für seine Kasse schaut.
Kommen wir von den Rothorn-Kunden zu den Gästen des Freilichtmuseums Ballenberg. Dort ist es ja so, dass in der vergangenen Saison die Zahl der Eintritte bei 200'000 stagniert, respektive keine Steigerung gegenüber 2015 erzielt wurde. Welche Strategie führt hier zu mehr Eintritten und mehr Umsatz, wenn das Museum seine Türen am 13. April öffnet und ein Jahr später nicht – wie im letzten Jahr geschehen – ein Betriebsverlust von 162'000 Franken verbucht werden muss?Wir stellen vonseiten Stiftungsrat fest, dass die Museumsbesuche seit 2009 durchwegs rückläufig sind. Auf der anderen Seite wissen wir auch, dass wir bei einer Besucherzahl von 280'000 am Limit des Verkraftbaren sind. Jetzt ist es so, dass in vergangenen Jahren gewisse Sachen nicht mehr so gepusht wurden wie früher.
Haben Sie Beispiele? Wurde die Vermarktung zurückgefahren?Wahrscheinlich schon. Man dachte sich eventuell, dass es so weiterlaufen würde wie bis anhin, und dem ist eben nicht so. Natürlich hat sich der Stiftungsrat Überlegungen angestellt und auch Veränderungsprozesse in Gang gesetzt – angefangen bei der Reduktion des Stiftungsrates im Jahr 2015 und der Neuorganisation des ganzen Museumsbetriebes. Dies alles lässt sich aber nicht von heute auf morgen total umkrempeln. Das braucht Zeit. Wir sind daran, die initiierten Verbesserungen umzusetzen.
«Es ist eine Tatsache, dass den Klassen immer mehr das Geld für ihre Schulreisen fehlt.»
Was soll sich konkret ändern?Wir gehen aktiver auf Gruppengäste zu. Seit Herbst 2016 und bis zur Saisoneröffnung werden rund 450 Carunternehmen und Tour Operators in der Schweiz besucht. Wir werden auch zwischen dreissig und fünfzig Schulen besuchen, um auch diese Zielgruppe wieder vermehrt ins Museum zu bringen. In diesem Zusammenhang müssen wir zudem die Kantone im Rahmen der Diskussionen um die Mittelbeschaffung für deren Häuser im Ballenberg daran erinnern, dass sie doch ihre Schulen motivieren sollen, ins Museum zu kommen. Denn es ist eine Tatsache, dass den Klassen immer mehr das Geld für ihre Schulreisen fehlt und die Kinder somit nicht mehr nach Hause gehen und erzählen können, wie cool es im Ballenberg-Museum und auf dem Rothorn war. Somit findet kein Schneeballeffekt statt. Aber auch hier ist die Region gefordert, beispielsweise müsste für Schulklassen ein massgeschneidertes Paket angeboten werden.
Ähnlich wie bei der Rothorn-Bahn war die Entlassung eines Geschäftsleitungsmitgliedes des Freilichtmuseums Ballenberg 2016 schlechte Presse. Auch hier lässt der Stiftungsrat mit Ihnen an der Spitze die Öffentlichkeit über die wahren Gründe im Dunkeln und sorgt weiterhin dafür, dass es in der Gerüchteküche brodelt.Die Öffentlichkeit muss zur Kenntnis nehmen, dass auf Stufe Geschäftsleitung und Stiftungsrat diese Entlassung beschlossen worden war. Dies ist Sache der Unternehmung. Auch dazu kann aus arbeitsrechtlichen Gründen aufgrund des Persönlichkeitsschutzes nicht mehr gesagt werden.
«Kommt dazu, dass auch Spiez für die Busvariante ist, da Faulensee besser erschlossen würde.»
Ein erstes Thema des noch jungen Jahres ist für die Regionalkonferenz Oberland-Ost, die Sie ja auch präsidieren, der Regionalverkehr zwischen Interlaken und Spiez. Und diesbezüglich wird mit Spannung erwartet, wie der Regierungsrat zuhanden des Grossen Rates bezüglich der Zukunft des Regionalverkehrs entscheiden wird. Im Sinne der Regionalkonferenz wäre es bekanntlich, wenn künftig zwischen Interlaken und Spiez die ÖV-Erschliessung per Bus statt mit der Bahn erfolgt. Ist dies auch Ihre persönliche Meinung?Ich sage es mal so: Der Halbstundentakt im Fernverkehr – auch wenn dieser erst 2025 oder 2030 Tatsache wird – ist das A und O für die Region. Das bedeutet, dass wir nichts unternehmen dürfen, was diesen Halbstundentakt gefährden könnte. Denn dieser ist für die Region zentral. Seitens der BLS wird schon jetzt gesagt, dass die Kapazitäten knapp sind. Ich und auch die ganze Geschäftsleitung der Regionalkonferenz befürworten die Buslösung. Zu diesem Schluss kam im Übrigen auch eine vom Kanton in Auftrag gegebene Studie, in deren Begleitgruppe die BLS und die Busbetriebe Einsitz hatten. Ein Vorteil der Busvariante wäre, dass künftig gerade auf dem Bödeli die Barrieren weniger geschlossen würden. Kommt dazu, dass auch Spiez für die Busvariante ist, da Faulensee besser erschlossen würde. Zudem ist es für alle Reisenden – und dies sind nicht wenige – Richtung Oberhasli und in die Lütschinentäler wichtig, dass sie nur einmal umsteigen müssen. Auch deshalb brauchts den Halbstundentakt im Fernverkehr. Wenn wir dies nicht schaffen, haben wir verloren.
Nach dem Entscheid der Regierung zum Angebotskonzept Regionalverkehr 2018–2021 wird sich die vorberatende Kommission des Grossen Rates mit dem Geschäft befassen, bevor im Frühjahr im Kantonsparlament der definitive Entscheid gefällt wird. Sie sind als FDP-Grossrat Mitglied dieser Kommission und auch deren Sprecher, dann bei der Debatte im Grossen Rat. Sind Sie da nicht in gewisser Weise befangen?Jedes Grossratsmitglied aus sämtlichen Regionen ist doch bei diesem Geschäft irgendwie befangen, weil es an einer öffentlichen Bus- oder Zuglinie wohnt. Ich versuche immer, möglichst die Optik der Region zu haben. Und als Präsident der Regionalkonferenz vertrete ich die Meinung der Geschäftsleitung.
Welches sind im Jahr 2017 weitere Schwerpunkte für die Regionalkonferenz?Erstens sicher die Entwicklung des Flugplatzareals mit dem Direktanschluss in Wilderswil. Diesbezüglich müssen wir in diesem Jahr einen grossen Schritt nach vorne tun. Denn wir müssen bis Ende 2018 mit dem Bau des Direktanschlusses beginnen, ansonsten laufen wir Gefahr, die bereits zugesicherten Beiträge des Bundes im Rahmen des Agglomerationsprogramms zu verlieren.
Und zweitens?Bezüglich Standortmarketing eine aktivere Rolle zu spielen.
Mit welchem Hauptziel?Das Bödeli, in Verbindung mit den Lütschinentälern, besser zu vermarkten, analog dem Beispiel im Oberhasli. Wir wollen aber nicht nur ein Standortmarketing für die Wirtschaft betreiben, sondern beispielsweise auch eines für Sportangebote.
Haben Sie ein Beispiel?Gerade auf dem Bödeli gibt es einerseits Sportstätten wie die Eishalle und das Bödelibad, welche beide finanziell darben. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sie schlecht ausgelastet sind. Andrerseits ist es doch heute so, dass jeder auswärtige Verein, aus welcher Sportart auch immer, im Raum Bödeli keine zentrale Anlaufstelle findet, welche ihm ein pfannenfertiges Angebot mit Trainingsmöglichkeit, Übernachtung und weiteren Aktivitäten aus einem Guss liefern kann. Eine solche Stelle ist aber nötig, wenn wir künftig mehr Schweizer Gäste in unsere Region locken wollen. Dies ist sicher auch im Sinne der Tourismusunternehmen.
Um zurück zum Jahresanfang zu kommen, sagen Sie doch unserer Leserschaft, auf was Sie sich zu Beginn des neuen Jahres persönlich am meisten freuen?Meine Partnerin hat mich im Februar für eine Woche an die Ski-WM nach Sankt Moritz eingeladen – als Geschenk zu meinem 60. Geburtstag.
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