YB enttäuscht weiterOhne alle Basics zur schlechtesten Serie seit 2013
Wieder Lausanne, wieder die Nachspielzeit: Die Young Boys können den Tabellenletzten auch daheim nicht bezwingen. Wegen einer desaströsen ersten Halbzeit – und der 93. Minute.

Eigentlich müsste er zufrieden sein mit sich, ja, vielleicht sogar ein bisschen stolz. Aber nach diesem frustrierenden 2:2 gegen Lausanne ist Matteo Vanetta nicht wirklich nach Selbstlob, der YB-Trainer ist rund eine halbe Stande nach dem Schlusspfiff im Medienraum des Wankdorfs sichtlich angefressen. Also findet er sogar für die Leistungssteigerung seines Teams nach der Halbzeit kritische Worte: «Es kann nicht sein, dass zwei Spieler eingewechselt werden und das die ganze Dynamik verändert.»
In der Tat ist es beeindruckend, wie viel Einfluss es hat, dass nach dem Seitenwechsel Meschack Elia und Cheikh Niasse statt Felix Mambimbi und Vincent Sierro auf dem Platz stehen. Plötzlich sind die Young Boys nicht mehr nur durch die gelb-schwarzen Trikots zu erkennen, sie spielen auch schon fast wieder wie ein Team, das mal die Ambition hatte, den fünften Meistertitel in Serie zu feiern. Zumindest tun sie das ansatz- und zeitweise – nach dieser desaströsen ersten Halbzeit ist das aber schon ein riesiger Schritt.
Alarmierend – mal wieder
«Alle Basics», hätten seine Spieler vermissen lassen, kritisiert Vanetta. Er meint damit Dinge wie Intensität oder das Führen von Zweikämpfen – fundamentale Attribute, insbesondere wenn spielerisch wenig zusammenläuft. Und so ist es lange bei YB, nicht nur in diesem Spiel, aber gegen den Tabellenletzten, den wahrscheinlichen Absteiger, ist das besonders alarmierend.
Weil das zentrale Mittelfeld um Vincent Sierro und Edimilson Fernandes nahezu inexistent ist, komplett abgemeldet von kompakten Lausannern, behelfen sich die Young Boys immer wieder mit langen Bällen auf Wilfried Kanga und Jordan Siebatcheu. Dumm nur, dass die Gäste mit Anel Husic und Elton Monteiro zwei Abwehrtürme haben, denen Luftduelle etwas genehmer sind als schnelle Kombinationen der Gegner am Boden.
Erschwerend kommt bei YB hinzu, dass bereits der Start ins Spiel völlig misslingt, nach fünf Minuten rennen die Berner schon einem Rückstand hinterher. Sie laufen in einen Konter, weil Nicolas Ngamaleu an der Seitenlinie einen Zweikampf verliert, bevor er überhaupt realisiert, dass er einen führen muss. Es passt, dass er ein Foulspiel fordert, obwohl schon zu diesem Zeitpunkt klar ist, dass Schiedsrichter Alain Bieri eine äusserst grosszügige Linie führt. Es passt zur YB-Situation, dass auch Sierro im Gegenpressing nicht ins Duell mit
Adrien Trébel kommt, Lewin Blum etwas zögerlich zurückläuft, der 18-jährige Startelf-Debütant zu weit weg steht von Zeki Amdouni und Goalie David von Ballmoos Amdounis nicht sonderlich scharfen und nicht sonderlich platzierten Schuss passieren lässt.
Der vielleicht unverzeihlichste aller Mängel
«Nach so einem Gegentor leiden wir halt die ganze Halbzeit», sagt Cédric Zesiger danach bei SRF. Das gilt nicht nur für die Spieler, auch die Fans müssen die nächsten 45 Minuten (inklusive der vierminütigen Nachspielzeit) mächtig untendurch, weil Lausannes kühnste Träume wahr wurden und die Young Boys einfach nicht aus dem Albtraum aufwachen, in dem sie sich seit Monaten befinden. Zesiger, noch einer der Besten bei YB, weil nahezu als Einziger kompromisslos in seinen Aktionen, führt seine harte Linie auch nach dem Spiel direkt fort: «Die Spielidee wäre eigentlich klar gewesen, wir haben es einfach nicht umgesetzt. Es hat alles gefehlt: Aggressivität, Kompaktheit…» Die Aufzählung hört mit dem vielleicht unverzeihlichsten aller Mängel auf: «Und die richtige Einstellung im Kopf.»
Tatsächlich macht YB mental keinen guten Eindruck, auch Vanetta sieht verunsicherte Spieler auf dem Platz, die am Ball eine fast nicht für möglich gehaltene Nervosität zeigen: «Im mentalen Bereich haben wir sicher etwas zu tun – und das ist für einen Trainerstaff die schwierigste Aufgabe.»

Da wäre ein Sieg gut fürs Gemüt gewesen, vor allem weil es der erste seit Ende Februar gewesen wäre. Aber mal wieder belohnt sich YB nur halbherzig für die deutlich bessere zweite Halbzeit, angeführt von einem hyperaktiven Elia. «Wir machen es uns mal wieder selber kaputt», urteilt Zesiger. Er spricht das Foul des eingewechselten Quentin Maceiras an, das Lausanne in der Nachspielzeit einen Freistoss aus gefährlicher Position ermöglicht – und die vorhergehende Passivität im Mittelfeld, die das Foul erst ermöglicht.
Weil dann kommt, was zurzeit bei den Young Boys nun mal kommen muss, bleiben sie im sechsten Ligaspiel hintereinander ohne Sieg, das ist die schlechteste Serie seit Herbst 2013. Vier Partien davon unter dem neuen Trainerstaff, der in dieser Zeit immerhin zweimal gegen Lausanne spielen durfte. Kein Wunder, ist Vanetta nicht unbedingt nach Selbstlob zumute,
Fehler gefunden?Jetzt melden.