Ölkatastrophe: BP muss 4,5 Milliarden Dollar zahlen
Die Explosion der Bohrinsel «Deepwater Horizon» kommt den Ölkonzern BP teuer zu stehen: Innerhalb von sechs Jahren muss er eine milliardenschwere Geldstrafe bezahlen.

Der britische Ölkonzern BP muss wegen der Explosion der Bohrinsel «Deepwater Horizon» im Golf von Mexiko eine Geldstrafe von rund 4,5 Milliarden Dollar an die US-Behörden zahlen. Davon seien 4 Milliarden Dollar Schadenersatz, teilte das Unternehmen gestern in London mit.
Die Zahlungen seien über einen Zeitraum von sechs Jahren zu leisten. Es ist die höchste Strafzahlung in der US-Geschichte, die ein Unternehmen jemals zahlen musste. Bisheriger Rekordhalter war das Pharmaunternehmen Pfizer mit 1,2 Milliarden Dollar.
11 Tote
Unter Berufung auf mit der Vereinbarung vertrauten Personen hiess es gestern zudem, zwei BP-Mitarbeiter müssten mit einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung rechnen.
Bei der Explosion der Förderplattform «Deepwater Horizon» im April 2010 waren elf Menschen gestorben. 4,9 Millionen Barrel (je 159 Liter) Öl liefen ins Meer. Ganze Küstenabschnitte wurden zerstört, mit erheblichen Folgen für die Natur und für die Wirtschaft. Das US-Justizministerium geht davon aus, dass BP und seine Partnerfirmen grob fahrlässig gehandelt hatten.
«Einigung im Interesse von BP»
«Wir glauben, dass diese Einigung im Interesse von BP und seinen Aktionären ist», sagte BP-Chef Carl-Henric Svanberg. Dadurch würden bestimmte Risiken abgewendet und Kapazitäten frei, sich auf bestehende Zivilklagen zu konzentrieren, erklärte er. Justizminister Eric Holder sagte, ein Grossteil des Geldes solle für die Beseitigung der Umweltschäden der Ölpest verwendet werden.
In wirtschaftliche Bedrängnis dürfte BP durch die Strafzahlung nicht geraten. Der Konzern verbuchte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 25,8 Milliarden Dollar. Zudem wird die Zahlung über fünf Jahre gestreckt.
Milliarden in Bilanz zurückgestellt
BP hatte in seiner Bilanz 38 Milliarden Dollar für die Kosten der Katastrophe zurückgestellt. 14 Milliarden mussten die Briten bereits an Reparatur- und Reinigungskosten zahlen, etwa für das Stopfen des Lecks. Neun Milliarden Dollar wurden bereits an private Kläger ausgezahlt.
Auf die Zahlung weiterer 7,8 Milliarden Dollar hat sich das Unternehmen mit Vertretern Tausender Kläger geeinigt. Diese Summe ist noch nicht ausgezahlt und bedarf noch der gerichtlichen Bestätigung.
Den Angaben zufolge erklärte sich BP überdies der Sabotage schuldig, weil das Unternehmen den US-Kongress über das wahre Ausmass der Katastrophe belogen haben soll. David Rainey, damals stellvertretender Leiter der Abteilung für Erkundungen im Golf von Mexiko, wurde nun angeklagt, weil er den Kongress getäuscht haben soll.
Zerstörtes Image
Das Image des Ölmultis, relativ umweltfreundlich zu arbeiten, war nach der Katastrophe zerstört. BP-Tankstellen wurden boykottiert, Firmenchef Tony Hayward musste wegen der vielen gravierenden Vorwürfe gegen BP und den zahlreichen schweren Schnitzern des Unternehmens beim Umgang mit dem Desaster zurücktreten.
Neben BP wurden auch der Betreiber der Bohrplattform Transocean und der Zementlieferant Halliburton angeklagt. Im Januar 2011 kam eine Regierungskommission zu dem Ergebnis, dass die Ölkatastrophe durch Entscheidungen zur Einsparung von Zeit und Geld von BP, Transocean und Halliburton verursacht wurde. Die Küstenwache kam nach ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass BP die Hauptverantwortung für das Unglück trägt. Die Firma habe Regelungen des Bundes verletzt, wichtige Warnungen missachtet und gravierende Fehlentscheidungen getroffen.
Schwarzer Peter erfolglos abgeschoben
Bemühungen von BP, den schwarzen Peter an die anderen beiden Firmen abzuschieben, wurden von einem Bundesrichter durch Regelungen vor Verfahrensbeginn ausgehebelt. Dem Bezirksrichter Carl Barbier in New Orleans fiel die Aufgabe zu, die Flut von Klagen gegen BP zu verhandeln.
Er verschob den Gerichtstermin im Mai, um dem Ölmulti zahlreiche aussergerichtliche Einigungen zu ermöglichen – mit Krabbenfischern an der Küste, Fischern, Charterbootkapitänen, Grundstückseigentümern, Umweltgruppen, Restaurants, Hotels und anderen Geschädigten. Auch die Hinterbliebenen der verstorbenen Ölarbeiter hatten geklagt. Die vereinbarten Entschädigungen in Milliardenhöhe sind allerdings noch nicht bezahlt.
Grobe Fahrlässigkeit
Viele weitere Verfahren, die auch noch sehr teuer werden können, sind gegen BP noch anhängig und sollen nach Richter Barbiers Planung im Januar verhandelt werden. Eine Entscheidung des Richters könnte die Kooperationsfirmen von BP dabei von Milliardenforderungen entlasten. Nach seiner Einschätzung könnten Transocean und Halliburton nicht verpflichtet sein, viele Schadensersatzansprüche wegen der Ölpest aufgrund von Verträgen mit BP zu bezahlen.
Die beteiligten Unternehmen haben sich auch gegenseitig verklagt, so fordert BP von Transocean 40 Milliarden Dollar. Das US-Justizministerium hat in einer Klageschrift bereits formuliert, dass es BP «grobe Fahrlässigkeit» und «vorsätzliches Fehlverhalten» vorwirft. Das nun in der Strafzahlung mündende Verfahren räumt die im Januar anstehenden Klagen nicht aus.
AFP/dapd/rbi/chk
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