Weltcupfinal in Lenzerheide«Jetzt brauche ich ein, zwei Bier»
Marco Odermatt reiste mit Vorsprung in die Lenzerheide, muss die kleine Kristallkugel aber dem grossen Favoriten überlassen. Und auch die grosse.

Es war vor drei jahren in Adelboden. Alexis Pinturault sass da und verzog sein Gesicht. Ein wunder Punkt schien getroffen im Gespräch. Ob einmal der Titel «Die Unvollendete» über seiner Karriere stehen würde, hatte die Frage gelautet.
Pinturault setzte zu einem Monolog an. Rennen in fünf Disziplinen habe er gewonnen, viele Medaillen gesammelt, sei Saison für Saison vorne dabei. Und er fragte zurück: «Würden Sie nicht mit mir tauschen wollen?»
Pinturault, Sohn wohlhabender Eltern aus Hochsavoyen, wurde als Erbe Jean-Claude Killys verschrien. Seit einem Jahrzehnt ist er der beste Kombinierer, 34-mal hat er im Weltcup gewonnen. Und doch ist er der ewige Zweite und permanente Dritte geblieben. Achtmal in Folge beendete er den Riesenslalom-Weltcup auf dem Podest, fünfmal den Gesamtweltcup. Immer wieder hielt er eine Hand und vier Finger an einer Kristallkugel. Um sie sich doch noch von jemanden wegschnappen lassen zu müssen.
In der Lenzerheide erhielt Pinturault nun den Lohn für seine Beharrlichkeit. Er gewann den Riesenslalom und damit die kleine und vorzeitig auch die grosse Kugel. Es war die Erlösung an seinem 30. Geburtstag, und Pinturault gestand, der Druck sei immens gewesen. Seit 2017 unterhält er ein grosses und kostspieliges Privatteam, er geht den individuellen Weg, wie es einst Dauersieger Marcel Hirscher tat.
Odermatt mit leeren Händen
In Frankreich kamen zuletzt Zweifel auf, ob Pinturault das Sieger-Gen tatsächlich besitze – oder erneut an seinen Nerven scheitern würde. Er hat es mitbekommen. «In den letzten Wochen habe ich mir entsprechend viele Gedanken gemacht.»
Pinturault verkrampfte sich, und Konkurrent Marco Odermatt rückte immer näher. Doch ausgerechnet im Finalrennen stand der Nidwaldner neben den Skischuhen. «Es sei schwierig, im Moment etwas Positives zu sehen, meinte er nach Platz 11. Ich brauche jetzt definitiv ein, zwei Bier. Die Woche war von A bis Z schwierig. Ich bin froh, ist die Saison nun zu Ende.» Der Winter, so grandios er für Odermatt an und für sich war, endet überaus bitter: In der Gesamtwertung, aber auch im Riesenslalom- und Super-G-Weltcup ist er Zweiter.
Der Frust war gewaltig beim 23-Jährigen. Schon nach dem ersten Durchgang liess er seinen Emotionen freien lauf, meinte: «Die Piste ist schlecht, zu wenig gut für ein Weltcup-Rennen.» Es zeugt nicht von Souveränität, wie diverse Protagonisten des Schweizer Skiverbandes in den vergangenen Tagen den Veranstalter respektive den Zustand der Strecke kritisierten. Sicher jedenfalls ist: Das Rennen war keineswegs unfair.
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