Obergericht lässt umstrittenen Videobeweis zu
Das Obergericht hält die illegal aufgezeichneten Überwachungsvideos des Hotels Schweizerhof als verwertbare Beweismittel. Ein 48-jähriger Berner wurde dadurch des Landfriedensbruchs verurteilt.

Es ist eine eher harmlose Sache, wegen der ein 48-jähriger Berner am Mittwoch vom bernischen Obergericht schuldig gesprochen wurde. Der ehemalige Reitschulaktivist nahm im April 2015 an einer unbewilligten Demonstration in Bern teil, die angesichts der Flüchtlingskrise am Mittelmeer offene Grenzen forderte.
Am Rande der Kundgebung kam es zu Sprayereien und Sachbeschädigungen, namentlich an der Fassade des Hotels Schweizerhof. Obwohl er sich nicht am Vandalismus beteiligte, machte sich der Mann als Mitläufer des Landfriedensbruchs schuldig.
Güterabwägung notwendig
Viel mehr zu reden als die eigentliche Straftat gaben im Vorfeld die Beweismittel, aufgrund derer der Mann von der Vorinstanz – dem Regionalgericht Bern-Mittelland – verurteilt worden war. Diese seien rechtswidrig, hatte der Demoteilnehmer bei seiner Berufung moniert. Konkret waren es die Bilder einer – inzwischen entfernten – Überwachungskamera des Hotels Schweizerhof, die den Verurteilten im Demozug zeigten.
Die Strafkammer des Obergerichts kam bei ihrem gestrigen Urteil zwar wie die Vorinstanz zum Schluss, dass die Videoaufnahmen illegal waren, doch «rechtswidrig heisst nicht automatisch unverwertbar», hielt Gerichtspräsident Samuel Schmid fest. Es müsse eine Güterabwägung vorgenommen werden – zwischen dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung der Straftat und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Mannes.
Das Obergericht gewichtete Ersteres schliesslich höher. An der Demo habe entgegen den Aussagen der Verteidigung eine «unfriedliche Grundstimmung» geherrscht, sagte Oberrichter Schmid. Zusammen mit dem Fakt, dass die Kundgebung unbewilligt war, senke dies den Schutz der Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten.
Bezüglich der Illegalität der Aufnahmen waren sich auch Verteidigung und Generalstaatsanwaltschaft einig, da die Kamera weit mehr als den direkten Eingangsbereich des Hotels filmte.
Der Generalstaatsanwalt-Stellvertreter Markus Schmutz meinte jedoch, selbst wenn das Regionalgericht die Bilder gar nicht als Beweis verwendet hätte, hätten auch die Aussagen von Polizeibeamten bestätigt, dass der Angeklagte mit von der Partie gewesen sei.
«Hilfssheriffs» befürchtet
«Solche illegal erlangten Beweise erschüttern das Vertrauen in die Rechtspflege», meinte hingegen Verteidigerin Annina Mullis. Nutze das Gericht solch widerrechtliche Aufnahmen auf öffentlichem Grund, werde das künftig ein Anreiz für Private sein, Selbstjustiz zu üben und als «übermotivierte Hilfssheriffs» illegale Beweisbilder aufzunehmen.
Die Vorinstanz stellte damals bei der Strafzumessung ausdrücklich fest, dass den Mann nur ein «sehr leichtes Verschulden» treffe. Deshalb musste er auch keine Strafe, sondern nur die Verfahrenskosten von 1120 Franken zahlen.
Auch nach dem Obergerichtsurteil bleibt es dabei – nur dass sich die Verfahrenskosten mittlerweile auf rund 4600 Franken erhöht haben. Ob die Verteidigung das Urteil ans Bundesgericht weiterzieht, war am Mittwoch noch unklar.
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