Obamacare kommt knapp durch
Grosser Sieg für den US-Präsidenten: Die Gesundheitsreform von Barack Obama in seinem Kernpunkt wurde bestätigt. Pikant: Die entscheidende Stimme gab John Roberts, der einst von George W. Bush vereidigt wurde.
Der Oberste Gerichtshof der USA hat den zentralen Teil der umstrittenen Gesundheitsreform von US-Präsident Barack Obama bestätigt und dem Staatschef damit wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl zu einem wichtigen Erfolg verholfen. Die Richter erhielten in ihrer Entscheidung heute die Vorschrift aufrecht, nach der die meisten US-Bürger eine Krankenversicherung haben müssen. In ihrem Urteil wies das höchste US-Gericht Beschwerden zurück, wonach der Kongress zu weit gegangen sei, als er die grundsätzliche Pflicht zur Krankenversicherung einführte und einen Verstoss dagegen unter Strafe stellte.
Die Richter wiesen zwei der drei Argumente der Obama-Regierung zurück, mit denen sie die Versicherungspflicht zu untermauern versuchte. Allerdings urteilten sie, dass die Versicherungspflicht als Steuer ausgelegt werden könnte. Weil die Verfassung der USA eine derartige Steuer zulasse, sei es nicht die Aufgabe des Obersten Gerichts, «es zu verbieten oder über seine Weisheit oder Gerechtigkeit zu urteilen», sagte Richter John Roberts, der die Entscheidung bekannt gab.
Als problematisch betrachteten die Richter die Erweiterung von Medicaid, einem Versicherungsprogramm für Arme in den USA. Aber auch hier urteilte das Oberste Gerichtshof zugunsten der als «Obamacare» bekannt gewordenen Gesundheitsreform. Die Erweiterung des Hilfsprogramms könnte unter der Bedingung erfolgen, dass die Bundesregierung den Einzelstaaten nicht mit der Vorenthaltung der für Medicaid zugewiesenen Mittel drohe, sollten sie sich nicht an der Erweiterung des Programms beteiligen.
«Obamacare» in der Bevölkerung umstritten
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs zu Obamas Gesundheitsreform war mit Spannung erwartet worden. Umfragen zufolge ist die Mehrheit der US-Bürger gegen «Obamacare». Die Gesundheitsreform beeinflusst massgeblich, wie zahlreiche Amerikaner medizinisch versorgt werden und ihre ärztliche Behandlung bezahlen.
Die Gerichtsentscheidung von heute ermöglicht nun die weitere Umsetzung der umstrittenen Reform, nach der mehr als 30 Millionen Amerikaner zu einer Krankenversicherung verholfen werden soll. Das Herzstück der Reform, die grundsätzliche Versicherungspflicht, soll 2014 greifen. Gleichzeitig würde es das Gesetz Versicherungsfirmen verbieten, Menschen mit bestehenden gesundheitlichen Problemen eine Versicherung zu verweigern.
Republikaner warnen vor Übernahme des Gesundheitswesens
Die Reform ist von den republikanischen Herausforderern des Präsidenten scharf kritisiert worden, darunter auch Mitt Romney, der bei der Wahl im November gegen Obama antritt. Nach der Urteilsverkündung am Donnerstag liess eine Reaktion der Republikaner darauf nicht lange auf sich warten. «Die heutige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs legt den Einsatz für die Wahl im November fest», sagte der Vorsitzende des Republican National Committee, dem Organisationsgremium der republikanischen Partei, Reince Priebus. «Jetzt kann man das Land vor Obamacares Etat sprengender Übernahme des Gesundheitswesens durch die Regierung nur noch durch die Wahl eines neuen Präsidenten retten.»
Fünf der neun Richter am Obersten Gerichtshof entschieden sich heute zugunsten der Gesundheitsreform. Die Richter des höchsten US-Gerichts werden vom Präsidenten jeweils auf Lebenszeit ernannt. Von den neun Richtern wurden vier von demokratischen Präsidenten ernannt. Sie treffen üblicherweise liberale Entscheidungen. Vier, die von republikanischen Präsidenten bestimmt wurden, neigen zu konservativen Einschätzungen. Der neunte, Richter Anthony Kennedy, wurde vom republikanischen Präsidenten Ronald Reagan ernannt, macht sein Urteil aber von Einzelfall abhängig und hat in der Vergangenheit wechselweise mit beiden Lagern gestimmt. Er sprach sich am Donnerstag gegen das Herzstück von «Obamacare» aus.
Das Oberste Gericht entschied dagegen, dass die Strafzahlung als eine Art Steuer eingestuft werden könne und damit nicht zu beanstanden sei. In dem knappen Urteil bestätigten fünf Richter die Reform, vier zweifelten an der Verfassungsmässigkeit des Gesetzes. Den Ausschlag bei der Mehrheitsentscheidung gab die Stimme des Vorsitzenden des Richtergremiums, John Roberts. Pikantes Detail: Roberts war einst vom republikanischen Ex- Präsidenten George W. Bush ins Amt gehoben worden.
dapd/sda/afp/mrs
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