Obama auf allen Kanälen
Die Amerikaner sind kriegsmüde: In Umfragen lehnen sie ein Eingreifen in Syrien klar ab. Doch Barack Obama gibt nicht auf. Gleich in sechs TV-Interviews wird er für einen Militärschlag gegen Bashar Assad werben.

Während der Kongress in Washington über eine Militärintervention in Syrien entscheiden muss, versucht Barack Obama mit einer Medienoffensive die skeptische Bevölkerung hinter sich zu bringen. Mit gleich sechs TV-Sendern zeichnete der US-Präsident Interviews auf. Am Dienstag will sich Obama dann zur besten Sendezeit mit einer Fernsehansprache live aus dem Weissen Haus an seine Landsleute wenden. Den Kampf um die öffentliche Meinung dürfte der Präsident aber wohl schon verloren haben.
Bereits seit Wochen liefert die US-Regierung pausenlos Argumente für einen Militärschlag gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Das Weisse Haus veröffentlichte Geheimdienstinformationen, die den Einsatz von Chemiewaffen durch Assads Truppen belegen sollen. Obama und sein Aussenminister John Kerry prangerten immer wieder die «Barbarei» in Syrien an und warnten vor einem Glaubwürdigkeitsverlust, sollten die USA nicht handeln. Im Fernsehen waren grausige Videos des mutmasslichen Giftgasangriffs zu sehen.
59 Prozent gegen Militärschlag
Dennoch blieb die kriegsmüde US-Bevölkerung in Umfragen bei der klaren Ablehnung eines Eingreifens in den Syrien-Konflikt. In einer am Montag veröffentlichten Erhebung für den TV-Sender CNN waren 59 Prozent der Befragten gegen einen Militärschlag. Mehr als 70 Prozent gehen davon aus, dass bei einem solchen Einsatz kein einziges Ziel erreicht würde, das im nationalen Interesse der USA wäre. Selbst bei Zustimmung des Kongresses wären immer noch 55 Prozent gegen Angriffe auf Ziele in Syrien.
Auch unter den gewählten Vertretern der Bevölkerung im Kongress herrscht Skepsis. Während das Weisse Haus für einen Einsatz in Syrien trommelte, waren Senat und Repräsentantenhaus noch in der Sommerpause. Die meisten Abgeordneten kehrten erst am Montag nach Washington zurück. Fernab der Hauptstadt bekamen sie in ihren Wahlkreisen die Ablehnung der Wähler direkt zu spüren.
Viele Abgeordnete haben sich noch nicht entschieden, ob sie einen Militärschlag mittragen werden. Vor allem im Repräsentantenhaus scheint der Präsident derzeit aber keine Mehrheit für seine Pläne zu haben. Angesichts der Zitterpartie im Kongress hatte Obama eine für Anfang dieser Woche geplante Reise nach Kalifornien abgesagt. Statt festlichen Abendessen mit Spendensammlern muss er nun politische Kärrnerarbeit leisten.
«Können unsere Augen nicht verschliessen»
Bereits am Sonntag war Obamas Stabschef Denis McDonough durch fünf Talkshows getingelt, um für den Regierungskurs zu werben. Am Montag sprach der Präsident dann mit den landesweiten Sendern NBC, CBS und ABC, dem öffentlich-rechtlichen Kanal PBS sowie den Nachrichtensendern CNN und Fox News - die Interviews sollten am Abend ausgestrahlt werden. Höhepunkt der PR-Bemühungen ist die Fernsehansprache am Dienstagabend aus dem Weissen Haus. Auf dieses staatstragende Kommunikationsmittel greifen US-Präsidenten nur selten zurück.
In seiner wöchentlichen Radioansprache am Samstag lieferte Obama eine Vorschau. «Wir können unsere Augen nicht vor Bildern verschliessen, wie wir sie aus Syrien gesehen haben», sagte er. Die Giftgasattacke sei ein «direkter Angriff auf die Menschenwürde» und eine «ernste Bedrohung für unsere nationale Sicherheit». In diese Kerbe dürfte der Präsident auch am Dienstag schlagen.
Skeptischer Redenschreiber
«Ich bezweifle, dass das Weisse Haus wirklich daran glaubt, dass eine Rede aus dem Oval Office einen Wandel herbeiführen kann», sagte Jeff Shesol, Redenschreiber des früheren Präsidenten Bill Clinton, dem Online-Magazin «Politico». «Aber sie müssen alles in ihrem Arsenal benutzen, auch reine Wiederholungen.»
Ausgerechnet am Tag des Interviewmarathons erhielt Obama mediale Konkurrenz von Assad. Der syrische Machthaber wies in einem am Montag ausgestrahlten Gespräch mit CBS die Verantwortung für einen Chemiewaffeneinsatz entschieden zurück. Den USA drohte er, sie müssten bei einem Angriff auf sein Land «auf alles gefasst» sein.
AFP/kpn
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