Was geht? Die Ausgehtipps der WocheObacht, es gibt Durchgeknalltes vom Märchengrossonkel
Beinahe-Punk aus Schaffhausen, krasse Bubis im Theater und stiefmütterliche Musikgeschichte: Für diese Kulturwoche braucht es gute Nerven.
Krasse Halbstarke: Jugendstück «Stereo-Typen»

Richtige Buben? Die hören laute Musik, gamen gern und schweigen lieber eisern am Familientisch, als über ihre Sorgen zu sprechen. So will es das Klischee, das auch Rico und Robi im Kinder- und Jugendtheaterstück «Stereo-Typen» der Gruppen Kolypan und Teatro Lata bedienen. Denn die beiden Halbstarken, die zusammen in einer Band spielen, wissen genau, dass es vor allem auf die Lautstärke ankommt, damit sie für krasse Typen gehalten werden. Bis es dann Zoff gibt. «Stereo-Typen» (Regie: Meret Matter) führt hinaus aus dem Theatersaal und durch Schulhausgänge und Gamewelten. Und vor allem: hinter die mühsam aufgezogenen Fassaden der Coolness. (lri)
Schlachthaus-Theater, Bern, ab Donnerstag, 2. März, 9.30 Uhr (Schulvorstellung). Bis 5. März.
Böse, schlaue Buben aus Schaffhausen: Ahh Wa!
Der Böse Bub Eugen, so hiess Ende der Achtzigerjahre eine Band, welche die Subkultur mit höhnischem und schlauem Beinahe-Punk auf Hochdeutsch in helle Verzückung versetzte. Der Schlagzeuger der Schaffhauser Band hiess Martin Fischer und war ein kleiner interkantonaler Szenestar, der mit seiner Nachfolgeband Papst & Abstinenzler lustige Lieder für ein in Sachen Lustigkeit gar nicht so empfängliches Indie-Publikum verfertigte. Dann kam die Pandemie, die Band zerfiel, Fischer legte seine Trommeln zur Seite, investierte in einen verstaubten Synthesizer-Instrumentenpark und schrieb Hit-Miniaturen am Laufmeter. Ahh Wa! nennt sich das daraus entstandene Projekt, das er mit dem Papst-&-Abstinenzler-Sänger Jürg Odermatt betreibt. Das Album enthält 22 Songs und ein Booklet mit Texten und Bildern von Stefanie Sargnagel, Bänz Friedli, Gabriel Vetter, Ariane von Graffenried und sehr vielen mehr. Und die Musik? Höhnischer und schlauer Beinahe-Synthie-Punk auf Schaffhauserdeutsch, mit wunderbar-nutzlosen Gedanken zum Hier- und Dasein. Wer Stahlberger mag, könnte hier neue Freunde finden. (ane)
Café Kairo, Bern, Donnerstag, 2. März, 21 Uhr
Durchgeknallt: Timmermahns Theater

80 Jahre Timmermahn: Der runde Geburtstag des Märchengrossonkels mit den absurdesten je mit berndeutscher Zunge gesprochenen Geschichten – das wäre ja an sich Feierlichkeit genug. Nun kommt sein Schwank «Das Jubiläum» im charmanten Saal der Heiteren Fahne auf die Bühne. Nach «Dr Blöffer» (2016) und «Blöffers Hochzyt» (2018) hätte dieses Stück bereits 2020 gespielt werden sollen. Doch während der Endproben war von heute auf morgen Lichterlöschen – Corona-Lockdown. 2021 wurde das Stück als Stream und zuletzt mit wenig Publikum gespielt. Jetzt, in Timmermahns Jubeljahr, wird doch noch richtig gefeiert. Timmermahns Theater haben es in sich. Derbe Charaktere erleben wilde Geschichten und konsumieren bisweilen Unmengen Simmelimehl dazu – eine gar aufputschende Arznei, die es so nur in dieser abgefahrenen Welt gibt. (mfe)
Heitere Fahne, Wabern, Premiere: Donnerstag, 2. März, 20 Uhr. Vorstellungen bis 19. März
Ein Geburtstagsständchen: Die Freitagsakademie

Die Freitagsakademie startet in ihre Jubiläumssaison: 30 Jahre! Zur Feier würdigt das Ensemble seinem Namensgeber Johann Gottlieb Janitsch. Der deutsche Komponist war im frühen 18. Jahrhundert Hofmusiker auf dem Schloss Rheinsberg, wo er wöchentlich die sogenannten «Freitagsakademien» veranstaltete: Konzerte der Hofkapelle, zu denen auch das Fussvolk Zugang hatte. Janitsch begründete damit eine der ersten bürgerlichen Konzertreihen Deutschlands. Feiern Sie mit, das Berner Ensemble lädt ein zu einem bunten Strauss von Janitschs Kammermusik inklusive Geburtstagsfeier. (mar)
Grosser Saal im Konsi Bern, Freitag, 3. März, 19.30 Uhr
Eine Kindheit in der BRD: Festival Literaare

1982 in einem kleinen Dorf im Westen Deutschlands. Helmut Kohl ist gerade deutscher Bundeskanzler geworden, und der Vater der sechsjährigen Ela schikaniert die Mutter, weil er sie für zu dick hält und ihr Aussehen dafür verantwortlich macht, dass sein sozialer Aufstieg stockt. Der Roman «Lügen über meine Mutter» der Schriftstellerin Daniela Dröscher ist eine kluge Mischung aus Familiengeschichte und Gesellschaftsanalyse und schaffte es 2022 auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Erzählt wird in einer doppelten Perspektive: Einerseits als Kind in den 1980er-Jahren, das trotz seiner Liebe zur Mutter diese an einem Sommertag im Schwimmbad verraten hat. Andererseits als erwachsene Tochter in der Gegenwart, die darüber reflektiert, welche sozialen Mechanismen und Rollenbilder in ihrer Familie wirkten und nachwirken. Daniela Dröscher bestreitet den Eröffnungsabend der Festivals Literaare Thun zusammen mit der Violinistin Gwendolyn Masin. (lex)
Rathaus Thun, Freitag, 3. März, 20 Uhr
Pixelstürme und Beep-beep: Robert Henke in der Dampfzentrale

«CBM 8032 AV Version 2» bietet Stoff für Nerds. Robert Henke, gross geworden in den sich zunehmend digitalisierenden 80er-Jahren, stellt auf seiner Website ausführliche technische Hintergründe zu seinem audiovisuellen Konzert bereit: über die historische Hardware (fünf Commodore-CBM-8032-Computer), die Systemarchitektur oder den Video-Output. Sie verstehen nur Bahnhof? Auch kein Problem. Der Abend baut einerseits auf den Retrocharme der limitierten Beep-beep-Klänge und Grafiken aus der Frühzeit der Heimcomputer; andererseits zelebriert Henke die zeitlose Schönheit elektronisch erzeugter Musik und projizierter Pixelstürme. Das alles entlockt der Deutsche, der einst die Software Ableton Live mitentwickelt hat, seinen bejahrten Maschinen. (reg)
Dampfzentrale Bern, Samstag, 4. März, 20 Uhr
Aus zwei mach eins: Doppelopernabend bei Bühnen Bern

Tschaikowskys «Nussknacker» kennen wir alle. Dass aber neben dem Ballett am gleichen Abend 1892 in Sankt Petersburg auch noch die einaktige Oper «Iolanta» von Tschaikowsky zur Uraufführung gelangte, ist wohl kaum bekannt. Ähnlich stiefmütterlich ging die Musikgeschichte auch mit Maurice Ravels Einakter «L’enfant et les sortilèges» (1925) um. Bühnen Bern bringt nun die beiden Fundstücke als Doppelabend auf die Stadttheaterbühne. Für die Inszenierung holt das Haus das bewährte Duo David Bösch (Regie) und Patrick Bannwart (Bühne) nach Bern, die hier vor fast 20 Jahren ihre internationale Karriere lancierten. (mar)
Stadttheater Bern, Samstag, 4. März, 19.30 Uhr
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