Nordkorea plant teilweise Öffnung der Landwirtschaft Von Benjamin Kang Lim, Reuters Hintergrund
Pjöngjang/Peking Das von Hungersnöten geplagte Nordkorea will sich offenbar mit einer Agrarreform stärker der Marktwirtschaft zuwenden.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus dem Umfeld der Regierungen in Peking und Pjöngjang erfuhr, sollen Bauern künftig bis zur Hälfte ihrer Ernte selbst verkaufen dürfen. Damit wolle die neue Regierung von Kim Jong Un nach chinesischem Vorbild Anreize zur Produktion schaffen. Das abgeschottete und hochgerüstete Nordkorea ist eins der ärmsten Länder der Welt und kann sich nicht selbst versorgen. Gegenwärtig müssen Nordkoreas Bauern den Grossteil ihrer Ernte an die Regierung verkaufen. Der Preis dafür ist staatlich festgelegt und liegt weit unter dem Marktpreis. Mit der Reform würde die Regierung in Pjöngjang wieder von einem 2005 vorangetriebenen Verbot privater Produktion abrücken, das von Kim Jong Uns verstorbenem Vater und Vorgänger Kim Jong Il einführt worden war. Der Sohn übernahm im Dezember 2011 die Macht. 30 bis 50 Prozent für freien Markt «Die Bauern werden einen Anreiz haben, mehr Nahrung zu produzieren», sagte eine mit den Plänen vertraute Person, die namentlich nicht genannt werden wollte. «Sie können dann etwa 30 bis 50 Prozent ihrer Ernte behalten und selbst verkaufen, je nach Region.» Am Dienstag dürfte demnach die Oberste Volksversammlung - das regierungshörige Parlament des Landes - zusammentreten und über die «wirtschaftlichen Anpassungen» debattieren. Grössere Reformschritte würden dabei jedoch nicht erwartet. Die Angaben konnten von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Der Insider hat in der Vergangenheit jedoch zutreffende Informationen über Nordkorea geliefert, so etwa 2006 über einen kurz bevorstehenden Atomtest wie auch über den Aufstieg von Kim Jong Uns Onkel Jang Song Thaek. Reis-Preis mehr als verdoppelt Jang war kürzlich nach China gereist, dem einzigen grossen Verbündeten Nordkoreas. Dies war als Schritt zur Vorbereitung von Reformen verstanden worden. Auch Kim selbst deutete Anfang August bei einem Besuch im Nachbarland eine wirtschaftliche Öffnung an. Durch einen Handel mit China könnte Nordkorea die Folgen der internationalen Sanktionen abmildern, die wegen seines Atomprogramms verhängt wurden. Die Regierung in Peking hat ihrerseits grosses Interesse an Reformen in Nordkorea. Sie befürchtet, dass die Krise dort Tausende Nordkoreaner über die Grenze treiben könnte. Einer Oppositionsgruppe zufolge ist der Preis für Reis in Nordkorea in diesem Sommer stark gestiegen. Ende August habe er mehr als doppelt so hoch gelegen wie Anfang Juni, berichtete die von Exil- Nordkoreanern betriebene Internet-Seite DailyNK. Hintergrund sei auch die Furcht vor einer Reform mit verheerenden Auswirkungen wie die der Landeswährung im Jahr 2009. Damals verloren die meisten Menschen ihre Ersparnisse. Auch diese Angaben konnten nicht überprüft werden. Nicht von Hungersnot erholt Nordkoreas Wirtschaft hat sich nie von einer schweren Hungersnot in den Neunzigerjahren erholt, bei der schätzungsweise eine Million Menschen starben. In der Landwirtschaft haben die Abholzung und falsche Anbautechniken die Böden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Sie sind damit auch anfälliger für Überschwemmungen - so diesen Juni und Juli geschehen - und benötigen dringend Dünger. Grundsätzlich braucht Nordkorea Experten zufolge pro Jahr etwa 5 Millionen Tonnen Getreide und Kartoffeln. Seit den Neunzigern lag die Produktion jedoch in einer Spanne zwischen 3,5 und 4,7 Millionen Tonnen. Das Welternährungsprogramm (WFP) wies im August darauf hin, dass die Mahlzeiten der nordkoreanischen Bevölkerung fast nur aus Mais und Reis bestehen. Insbesondere Proteine und Fette fehlten. Trotz der starken Orientierung an China wurde den Kreisen zufolge für Nordkorea jetzt bewusst der Begriff der «wirtschaftlichen Anpassungen» gewählt statt «Reform und Öffnung», dem bekannteren Motto des nördlichen Nachbarn. «Es wird nicht 'Reform und Öffnung' heissen», sagte der Insider. «Das klingt auf Koreanisch wie 'Hundefurz'.»
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