Nino Niederreiter und die Erlösung in der NHL
Dem Schweizer Stürmer Carolinas gelingt das erste Saisontor – die Last, die von den Schultern fällt, ist förmlich zu spüren.

Zehn Spiele ohne Treffer, das ist für einen Stürmer, der sich nicht nur, aber vor allem übers Toreschiessen definiert, eine kleine Ewigkeit. Gerade zu Saisonbeginn, wenn diese hässliche Null in den Statistikblättern einfach nicht verschwinden will. «Dafür werde ich schliesslich bezahlt: dass ich skore. Es ist frustrierend, wenn die Pucks nicht reingehen», sagt Nino Niederreiter.
Nun ist der Puck eben endlich rein, in Spiel Nummer 11, beim 4:0-Heimsieg gegen die Chicago Blackhawks im Samstagmittag-Spiel in Raleigh, North Carolina, der Heimat der Hurricanes. «Und das ist grossartig für mich. In solchen Situationen beginnst du irgendwann, über viel zu viele Dinge nachzudenken – ich bin froh, habe ich dieses erste Tor endlich hinter mir.»
Am Ende wird es ein 2-Punkte-Abend für den Churer, es kommt noch ein Assistpunkt dazu. Er wird zum «3. Star» der Partie gewählt, in der Garderobe versammelt sich ein gutes Dutzend Journalisten rund um den Schweizer – so schnell geht es, um wieder im Mittelpunkt zu stehen …
Und hätten in der Schlussphase die deutlich überlegenen Hurricanes gegen die sich ihrem Schicksal ergebenden Blackhawks nicht drei Mal die Torumrandung getroffen und weitere Topchancen vergeben, Niederreiter hätte gut und gerne ein weiteres Tor und zwei bis drei weitere Assistpunkte sammeln können. Doch das ist sekundär – Hauptsache, diese Null ist nun weg.
«Momentum» oder nicht – irgendetwas passierte
Dieses Spiel gegen die Blackhawks, es ist einmal mehr ein Beweis, wie sehr ein Phänomen wie dieses sogenannte «Momentum» existiert – oder wie auch immer man diesen schwer erklärbaren Vorgang benennen will. Den Begriff «Momentum» wollen ja nicht wenige ins Reich der Märchen verbannen.
Doch für den Schweizer Flügelstürmer verläuft dieses Mittagsspiel eben genau so: Zu Beginn deutlich von der Verunsicherung geprägt, fehlt ihm das Selbstvertrauen. Im einen der ersten Shifts des Spiels hätte er eine gute Torchance bei einer 1-gegen-1-Situation in der Angriffszone. Hätte. Denn der Churer bricht seinen Move, mit dem er den Verteidiger umspielen will, mitten in der Bewegung ab. Der Puck ist weg, Niederreiter dreht ab – es scheint der Beginn eines weiteren frustrierenden Spiels.

Er tut das, was in solchen Situationen ein Stürmer tun kann: In der Defensive aufmerksam bleiben, wenigstens hinten nichts anbrennen lassen. Im Startdrittel schon gelingt Niederreiter ein simples, aber wichtiges Backchecking, er vereitelt damit eine gute Chance Chicagos. Sein Coach Rod Brind'Amour, früher als Spieler selbst der Typ harter Arbeiter, lobt nach dem Spiel genau diese Szene.
Der Anruf bei der Mentaltrainerin
Der Churer versuchte zuletzt einiges, um endlich dieses erste Saisontor zu schiessen. Er glaubt daran, dass in solchen Situationen etwas verändert werden muss: «Irgendwas.» Genau darum ruft er noch am Vortag seine Mentaltrainerin in der Schweiz an, mit ihr arbeitet er seit vielen Jahren. Er sucht in diesem Gespräch nach diesem «Irgendwas», das in der Denkweise eben anders gemacht werden könnte. Um Eishockey geht es in diesen Diskussionen nur selten.
Ob da ein Zusammenhang mit dem ersten Tor nun, am Tag danach, hergestellt werden kann? Diese «Mind Games», diese Gedankenspiele sind schwer nachvollziehbar. Doch was nach seinem Tor zum 2:0 passiert, ist das: Niederreiter ist plötzlich im Spiel, das Selbstvertrauen ist spürbar, es gelingen nun auch Offensivaktionen, der Puck verspringt nicht mehr.
Es kommt der Assistpunkt beim 3:0, es könnte noch mehr kommen, das «Momentum» ist nun auf seiner Seite. Das freut auch den Coach: «Nino hatte sich zuletzt unter Druck gesetzt», sagt Brind'Amour. «Ich bin froh für ihn und sein Tor. Genau das hat er gebraucht.»
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