New Yorker Muslime unter Generalverdacht
Die New Yorker Polizei hat seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 im grossen Stil Informationen über Studentengruppen und Moscheen gesammelt – zum grössten Teil mit verdeckten Ermittlern.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat die New Yorker Polizei nach Recherchen der Nachrichtenagentur AP grosse Teile der muslimischen Gemeinde von New York mit geheimdienstlichen Methoden überwacht. Die als «Demografische Einheit» bezeichnete Abteilung der Polizei soll von Informanten und über verdeckte Ermittler Informationen zu über 250 Moscheen und muslimischen Studentengruppen gesammelt haben.
Viele der von der AP gesichteten Dokumente sind mit dem Vermerk «geheim» versehen. Sie zeigen, wie zahlreiche unschuldige Menschen bei der Suche nach Terroristen ins Visier der Behörden gerieten.
Nachdem die Polizei über 250 Moscheen in New York identifiziert hatte, erforschte sie deren ethnische Ausrichtung, wer ihre führenden Persönlichkeiten waren und welche Beziehungen sie zu anderen muslimischen Gruppen unterhielten. Gesammelt wurden diese Informationen von Informanten und Polizisten in Zivil. Anschliessend wurden anhand dieser Erkenntnisse Moscheen ausgewählt, die genauer überwacht werden sollten, wie ein Beamter mitteilte, der an der Aktion beteiligt war.
Viele mögliche Gründe für eine strengere Überwachung
So identifizierte die Polizei 53 Moscheen, die sie für bedenklich hielt, und schleuste dort Informanten und verdeckte Ermittler ein, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Viele dieser Moscheen wurden mit kriminellen Aktivitäten in Verbindung gebracht, etwa Menschenschmuggel, Geldwäsche und Finanzierung der Hamas. Andere wurden auf die Liste gesetzt, weil sie Beziehungen zum Salafismus, einer sehr strengen Auslegung des Islam, haben. Andere wurden aufgrund ihrer «Rhetorik» auf die Liste gesetzt, wie es in den Dokumenten heisst.
Zwei Moscheen wurden wegen ihrer Verbindung zur Al-Ashar-Universität unter die Lupe genommen, jener Kairoer Universität, die als eine der ersten und wichtigsten islamischen Institutionen die Anschläge vom 11. September verurteilte. Ein enger Berater von Ex-US-Präsident George W. Bush besuchte die Universität 2005 und lobte sie für ihren Mut.
Mit einigen Vertretern der überwachten Moscheen stand New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg bei Terminen bereits Seite an Seite und lobte sie als Verbündete im Kampf gegen Terrorismus.
Ein mitgehörtes Gespräch reichte als Anfangsverdacht aus
Den Dokumenten zufolge identifizierte die Polizei in New York 263 Gefahrenherde. Neben Moscheen finden sich auf der Liste auch Geschäfte, in denen unversteuerte Zigaretten verkauft wurden oder in denen ein als aufrührerisch empfundenes Gespräch mitgehört wurde. Bei anderen Geschäften auf der Liste ist die angebliche kriminelle Verbindung nicht offensichtlich. Ein bengalisches Restaurant steht beispielsweise auf der Liste, weil die Polizei dort eine «gläubige Kundschaft» aus einer nahe gelegenen Moschee ausmachte. Die Moschee selbst galt den Polizisten aber nicht als Gefahrenherd. Auf der Liste der Aktivitäten, die gegen das Restaurant angeführt wurden, steht auch, es sei ein «beliebter Treffpunkt für politische Aktivisten».
Weiter überwachte die Polizei sieben muslimische Studentenorganisationen, die in den Unterlagen als «an der Universität beheimatete Studentengruppen mit einer islamischen Ausrichtung und Beteiligung an religiösen und politischen Aktivitäten» beschrieben wurden. Auf zwei Organisationen hatten die Ermittler ein besonderes Auge, weil sie salafistische Sprecher hatten und auf eine weitere, weil sie als «politisch aktiv und radikalisierend» angesehen wurde.
Seit die AP erstmals über das Vorgehen der New Yorker Polizei berichtete, haben mehrere muslimische Bürgerrechtsgruppen sowie eine New Yorker Kongressabgeordnete vom Justizministerium die Einleitung einer Untersuchung verlangt, weil die Polizei ihrer Ansicht nach aufgrund rassistischer Kriterien ermittelte. Die New Yorker Polizei hatte nach den Anschlägen auf das World Trade Center einen intensiven Ermittlungsdienst aufgebaut, der auch weit über die Stadtgrenzen hinaus operierte.
dapd/pbe
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