New Yorker Marathon abgesagt
Darf man nach der Katastrophe laufen? Ja, sagte New Yorks Bürgermeister tagelang nach dem Supersturm Sandy. Nach heftiger Kritik kam nun der Rückzieher.

Zum ersten Mal seit vier Jahrzehnten wird es in diesem Jahr keinen New-York-Marathon geben. Nur 35 Stunden vor dem Startschuss am Samstag ist der Klassiker für dieses Jahr abgesagt worden. «Wir möchten nicht, dass ein schaler Nachgeschmack über dem Lauf oder seinen Teilnehmern hängt», erklärten New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg und OK-Chefin Mary Wittenberg. Zuvor hatte es scharfe Kritik gegeben, weil der Lauf nur wenige Tage nach dem Wirbelsturm «Sandy» mit fast 100 Toten geschmacklos sei und zu viele Kräfte binde.
«Wir können keine Kontroverse über ein sportliches Ereignis zulassen, die die Aufmerksamkeit ablenken würde von all der wichtigen Arbeit, um New York wieder aufzubauen und unsere Stadt wieder in die Spur zu bringen», heisst es in der kurzen Erklärung. Gleichzeitig wurde der seit 1970 jährlich stattfindende Lauf als «integraler Teil des Lebens dieser Stadt» gewürdigt.
«Der Marathon hat unsere Stadt immer zusammengebracht und uns inspiriert», hiess es weiter. In der Tat hatte der Lauf jedes Jahr stattgefunden - auch 2001, nur wenige Wochen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Für dieses Jahr wurden 47'000 Läufer und zwei Millionen Schaulustige erwartet. Dabei ist der Lauf mehr als ein Sportereignis: Tausende Läufer sind zum Beispiel in Kostümen unterwegs.
«Das war ein unglaublich schwerer Entscheid», sagte Mary Wittenberg. «Läufer aus der ganzen Welt haben Monate für dieses Ereignis trainiert. Dass sie sich jetzt die Kritik zuziehen würden, wäre nicht fair.»
New Yorks stellvertretender Bürgermeister Howard Wolfson sagte, dass über eine Verlegung gesprochen worden sei. «Wir haben das diskutiert. Wir haben auch über eine verkürzte Route diskutiert, etwa eine Zehn-Meilen-Strecke. Aber das wäre nicht unser Marathon.» Zum New-York-Marathon gehöre es, dass er durch alle fünf Stadtteile führe.
Der Marathon habe aus der Schusslinie genommen werden müssen, sagte Wolfson. «Wenn zwei New Yorker zusammen sind, haben sie drei Meinungen. So sind wir, wir streiten gern. Das gilt nicht beim Marathon. Ich kenne niemanden, der ihn nicht liebt. Das schien sich gerade zu ändern und das durften wir nicht zulassen.»
Bei dem verheerenden Wirbelsturm «Sandy» waren in der Nacht zum Dienstag etwa 40 Menschen in New York getötet worden. Tausende sind obdachlos, Hunderttausende waren auch Tage später noch ohne Strom und Wasser. Auch Benzin ist extrem knapp. Der Marathon hätte nicht direkt durch das Katastrophengebiet geführt, aber die Versorgung der Läufer ist aufwendig.
Bloombergs anfängliche Verteidigung des Laufs hatte New Yorks Senatorin Liz Krueger als eklatanten Fehlentscheid kritisiert. «Er bindet erhebliche Kräfte. In keinem der Bezirke läuft es auch nur annähernd normal», hatte sie der «New York Times» gesagt. James Molinaro, der Chef des Stadtbezirks Staten Island, war noch deutlicher geworden: «Mein Gott. Was wir hier haben, ist schrecklich, eine Katastrophe. Wenn sie laufen wollen, lasst sie für sich selbst laufen. Das ist nicht die Zeit für eine Parade.»
Bloomberg hatte hingegen von einer «grossartigen Veranstaltung für New York» gesprochen. «Jene, die wir verloren haben, hätten wohl gewollt, dass wir eine Wirtschaft und eine Stadt haben, die für die Hinterbliebenen weitermacht.» Einer Studie zufolge beschert das Rennen New York normalerweise etwa 340 Millionen Dollar Umsatz.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch