New York vs. Uber
Die Metropole schränkt den Fahrdienst immer mehr ein. Es geht um Staus, Mindestlöhne – und Suizide von Taxifahrern.

Anschnallen! Uber und Lyft werden noch höhere Verluste einfahren! So warnten Analysten Anfang Jahr, bevor New York als erste US-Stadt einen gesetzlichen Mindestlohn für die Fahrer und eine Stauabgabe beschloss. Nun liegen die ersten Resultate vor, die Warnung erscheint übertrieben. Weder Uber noch Konkurrent Lyft verloren wegen der höheren Preise Kunden. Die Nachfrage stieg sogar weiter an, während traditionelle Taxis vier Jahre nach der Zulassung von Uber gerade noch 31 Prozent des Marktes in New York halten.
New York ist der wichtigste Markt für die digitalen Fahrtenvermittler, und einer der schwierigsten. Als erste Stadt in den USA führte New York im Februar einen gesetzlichen Mindestlohn von 17,22 Dollar ein, rund 3 Dollar mehr als die Fahrer zuvor verdient hatten. Gleichzeitig beschloss Bürgermeister Bill de Blasio eine Stauabgabe von 2,75 Dollar pro Tag. Und schliesslich untersagte er Uber und Lyft, neue Fahrer einzustellen.

Mit diesen Restriktionen versuchte die Stadt zum einen, die Zunahme von Staus in Manhattan, die Uber- und Lyft-Fahrer verursachten, zu bremsen. Erhebungen hatten nämlich gezeigt, dass 40 Prozent der Fahrer in den Stosszeiten ohne konkreten Auftrag in den Strassen kreisen, um Kunden zu finden. Zu lösen hofften die Behörden aber auch das Schicksal des Taxigewerbes. Acht Suizide von stark verschuldeten Taxifahrern im letzten Jahr allein hatten die Stadt aufgeschreckt, und Uber- und Lyft-Fahrer zu Solidaritätsbewegungen veranlasst. Die Limitierung auf rund 80'000 Fahrer soll nun um ein weiteres Jahr bis im August 2020 verlängert werden.
Mehr Preismacht als angenommen
Uber und Lyft bekämpften diese Limiten mit allen Mitteln, verloren aber das Kräftemessen mit der Stadt und hoben die Preise dieses Frühjahr zwischen 10 und 20 Prozent an. Offen blieb dabei, ob die Nachfrage sinken und die Kunden auf traditionelle Taxis umsteigen würden. Doch keine dieser Befürchtungen ist eingetreten. Gemäss der städtischen Taxikommission sind die Folgen kaum messbar. Lyft etwa meldete einen Rückgang der Fahrten in den ersten drei Monaten nach dem Preisaufschlag von nur 0,4 Prozent. Uber meldete einen Rückgang von 8,0 Prozent, doch ist dies mit dem sinkenden Marktanteil gegenüber Lyft zu erklären.
Uber-Chef Dara Khosrowshahi ist auf jeden Fall erleichtert: Der gesetzliche Mindestlohn habe den Kunden einen «ziemlich heftigen Preisaufschlag» beschert, räumte er ein, «doch für uns ist New York gemessen an den steigenden Dollarzahlen noch immer eine einträgliche Sache.» Für die UBS-Analysten ist das Fazit der Preiserhöhung klar: «Uber und Lyft haben eine grössere Preismacht, als die Investoren glauben.»

Dies bestätigen auch Untersuchungen zum Verhalten von Kunden und Fahrern. Eine Studie der Universitäten Yale und Los Angeles zeigt zum Beispiel, dass Fahrer viel ausgeprägter auf höhere Preise reagieren als die Kunden. Steigen die Löhne um 10 Prozent, so arbeiten die Fahrer 20 Prozent mehr, um sich den höheren Verdienst zu sichern. Steigen aber die Fahrpreise um 20 Prozent, so sinkt die Nachfrage der Kunden nur um 5 Prozent. Wegen dieser unterschiedlichen Preissensitivität sollten Uber und Lyft damit rechnen, dass sie ihre Finanzlage einfacher mit höheren Preisen als mit tiefen Löhnen verbessern können, meint der Ökonom und ehemalige Chefberater von Präsident Obama, Austan Goolsbee.
Uber und Lyft sind aber weit davon entfernt, profitabel zu werden. Beide meldeten im ersten Quartal dieses Jahres Verluste von über einer Milliarde Dollar und erlitten mit ihren Börsengängen einen argen Dämpfer. Gedeckt werden die Verluste vorderhand noch von den Investoren, die vor den Börsengängen nahezu 20 Milliarden Dollar in die Firmen gepumpt hatten.
Am Wendepunkt zu Festangestellten
Neben New York droht auch Kalifornien die beiden Firmen härter anzupacken. Gestützt auf einen Gerichtsentscheid vom letzten Jahr, der die Aufwertung der Fahrer zu Angestellten verlangte, stimmte das Parlament kürzlich einem weitreichenden Gesetz zu. Es fordert, dass Uber und Lyft den Fahrern die gleichen Nebenleistungen von einer Krankenversicherung bis zu einer Pensionskasse bieten, die Festangestellte erhalten.
Eine solche Besserstellung könnte Uber im Jahr 500 Millionen und Lyft 290 Millionen Dollar kosten, schätzt die Investmentbank Barclays. Das Gesetz sei «ein Torpedo gegen die Gig-Wirtschaft», meint Analyst Dan Ives. Für Uber und Lyft stelle es ein «klares Langzeitrisiko dar, weil ihr Geschäftsmodell nicht vorsieht, die Fahrer als Angestellte zu behandeln.»
Noch versuchen Uber und Lyft das Gesetz abzuschwächen und zu verhindern, dass es zum Modell für andere demokratische Bundesstaaten wie New York, Massachusetts und Washington wird. Doch der Druck der Gewerkschaften sei gross genug, dass ein verschärftes Gesetz zustande komme, meint der Arbeitsrechtsökonom William Sokol. «Wir sind an einem Wendepunkt angelangt».
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