Neues Design und alte Probleme bei Sony
Das neue Xperia XZ2 soll ein Neuanfang werden. Wir haben es ausprobiert.
Was für ein Kontrast! Anfang Woche publizierten wir den Test der neusten Fotokamera von Sony und waren voll des Lobes. Die Kamera lässt die Konkurrenz in vielen Bereichen alt aussehen. Ja, die Kamera habe ich mir sogar privat gekauft.
Das wird mit dem neusten Sony-Handy, dem XZ2 (850 Franken), nicht passieren. Wo die Fotokamera innovativ und mutig wirkt, wirkt das Smartphone derselben Firma uninspiriert und mindestens einen Schritt zu spät.
Mitte Woche publizierten wir eine Liste mit 7 Meilensteinen der Handy-Fotografie und staunten, was sich in den letzten fast 20 Jahren getan hat und wie gut die Minikameras inzwischen sind. Obwohl in mehreren dieser Handys Fotosensoren von Sony steckten, schaffte es kein Sony-Handy in die Liste. Das ist alles keine Überraschung.
Am neuen Xperia XZ2 zeigt sich das Problem von Sony symptomatisch. Vor zwei Jahren hätte man das Handy als Triumph und gelungenes Comeback feiern können:
Das Handy ist schnell, das Metall-Glas-Design ist elegant, die Kamera schiesst gute Fotos, der Akku hält einen Tag, und die Android-Software wurde nicht unnötig mit Müll überfrachtet. Dafür gehen auch über 800 Franken in Ordnung.
Hätte ich damals geschrieben. Doch heute gibt es für dasselbe Geld Handys, die mehr können, und für weniger Geld gibt es Handys, die sich nicht vor dem XZ2 zu verstecken brauchen.
Drei Punkte lohnt es sich trotzdem genauer anzuschauen:
Das neue Design
Sony-Handys sind kantig und haben sehr viel Rand um den Bildschirm herum. Daran erkannte man die Smartphones der Japaner seit Jahren. Mit dem XZ2 weicht Sony von dieser jahrelangen Tradition ab. Verglichen anderen Sony-Handys, hat das XZ2 deutlich weniger Rand um den Bildschirm herum. Verglichen mit den neusten Handys anderer Hersteller, hat das Sony aber immer noch sehr viel Rand um den Bildschirm herum.
Die zweite Neuerung: Das Handy hat runde Kanten, und selbst die Rückseite ist gewölbt. Damit liegt das Handy gut in der Hand, aber schlecht auf dem Tisch, wie der Kollege vom «Spiegel» auf hypnotische Weise vorführte:
Kommt dazu, dass das XZ2 schneller als Handys mit flacher Rückseite von nicht ganz waagrechten Flächen rutscht. Das gilt übrigens auch für Drahtlos-Lade-Docks.
Gewöhnungsbedürftig ist der sehr weit unten auf der Rückseite platzierte Fingerabdrucksensor. In den ersten paar Tagen dürfte man öfter an die Kamera als an den Sensor fassen. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Auch wenn man dem Sensor im Power-Knopf an der Kante – eine Eigenheit vergangener Sony-Handys – ein bisschen nachtrauern darf.
Die Kamera
Dass das XZ2 ohne Doppelkamera alt aussieht, weiss auch Sony. Darum hat die Firma bei der Präsentation im Februar angekündigt, im nächsten Handy dann immerhin eine Doppelkamera zu verbauen. Dass das XZ2 Premium mit Doppelkamera dann just parallel zum Verkaufsstart des XZ2 offiziell vorgestellt wurde (wann es in die Schweiz kommt, ist noch unklar), dürfte den Verkaufszahlen des XZ2 keinen Gefallen tun.
Aber streuen wir nicht zusätzlich Salz in die Wunden und schauen uns die Kamera des XZ2 an. Im Guten wie im Schlechten erinnert sie an die Kameras früherer Sony-Handys.
Sie ist sehr solid und zuverlässig. Eine Kompaktkamera im Handyformat. Wer auf Schnappschüsse aus ist, dürfte nicht enttäuscht werden. Dass das Handy keine zweite Zoomkamera hat, wird aber umso deutlicher, da die eine Kamera noch eine Spur weitwinkliger ist als die anderer Handys.
Keine Freude ist dagegen die Kamera-App, die ruckelt und so langsam wie unfertig wirkt. Zum Glück fallen die fertigen Fotos in der Regel deutlich besser aus, als es die verschwommene und teils falsch belichtete Vorschau vermuten lässt. Dieses Problem dürfte Sony aber per Software-Update reparieren können. Beim letztjährigen XZ1 Compact gab es im Test überhaupt keine Probleme damit.
Insgesamt dürfte man aber von der Firma hinter so fantastischen Fotokameras wie der neuen A7 deutlich mehr erwarten.
Die Vibrationen
Ein letztes Detail, das unsere Aufmerksamkeit verdient, ist der Vibrationsmotor. Hier kann man Sony nicht genug gratulieren. Die Firma verbaut nämlich nicht einen winzigen und horrend surrenden Motor, wie er in anderen Android-Handys steckt, sondern von der Technologie her etwas Ähnliches wie Apple in den neuen iPhones. Ich habe mich hier schon einmal ausführlich über dieses surrende Ärgernis ausgelassen.
Im Alltag bedeutet das, dass das XZ2 beim Tippen nicht bei jedem Buchstaben hörbar surrt und auch sonst viel dezenter und präziser vibriert als Android-Konkurrenten.
Noch nutzen wenige Apps die damit möglichen haptischen Feedbacks. Das ändert sich wohl erst, wenn grosse Android-Hersteller auf diese Technologie setzen. Trotzdem ein grosses Bravo an Sony, dass sie diese unscheinbare und schlecht vermarktbare Technologie einsetzen.
Was das restliche Handy angeht, gibt es nichts auszusetzen. Der Akku hält gut einen Tag, der Bildschirm gefällt, und die technischen Innereien sind auf dem neusten Stand, sodass das Handy auch in ein paar Jahren noch flott laufen dürfte.
Einen Kopfhöreranschluss sucht man übrigens, wie bei immer mehr Handys, vergebens. Dass nun auch die Erfinder des Walkmans darauf verzichten, spricht Bände. Dass mit Android 8 statt 8.1 nicht die allerneuste Software auf dem Handy läuft, dürfte im Alltag kaum jemandem auffallen. Ideal ist es allerdings nicht. Zumal das Handy bei Googles Treble-Projekt dabei ist und so schneller mit Updates versorgt werden sollte.
Fazit: Das XZ2 ist ein schönes und alltagstaugliches Smartphone. Man muss aber schon ein grosser Sony-Fan sein, um sich für das XZ2 begeistern zu können. Fürs selbe Geld bekommt man bei der Konkurrenz ambitioniertere und vielseitigere Smartphones. Wären wir in der Schule, gäbe es insgesamt ein «Gut», aber beim Fleiss nur knapp ein «Genügend».
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