Neuer Gegenvorschlag zur Pädophilen-Initiative
Die Pädophilen-Initiative verlangt für Pädosexuelle ein lebenslanges Arbeitsverbot mit Kindern. Dem Ständerat geht dieses Anliegen zu weit. Er lanciert deshalb eine abgeschwächte Version.

Zur Pädophilen-Initiative, die für verurteilte Pädophile ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot mit Kindern fordert, liegt nun doch ein direkter Gegenvorschlag vor. Der Ständerat will den Gerichten etwas mehr Spielraum lassen. Der Nationalrat unterstützt die Initiative.
Das Anliegen der zweiten Volksinitiative der Organisation Marche Blanche ist erneut ein emotionales. Wer sich an Kindern oder Abhängigen vergangen hat, soll nie mehr eine Tätigkeit ausüben dürfen - ob beruflich oder ehrenamtlich -, die ihn mit Kindern oder Abhängigen in Kontakt bringt. Dies fordert die Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen».
Unverhältnismässiger Automatismus
Einigkeit herrschte im Ständerat darüber, dass der Schutz von Kindern vor Pädosexuellen wichtig sei. Allerdings anerkannten auch die meisten Räte, dass der vorgeschlagene Automatismus gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip - ein verfassungsmässiges Grundrecht - verstösst. Einzelfälle würde nicht mehr einzeln beurteilt.
«Das ist keine Nuance, sondern Grundlage des staatlichen Handelns», sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Der Bundesrat lehnt die Initiative ab und schlägt in einem indirekten Gegenvorschlag Verschärfungen im Gesetz vor. Der Ständerat beschloss bereits früher die Nein-Empfehlung.
Abstimmungstaktik im Ständerat
Trotz juristischer Bedenken seien die Chancen aber «intakt», dass das Volk die Initiative annehme, sagte Urs Schwaller (CVP/FR). Aufgrund der Emotionalität des Themas sei eine Annahme gut möglich, fügte Markus Stadler (GLP/UR) stellvertretend für mehrere Gegner der Initiative hinzu.
Abstimmungstaktische Überlegungen prägten folglich die Debatte. «Nur mit einem direkten Gegenentwurf kann dem Volk aufgezeigt werden, dass die Politik die Kinder vor Pädophilen schützen will», sagte Martin Schmid (FDP/GR). Einen solchen griffigen Gegenvorschlag glaubt der Ständerat nun verabschiedet zu haben.
Er hiess heute mit 27 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung einen Entwurf seiner vorberatenden Rechtskommission gut. Dieser verlangt ebenfalls ein Tätigkeitsverbot bei «strafbaren Handlungen einer gewissen Schwere» gegen Kinder und Abhängige. Die Mindestdauer betrüge zehn Jahren, möglich sein soll aber auch ein lebenslängliches Verbot. Zudem wird ein Kontakt- und Rayonverbot verankert, das die Initiative nicht enthält.
Gegenentwurf auf Verfassungsstufe gehoben
Im Grunde handelt es sich bei diesem Vorschlag um nichts anderes als um die Kernelemente des indirekten Gegenvorschlags des Bundesrats, nur auf Verfassungsebene. Damit soll der Vorschlag mehr Gewicht erhalten, um vor dem Volk neben der Initiative bestehen zu können.
Das Vorgehen erntete aber auch Kritik. Géraldine Savary (SP/VD) setzte sich für den Vorschlag des Bundesrats ein, da dieser Weg der effizienteste und schnellste sei. Über ein verschärftes Gesetz könnten Kinder rasch besser geschützt werden.
Der Ständerat handelte indes nach dem Motto «das eine tun und das andere nicht lassen»: Den indirekten Gegenentwurf hiess er nämlich auch gleich gut, einstimmig und mit nur geringfügigen Änderungen gegenüber der Bundesratsversion. Allerdings können diese Änderungen nun auch unabhängig von der Initiative in Kraft treten.
In diesen Änderungen im Strafrecht werden die Regeln für ein 10-jähriges Tätigkeitsverbot bei schweren Sexualstraftaten gegen Minderjährigen präzisiert, ebenso ein Kontakt- und Rayonverbot. Zudem soll damit die Grundlage geschaffen werden für einen speziellen Strafregisterauszug, mit dem Bewerber für die Arbeit mit Kindern ihre Unbescholtenheit beweisen müssten.
Nationalrat schon in einer Woche
Als nächstes ist nun der Nationalrat wieder an der Reihe, der die Initiative vor einem halben Jahr unterstützt hatte. Zum überraschenden Resultat kam es nicht zuletzt deshalb, weil sich der Rat nicht auf einen direkten Gegenvorschlag einigen konnte. Nach dem Ständeratsentscheid muss er sich nun nochmals äussern.
Puncto Gesetzesänderungen verfolgt der Nationalrat ebenfalls ein anderes Vorgehen als der Ständerat: Er will lediglich die Verschärfungen zum Kontakt- und Rayonverbot sowie zum Sonderstrafregisterauszug sofort umsetzen. Alles, was die Initiativ-Forderung betrifft - namentlich das Tätigkeitsverbot -, will er bis nach einer Abstimmung auf Eis legen.
In einer Woche ist das Geschäft bereits wieder in der grossen Kammer auf der Tagesordnung.
SDA
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