«Nein, Roger tut mir nicht leid»
James Blake schwärmt nach seinem grössten Sieg von den Olympischen Spielen und relativiert die Krise von Federer. Dieser würde ihm Gold gönnen.
Das bittere Olympia-Aus für Roger Federer war die grosse Stunde von James Blake. Im neunten Anlauf gelang dem Harvard-Absolventen, der stets einer der gesprächigsten Verlierer nach Federer-Matches gewesen war, endlich der erste Sieg. Und das tat dem Redefluss des 28-Jährigen keinen Abbruch. Auf die Frage, ob es ihm für Federer leid tue, musste er lachen. Er werde wegen Mitgefühl mit dem Schweizer keine schlaflose Nacht verbringen: «Roger wird wahrscheinlich trotzdem als der beste Spieler in die Geschichte eingehen. Vermutlich wird er in seinem Privatjet zurückfliegen, es scheint ihm ganz gut zu gehen, seine Nächsten schauen glücklich und gesund aus. Nein, Roger tut mir nicht leid.» Dieser Kommentar mag, aus dem Zusammenhang gerissen, etwas despektierlich tönen. So war er aber nicht gemeint.
Blake spricht stets in höchsten Tönen über Federer, und der Respekt ist gegenseitig. Als der Amerikaner im Sommer 2004 während eines Trainings am Sandplatzturnier in Rom ausrutschte, mit dem Kopf gegen den Netzpfosten prallte und eine schwere Verletzung erlitt, war Federer der erste Spieler, der sich bei ihm meldete und ihm gute Besserung wünschte, als er im Spitalbett lag. Es war der Tiefpunkt in der Karriere von Blake, den gestrigen Sieg bezeichnete er nun als einen der zwei schönsten Momente, nebst dem Davis-Cup-Triumph mit den USA. Olympiagold wäre noch eine Steigerung. Dazu muss er noch Fernando Gonzalez (ATP 15) und Rafael Nadal (2) oder Novak Djokovic (3) bezwingen.
«Kein schlechtes Jahr für Federer»
«Blake ist ein guter Typ, ich hoffe, er gewinnt das Turnier», sagte Federer. Der New Yorker erklärte sich seinen Sieg mit dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit: «Wenn man genug oft gegen Federer spielt, erwischt auch er irgendwann einen schlechten Tag. Das ist nun passiert.» Er habe schon viele schlechte Tage gehabt, der Gründe dafür gebe es viele: «Man hat nicht gut geschlafen, vielleicht geht einem etwas durch den Kopf. Vielleicht hatte man Streit mit der Freundin. Und manchmal weiss man nicht warum.» In den Kanon, dass nun die Ära des Schweizers vorbei sei, mochte er nicht einstimmen: «Er ist bald nur noch die Nummer 2 der Welt, okay. Aber dass nun alle von einem schlechten Jahr sprechen, nachdem er zwei Major-Finals erreicht hat, zeigt vor allem eines: wie hoch die Erwartungen an ihn sind.» Er jedenfalls glaube, dass der US-Open-Titel über Federer führen werde.
Seine ersten Olympischen Spiele geniesst Blake nicht nur wegen seiner Resultate in vollen Zügen: «Selbst wenn ich in der ersten Runde verloren hätte, wäre es eine Erfahrung gewesen, die ich nie vergessen hätte.» Nachdem er die erste Nacht in Peking im Hotel verbracht hatte, packte er seine Siebensachen und zog ins Athletendorf: «Im Hotel fühlte es sich an wie an irgendeinem anderen Tennisturnier. Als ich dann zum ersten Mal im Athletendorf ass, wusste ich, dass ich richtig entschieden hatte. Man sieht an den anderen Tischen die Freude und die Erwartungen der anderen. Das gibt einem Energie.» Am meisten beeindruckt zeigte er sich vom Zuschauen beim Badminton. Vor dem gestrigen Spiel besuchte er die Schwimmwettkämpfe, um sich von Michael Phelps inspirieren zu lassen. Es nützte.
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