Nationalrat lehnt 1:12-Initiative ab
Einhellig verurteilten die Redner im Nationalratssaal heute die Exzesse bei manchen Managerlöhnen. Eine klare Mehrheit befand aber, ein staatlicher Eingriff in die Lohngestaltung sei nicht legitim.

Der Nationalrat empfiehlt die Juso-Initiative «1:12 – Für gerechte Löhne» zur Ablehnung. Mit 110 zu 59 Stimmen ist er als Erstrat der Empfehlung des Bundesrats gefolgt. Die Ratsmehrheit sieht in staatlich festgelegten Löhnen einen Verstoss gegen die Wirtschaftsfreiheit. Die Initiative verlangt, dass in einem Unternehmen der höchste Lohn das Zwölffache des tiefsten Lohns nicht überschreiten darf. Das Volksbegehren war im März 2011 von den Jungsozialisten (Juso) mit über 113'000 gültigen Unterschriften eingereicht worden.
Exzessive Löhne wurden in der Debatte zwar allseits eingeräumt und auch verurteilt. Die angestrebte Einschränkung gehe aber zu weit, sei nicht praxistauglich und werde bei den Unternehmen zu Abwanderung oder zur Auslagerung von Abteilungen mit tiefen Löhnen führen, warnten die Bürgerlichen. Ein staatlicher Eingriff in die Lohngestaltung sei nicht legitim.
Schwierige Umsetzung
Überdies wäre die Umsetzung der Initiative schwierig, sagte Kommissionssprecher Philipp Müller (FDP/AG). Sie sei willkürlich und lasse viele Fragen offen und würde die Falschen treffen.
Ähnlich sieht es auch der der Thurgauer Unternehmer Peter Spuhler (SVP). Werde das Volksbegehren angenommen, so führe dies zu Arbeitsplatzverlagerungen; zudem seien gravierende Auswirkungen auf Sozialwerke und die Steuereinnahmen zu erwarten.
«Müsste Roger Federer seiner Sekretärin dann eine Million Franken Lohn zahlen?», warf Peter Keller (SVP/NW) in die Runde. Auch der Zürcher Grünliberale Thomas Maier bemühte den Sport beziehungsweise Fussballclubs, um die in seinen Augen unsinnigen Folgen einer Annahme der Initiative zu illustrieren.
Krankhafte Gier
Für Linke und Grüne hingegen sind es die teils krassen Lohnunterschiede, die wirtschaftsfeindlich sind und im Volk für Unruhe sorgen. Sie möchten, dass auch bei den Manager-Löhnen wieder mehr die Leistung im Vordergrund steht. Die krankhafte Gier und die Fehlleistungen der Abzocker hätten die Welt mit der Finanzkrise nahe an den Abgrund gebracht.
Dabei, so ist der Zürcher Grüne Balthasar Glättli überzeugt, wären auch die Reichsten der Welt in einer fairen Gesellschaft glücklicher.
Der Bundesrat teilt zwar die Einschätzung der Juso, dass die in den letzten Jahren beobachtete Entwicklung zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen führen könnte. Er geht jedoch davon aus, dass die bestehenden und geplanten politischen Massnahmen als Gegenmittel ausreichen.
Gefragt seien «Einsicht, Anstand und Mut – keine 1:12- Initiative», sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Die Initiative sei kein geeignetes Mittel, um gegen überrissene Löhne vorzugehen.
Andere Instrumente
Auch die Ratsmehrheit befand, dass unter anderem bereits mit der Revision des Aktienrechts – dem indirekten Gegenentwurf zur Abzocker-Initiative – Massnahmen gegen Lohnexzesse ergriffen wurden.
Der indirekte Gegenvorschlag sieht keine Lohnobergrenzen und keine Bonussteuer vor. Vielmehr sollen die Aktionäre die Lohnexzesse in den Teppichetagen stoppen können, etwa mit Abstimmungen über die Lohnbezüge des Top-Managements.
Das revidierte Aktienrecht tritt in Kraft, wenn die Initiative «gegen Abzockerei» des parteilosen Schaffhauser Ständerats Thomas Minder an der Urne abgelehnt wird. Das Volk dürfte nächsten März darüber befinden.
Die Löhne thematisiert auch der Gewerkschaftsbund mit seiner Initiative «Für den Schutz fairer Löhne». Die Gewerkschaften verlangen einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde oder 4000 Franken pro Monat (42-Stunden-Woche). Der Bundesrat lehnt auch dieses Volksbegehren ab. Das Parlament hat sich noch nicht geäussert.
Vor allem Verdienst der VR-Präsidenten angewachsen
Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie von PriceWaterhouseCoopers (PwC) ergab, dass die Chefs der 20 grössten Unternehmen in der Schweiz letztes Jahr ein Viertel weniger verdient haben als noch im Jahr 2007 vor der Finanzkrise. Umgekehrt verlief laut PwC die Entwicklung bei den Verwaltungsratspräsidenten: Sie verdienten im vergangenen Jahr 25 Prozent mehr als 2007.
SDA/mw
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