Nadal passt einfach nicht zu Federer
Roger Federer hat den Australian-Open-Halbfinal gegen Rafael Nadal nicht verloren, weil er der schlechtere Spieler ist, sondern weil die Waffen des Spaniers ihn genau an seinen wunden Stellen treffen.

Roger Federers Angriff auf den 17. Grand-Slam-Titel seiner Karriere ist zum achten Mal hintereinander gescheitert. Ein Grund, die Waffen zu strecken und die Verbesserung des eigenen Rekordes abzuhaken? Nein! Federer hat den Australian-Open-Halbfinal gegen Rafael Nadal nicht verloren, weil er schlecht spielte, sondern weil der Spanier zum einen seine beste Partie seit dem French-Open-Endspiel 2011 ablieferte und zum anderen der denkbar undankbarste Gegner für ihn ist.
Wer selbst Tennis oder einen ähnlichen Sport wie Squash oder Badminton spielt, weiss, dass es beim Duell Mann gegen Mann auf dem Court oft nicht auf die absolute spielerische, mentale und konditionelle Stärke ankommt, sondern darauf, wie der Gegner in das eigene System passt. Dass Nadal Federers Spiel mehr entgegenkommt als umgekehrt, ist kein Geheimnis. Der Tennis-Linkshänder aus Manacor auf Mallorca ist gerade dann gefährlich, wenn er in die Defensive gedrängt wird und von dort aus seine unberechenbaren Passierbälle abfeuern kann. Und genau das passiert gegen einen offensiven Ballkünstler wie Federer immer wieder.
Wenn Federer überhaupt eine Schwäche hat, dann liegt sie vielleicht darin, dass er sich bei allem Respekt für Nadal damit schwertut, dass dieser manchen Ballwechsel gewinnt, obwohl er nicht agiert, sondern reagiert. Mit jedem unmöglichen Ball, der zurückkommt, steigt der Verdruss des Angreifers, und irgendwann lässt er sich dazu verleiten, zu viel Risiko einzugehen. Federers 63 unerzwungene Fehler gegen Nadal zeugen von dieser Problematik. Die Einschätzung vieler Experten, dass Nadal für Federer der bessere Halbfinal-Gegner sei als Novak Djokovic, hat sich als Trugschluss erwiesen.
Wäre Federer ein normaler Tennisspieler, dann müsste man wohl konstatieren, dass ihm mit seinem 30 Jahren allmählich die Zeit davonläuft. Federer ist aber kein normaler Tennisspieler, und er verfügt über eine Physis, um die ihn selbst der vor Energie strotzende Nadal und der einem Gummimenschen gleichende Djokovic beneiden. Drei Jahre kann der grösste Schweizer Sportler der Geschichte sicher noch auf höchstem Niveau spielen. Das heisst, dass ihm weitere elf, zwölf Chancen bleiben, sein Grand-Slam-Konto aufzustocken, vielleicht sogar bis zur Traummarke von 20 Titeln.
Der grösste Gegner, den Federer dabei hat, heisst weder Nadal noch Djokovic. Es ist vielmehr der Druck, den sich der Tennis-Maestro selber macht, und sein Perfektionismus, der ihn in unglücklichen Situationen hadern lässt, wenn Nadal und Djokovic einfach nur rennen und kämpfen. Am nächsten Major-Turnier, dem French Open, kann Federer ohne den Druck spielen, der ihn in Melbourne gegen Nadal phasenweise arg zu belasten schien. Dann ist er der Aussenseiter, der einfach nur spielen kann. Und wer weiss, vielleicht hält er schon am 10. Juni in Roland Garros den Pokal in den Händen.
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