Nach dem Urteil: Gerüchte über Herzinfarkt
Der ehemalige ägyptische Präsident Hosni Mubarak ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Anschluss hat der 84-Jährige offenbar einen Zusammenbruch erlitten.
Ein Gericht in Kairo hat den ehemaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak wegen seiner Rolle bei der Tötung von Hunderten Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 84-Jährige nahm den Urteilsspruch mit steinernem Gesichtsausdruck entgegen.
Auf dem Weg zum Gefängniskrankenhaus erlitt Mubarak offenbar einen Zusammenbruch. Das ägyptische Staatsfernsehen und die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichteten, der 84-Jährige habe eine «gesundheitliche Krise» erlitten. Dem staatlichen Internet-Fernsehsender Nile News zufolge hatte Mubarak einen Herzinfarkt. Das konnte jedoch zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.
Er weigerte sich unter Tränen
Zuvor hiess es aus Sicherheitskreisen, Mubarak habe sich unter Tränen gegen seine Einweisung ins Gefängnis gewehrt. Er habe die Beamten angefleht, ihn zurück in das Militärkrankenhaus zu bringen, wo er seit Beginn des Prozesses am 3. August in einer Präsidentensuite untergebracht war.
Seine Eskorte habe 30 Minuten gebraucht, um Mubarak schliesslich doch dazu zu bewegen, den Hubschrauber, mit dem er zum Gefängnis gebracht worden sei, zu verlassen. In der Haftanstalt Tora im Süden der Hauptstadt sitzen auch seine beiden Söhne ein.
Politisches Urteil?
Minuten nach der Urteilsverkündung brach ein Handgemenge zwischen Mubarak-Anhängern und -Gegnern im Gerichtssaal und davor aus. Auf lebenslänglich dürfte Richter Ahmed Rifaat wohl auch deshalb entschieden haben, um weiter aufkochende gesellschaftliche Spannungen vor der polarisierenden Stichwahl um das Präsidentenamt zu vermeiden. Gegenüber stehen sich dabei der letzte Ministerpräsident unter Mubarak, Ahmed Shafik, und ein Kandidat der Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi.
Mubarak, der erste arabische Staatschef, der sich in seinem eigenen Land vor Gericht verantworten musste, nahm das Urteil schweigend entgegen. Er lag auf einer Krankenbahre hinter Gittern im Gerichtssaal, seine Augen waren hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckt, seine Stirn war gerunzelt. Mubaraks einst so mächtigen Söhne, Gamal und Alaa, hatten dunkle Augenringe und schienen ihre Nervosität nur schlecht verbergen zu können. Mubaraks Ältester Alaa flüsterte Verse aus dem Koran.
Proteste vor dem Gerichtssaal
In der Öffentlichkeit war im Vorfeld der Urteilsverkündung häufig die Todesstrafe für Mubarak gefordert worden. Viele fürchteten einen Freispruch. Tausende Bereitschaftspolizisten hatten die Polizeiakademie, in der der Prozess stattfand, abgeriegelt, um Demonstranten und Angehörige der Opfer davon abzuhalten, den Gerichtssaal zu stürmen. Nach dem Urteil begannen Demonstrationen in Kairo und weiteren Städten. Hunderte hatten sich zu der Urteilsverkündung, die vom ägyptischen Staatsfernsehen live übertragen wurde, vor dem Gebäude versammelt. Sie schwenkten ägyptische Fahnen und skandierten «Vergeltung». Einige breiteten Plakate mit Mubaraks Antlitz auf dem Asphalt aus und liefen darüber.
Mubarak und seine beiden Söhne wurden von dem Vorwurf der Korruption freigesprochen, doch die Söhne müssen sich zusätzlich noch wegen des Vorwurfs des Insiderhandels verantworten. Der ehemalige Aussenminister Habib al-Adly wurde wegen seiner Rolle bei den Tötungen von Demonstranten wie Mubarak zu lebenslanger Haft verurteilt. Sechs weitere Beschuldigte wurden freigesprochen.
«30 Jahre der Dunkelheit»
Richter Rifaat beschrieb die Ära Mubarak als «30 Jahre der Dunkelheit» und einen «finsteren Albtraum», der erst geendet habe, als das Volk sich gegen Mubarak erhoben habe. Rifaat, der nun in den Ruhestand geht, sagte, Mubarak und al-Adly hätten nichts unternommen, um die Tötungen von 850 Demonstranten während der 18-tägigen Massenproteste zu verhindern.
Die am 16. und 17. Juni anstehende Stichwahl um das Präsidentenamt zwischen Shafik und Mursi hat im Vorfeld der Urteilsverkündung die Spannungen zwischen den politischen Gruppen weiter angeheizt. Es ist die Wiederauflage des Machtkampfs zwischen der über Jahrzehnte unter Mubarak verbotenen Muslimbruderschaft und den mächtigen Militärs.
Wie sein Mentor Mubarak machte Shafik als Luftwaffenoffizier Karriere. Ein Freispruch für den Expräsidenten hätte nach Ansicht einiger Beobachter aber seine Chancen auf den Präsidentenposten stark schmälern können.
sda/dapd/AFP/rbi
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