Baselbieter StrafgerichtNach dem Prozess gabs für den Sieger eins auf die Nase
Eine Frau behauptet, ihr Ex-Mann habe sie vergewaltigt. Dank heimlicher Tonaufnahmen wird sie wegen falscher Anschuldigung verurteilt. Das bringt ihren Sohn zum Ausrasten.

Wüste Szene am Strafjustizzentrum in Muttenz: Nachdem das Gericht eine 39-jährige Marokkanerin wegen einer falschen Anschuldigung gegen ihren Ex-Mann verurteilt hat, verliert deren Sohn die Fassung. Mit einem präzisen Fausthieb auf die Nase schlägt der 18-Jährige seinen ehemaligen Stiefvater vor dem Gerichtsgebäude zu Boden. Das berichteten mehrere Medien am Dienstag.
Aussergewöhnlich war an diesem Prozess nicht nur das Nachspiel, das für den Jugendlichen weitreichende Folgen haben könnte, weil er gemäss «bz» nur unter der Auflage einer Integrationsvereinbarung in der Schweiz bleiben darf. Er lebt in einer betreuten Wohngruppe und muss sich jetzt wohl wegen leichter Körperverletzung verantworten. Aussergewöhnlich war der Fall auch, weil die Angeklagte zunächst als Klägerin die Strafbehörden einschaltete.
Die Frau beschuldigte ihren damaligen Ehemann, einen Schweizer, der sexuellen Nötigung beziehungsweise der Vergewaltigung. 2018 soll der Mann aus Therwil sie an zwei Abenden besucht und zu sexuellen Handlungen beziehungsweise zum Beischlaf gezwungen haben. Die entsprechende Anzeige erstattete sie just vor Ablauf der zweijährigen Frist, nach der ihr Mann die schon länger beabsichtigte Scheidung einreichen konnte. Seit 2016 lebten die Ehegatten getrennt. Sie haben einen gemeinsamen Sohn. Geheiratet hatten sie 2009 in Marokko.
Heimliche Tonaufnahmen als Beweismittel
Dass es an diesen Abenden zu sexuellen Handlungen gekommen ist, bestritt der Ex-Mann nicht, der auf die Anzeige mit einer Gegenanzeige wegen falscher Anschuldigungen und versuchter Freiheitsberaubung reagierte. Sie seien aber einvernehmlich gewesen, sagte er und legte dem Gerichtspräsidenten Robert Karrer zum Beweis entsprechende Audio-Aufnahmen vor.
Pikant: Das rund neun Stunden umfassende Tonmaterial hatte der Mann mit einem alten Handy in der Jackentasche ohne das Wissen der beschuldigten Frau aufgenommen. Er habe geahnt, dass an diesen Abenden «etwas Polizeiliches» geschehen könnte, sagte er vor dem Einzelrichter aus.
Dass heimliche Tonaufnahmen in der Regel vor Gericht nicht als Beweismittel verwendet werden dürfen, liess Karrer in diesem Fall nicht gelten. Das öffentliche Interesse an der Aufklärung des Falls sei höher zu gewichten als das private Interesse der Angeklagten. Immerhin habe die Frau ihren damaligen Mann einer schweren Straftat beschuldigt, was für ihn auch zu Untersuchungshaft hätte führen können.
4000 Franken als Genugtuung
Die Aufnahmen würden aber unmissverständlich aufzeigen, dass es zu keinen sexuellen Handlungen unter Zwang gekommen sei, befand der Richter und sprach die Angeklagte der falschen Anschuldigung und versuchten Freiheitsberaubung schuldig. Sie erhält eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten und eine ebenfalls bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 80 Franken. Die Probezeit beträgt zwei Jahre. Zusätzlich muss sie dem Geschädigten eine Genugtuung von 4000 Franken sowie eine Entschädigung von gut 5300 Franken bezahlen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die «bz» schreibt, noch im Gerichtssaal habe die Verurteilte angekündigt, in Berufung zu gehen.
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