Nach 65 Jahren sind die Nürnberger Prozesse museal aufbereitet
Hauptkriegsverbrecher des zweiten Weltkriegs wurden während den Nürnberger Prozessen belangt. Nun entsteht am selben Ort ein Museum, das Exponate jener Prozesse ausstellt.
Am Samstag ist es 65 Jahre her, dass Hermann Göring, Rudolf Hess, Joachim von Ribbentrop und 18 weitere Hauptkriegsverbrecher der Nazizeit in Nürnberg auf die Anklagebank mussten. Einen Tag nach diesem Jahrestag, am Sonntag, wird an dem historischen Ort ein Museum eröffnet, das an die für das Völkerrecht wegweisenden Nürnberger Prozesse erinnert. Bundesaussenminister Guido Westerwelle (FDP) wird zusammen mit dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow und Vertretern der drei anderen Siegermächte USA, Grossbritannien und Frankreich anwesend sein.
Das Memorium als Meilenstein
Memorium heisst die neue Dauerausstellung, die ab Montag auch für die Allgemeinheit öffnet. Für die Stadt Nürnberg ist es ein weiterer Meilenstein in der Aufarbeitung der eigenen Geschichte: In der fränkischen Metropole fanden nach der Machtergreifung Adolf Hitlers von 1933 bis 1938 die Reichsparteitage statt, die für die Nationalsozialisten zu einem wichtigen Propagandainstrument wurden.
Seit 2001 erinnert ein Dokumentationszentrum daran, mit an die 200.000 Besuchern im Jahr ist das Zentrum ein grosser Erfolg geworden. Das Memorium soll nun den Bogen schlagen von der Vorgeschichte des NS-Terrors zu dessen Aufarbeitung nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945.
Optimale Lage
Dass Nürnberg 1945 überhaupt zum Prozessort wurde, hing weniger mit der Geschichte der Stadt zusammen als vielmehr mit logistischen Vorteilen. Das Justizgelände war trotz des Kriegs praktisch unversehrt. Und vor allem lag das Gefängnis direkt neben dem Gericht, weshalb keine Fluchtversuche oder Sabotageakte bei Gefangenentransporten drohten.
Durch einen Tunnel waren beide Gelände verbunden. Mit einem Aufzug ging es dann direkt aus dem Tunnel auf die Anklagebank im Saal 600. Bis heute ist dieser Zustand so erhalten, weshalb der grösste Saal des Nürnberger Justizpalastes nach wie vor für wichtige Prozesse genutzt wird und Angeklagte durch denselben Tunnel gehen wie damals die NS-Kriegsverbrecher.
Der Saal 600
Weil sich aus dem In- und Ausland viele für den Saal 600 interessierten, gab es in den vergangenen Jahren bereits Führungen. Meistens waren diese wegen laufender Prozesse nur am Wochenende möglich. 20.000 Menschen im Jahr kamen trotz dieser provisorischen Bedingungen, weshalb die Macher des Memoriums nun einen rapiden Anstieg der Besucherzahlen erwarten.
Das Memorium ist im über Jahrzehnte ungenutzten Dachstuhl des Justizpalasts für insgesamt 4,9 Millionen Euro eingerichtet worden, direkt über dem Saal 600. An verhandlungsfreien Tagen kann auch der Saal besichtigt werden, ansonsten gibt es im Memorium Fenster mit Blick in den Saal.
Der Prozess auf 700 Quadratmetern
Die neue Dauerausstellung, in der die Geschichte der Prozesse aufgearbeitet wird, ist auf vier Räume und 700 Quadratmeter Fläche verteilt. Der mit 350 Quadratmetern grösste Raum widmet sich dem Hauptkriegsverbrecherprozess. In den drei anderen kleineren Räumen geht es um die Nachfolgeprozesse gegen Ärzte, Juristen oder SS-Angehörige und um die juristische Bedeutung der Nürnberger Prozesse, die zum Vorläufer des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag wurden.
Wer sich dem Memorium widmen will, sollte allerdings lesefreudig sein oder zuhören mögen. Es gibt neben dem Sitzungssaal nur vier Ausstellungsstücke aus der Zeit der Prozesse: Zwei Teile der damaligen Anklagebank, eine Kiste zum Transport von Dokumenten sowie der elektronische Schaltschrank, mit dem die Stromversorgung im Saal gesteuert wurde. Ansonsten informieren Texttafeln, Bildtafeln sowie Film- und Tonmaterial über die Nürnberger Prozesse und ihre Vorgeschichte. Ein Audioguide ist im Eintrittspreis von fünf Euro aber bereits inklusive.
AFP/ran/ul
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