Nach 26 Jahren: Trudi Wyss gibt «Passage» ab
Thun. Auf Ende Jahr hat sie nun ihren Pachtvertrag gekündet. Doch ganz lassen kann sie
«26 Jahre lang hat Frau Trudi Wyss in ihrem gemütlichen Lokal alle Gäste verwöhnt und sie liebevoll bewirtet. Für alle hatte sie ein offenes Ohr und hat mit ihrer liebevollen Art viel Gutes getan.» So beschreiben die Gäste des Tea Rooms Passage an der Gerberngasse in Thun die Wirtin Trudi Wyss. Auf Ende Jahr hat sie den Pachtvertrag für das Lokal gekündigt. «Im Oktober bin ich 79 Jahre alt geworden und habe nun das Bedürfnis, etwas kürzerzutreten», erklärt die rüstige Wirtin, deren Alter überrascht, wenn man sieht, mit wie viel Elan sie ihr Lokal führt. Von Biel nach Thun «Ich war bereits 53 Jahre alt, als ich das Passage übernahm», erinnert sich die langjährige Pächterin. Sie habe schon immer den Wunsch gehabt, ein Lokal zu führen und Gäste zu bewirten. «Als meine drei Kinder erwachsen waren, beschloss ich, mir diesen Wunsch zu erfüllen. Ich hatte Bekannte in Thun, die mir den Hinweis gaben, dass das Tea Room Passage zu vermieten sei.» So kam Trudi Wyss, die zuvor in Biel gelebt hatte, nach Thun. Das Passage stand anfangs unter keinem guten Stern – innerhalb kurzer Zeit hatte es vier Mieterwechsel gegeben. Trotzdem wagte Wyss den Sprung ins kalte Wasser. Denn abgesehen von der obligatorischen Wirteprüfung brachte sie keine Berufserfahrung aus dem Gastgewerbe mit. Dass ihre Arbeit im Tea Room zu einer 26-jährigen Erfolgsgeschichte werden konnte, lag vor allem an ihrem persönlichen Einsatz. «Ich habe wenn möglich immer alles selber gebacken und beispielsweise jeden Tag frische belegte Brote gemacht, auf die mir nie ein Geliersulz gekommen wäre», erzählt Wyss. Sie habe halt alles so gemacht, wie sie es auch für sich Zuhause gebacken und gekocht hätte. Fertigprodukte sind der passionierten Köchin ein Gräuel. So hat Wyss ihre Kunden bis heute mit selbst gemachter Hausmannskost verwöhnt. Heute Freitag schliesst sie das Lokal. Eine Wohlfühloase Ein weiterer Teil ihres Erfolgsgeheimnisses lag darin, dass sich die Leute im Passage offensichtlich sehr wohl fühlten. «Ich habe kein ganz junges Publikum angezogen. Die meisten meiner Gäste waren Frauen in meinem Alter, und die schätzten meine Arbeit sehr.» Einmal habe eine Kundin ihren Mann mitgebracht, erinnert sich Wyss. «Sie wollte ihrem Gatten zeigen, wo ihre Wohlfühloase sei, damit er besser verstehe, warum sie so oft ins Passage kam.» Solche Erlebnisse hätten ihr immer wieder Kraft gegeben, um in all den Jahren, in denen sie praktisch nie Ferien hatte, weiter zu machen. «Manchmal wurden die Tage schon lang», gibt Wyss zu. Von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends arbeitete sie durchgehend im Passage, danach ging es zum Lebensmitteleinkauf in den Grossmarkt. Und an ihrem einzigen freien Tag, dem Sonntag, musste die Wäsche gemacht werden. Mit gemischten Gefühlen «Wenn ich an diese strenge Zeit denke, gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge», sagt Trudi Wyss. Ein paar Tage einfach nur faulenzen zu können, darauf freue sie sich. Trotzdem: Ganz verlassen will sie das Passage noch nicht. «Dieser Tage werde ich das Lokal dem neuen Besitzer übergeben.» Nach der Renovation des Café Passage und nach der Wiedereröffnung Mitte Februar 2011 werde sie dann noch weiter im Tea Room mithelfen. «Ich hoffe sehr, dass meine alte Kundschaft auch im neuen Jahr dem Passage die Treue hält.» So viel werde sich auch nicht ändern, betont Wyss. Vieles, was sie mit Erfolg eingeführt hatte, werde voraussichtlich auch von den neuen Besitzern beibehalten. Bewegtes Leben Für Trudi Wyss, die gebürtige Österreicherin, die als Kind den Zweiten Weltkrieg in Polen miterlebt hatte, weil ihr Vater als Bahnangestellter dorthin versetzt worden war und danach in die Schweiz kam, stellt die Zeit im Passage nicht nur eine Episode in einem ereignisreichen Leben, sondern die Erfüllung eines lang gehegten Traumes dar. «Dass das alles möglich wurde, verdanke ich nur meinen Gästen, die mir jahrelang die Treue hielten. Ihnen möchte ich ganz herzlich danken», sagt Wyss.Therese Krähenbühl>
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