Muslime prangern die Diskriminierung in der Schweiz an
Islamophobie protestiert.
Gegen 1000 Muslime kommen am Samstagnachmittag zum «Tag gegen Islamophobie und Rassismus» auf den Bundesplatz. Sie sind dem Ruf des Islamischen Zentralrates Schweiz (IZRS) gefolgt und nach Bern gepilgert. Neben der Bühne pumpen junge, bärtige Männer ein Minarett aus Kunststoff auf. «Free Minaret» steht in Anspielung auf die angenommene Anti-Minarett-Initiative darauf. Überall patrouillieren islamische Sicherheitsleute, ab und zu tauchen Kantonspolizisten auf. Verschleierte Frauen bieten an Ständen islamische Gewänder an. Eine ältere Besucherin lässt sich zeigen, wie man ein Kopftuch umbindet. Doch die wenigen nichtislamischen Besucher – meist Rentner – zeigen kaum Interesse daran, sich zu informieren oder sogar mit den verschleierten Muslim-Frauen zu diskutieren. «Ich fühle mich um verschleierte Frauen herum nicht sehr wohl. Wenn ich mit jemandem rede, will ich das Gesicht sehen», sagt eine Buchhändlerin. Dann stöbert sie an einem Infostand und steckt einige Broschüren in ihr Einkaufswägeli. «Vielleicht kann ich die Literatur ja für die Bibliothek gebrauchen», sagt sie und steigt in den Bus ein. Blancho: Pizzerias verbieten Gegen 15 Uhr, mit einer Stunde Verspätung, beginnt die Kundgebung. Auf der Bühne vor der Nationalbank kritisiert IZRS-Präsident Nicolas Blancho die Islamfeindlichkeit der Schweiz: «Muslime dürfen nicht wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden, wir sind ein Teil der Gesellschaft», ruft Blancho seinen Brüdern und Schwestern zu. Und: «Wenn die Schweizer den Islam nicht dulden wollen, dann müssen sie auch die Pizzerias verbieten.» Diese Worte bringen den interessehalber anwesenden Daniel Zingg, Präsident des Komitees gegen die Islamisierung, auf die Palme: «Das ist eine Frechheit, weil es die Muslime nirgends besser haben als in der Schweiz.» Eine Pizza habe im Unterschied zu einem Minarett etwa keinen religiösen Hintergrund. Zurück zum Rednerpult: Nora Illi vom IZRS-Frauendepartement fordert bessere Chancen auf dem Stellenmarkt für Musliminnen, die sich verschleiern. Es dürfe nicht sein, dass eine Muslimin eine Stelle nicht erhalte, nur weil sie ein Kopftuch trage. Während der Pause ruft IZRS-Vorstandsmitglied Oscar Bergamin zum Gebet auf. Die Frauen werden dafür in Räume des Hotels Kreuz geschickt. Auf dem Bundesplatz beten einige Hundert Männer, in der vordersten Reihe Nicolas Blancho. Die Muslime verbeugen sich Richtung Mekka und werfen sich nieder. Gebet: Vorschrift missachtet Nach dem Gebet kritisiert IZRS-Vorstandsmitglied Oscar Bergamin die Schweizer: «Ihr betet ja nicht, deshalb stehen eure Kirchen leer.» Und er kritisiert auch die Polizei, welche sich nach dem Gebet im Zelt bei den Organisatoren gemeldet hat. «Beten war ein Teil der Bewilligung», ruft Bergamin auf den Bundesplatz. Doch Daniela Sigrist, Mediensprecherin der Kantonspolizei, stellt auf Anfrage klar: «Das Beten auf dem Bundesplatz war explizit nicht in der Bewilligung enthalten, deshalb haben Beamte die Organisatoren darauf aufmerksam gemacht.» Die Polizei werde nun die Stadt darüber informieren. Lichtshow beginnt verspätet Auch nach dem Ende der Kundgebung und trotz des Betverbotes beten gegen 19 Uhr immer noch zwei Dutzend Männer auf dem hinteren Teil des Platzes zwischen Tischen und Bänken der Verpflegungsstände. Dieses Ritual und die noch nicht abgeräumten Stände nerven viele der Besucher, die zum anschliessend stattfindenden Lichtspektakel «Rendez-vous Bundesplatz» eintreffen. «Leider muss die um 19 Uhr vorgesehene Vorstellung auf 19.30 Uhr verschoben werden», sagt der Speaker. Enttäuschte Zuschauer pfeifen. «Das finde ich total daneben. Wo bleibt die Toleranz der Muslime gegenüber uns Schweizern?», so eine junge Mutter, die mit ihren beiden Kindern auf das Licht- und Tonspiel wartet. «Eine Frechheit», kritisiert ein Mann mit Hut. Dann kommt es zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen Helfern, welche Stände abräumen, und jungen Schweizern, die die Lichtschau sehen wollen: «Verzieht euch endlich», fordert ein junger Berner. IZRS-Vorstandsmitglied Oscar Bergamin hat kein Verständnis dafür: «Die SVP wurde hier ja auch toleriert – zudem habe ich keine Lust auf Diskussionen», sagt er kurz angebunden. Im Unterschied zur Demonstration von 2009 verzichtete der IZRS diesmal auf besonders umstrittene Redner wie Pierre Vogel. Diesem wurde damals die Einreise verweigert. Die Kundgebung vom Samstag verlief ohne grössere Zwischenfälle.Jürg Spori;Demonstration auf dem Bundesplatz Bildstrecke der Kundgebung islamophobie.bernerzeitung.ch >
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