Letzte Bikerparty in SumiswaldMordskrach, Gestank und Rauch – und niemanden stört es
Am Freitag stieg die allerletzte der legendären Bikerpartys in Sumiswald. Trotz Bedauern feierten die Motorrad-Freaks und ihre Fans nochmals kräftig das Töffleben.

Ein Mordskrach, Gestank und Rauch hängen über Festgelände und Zeltstadt auf der Sumiswalder Kleinegg. Doch kein Mensch stört sich daran. Wer den Weg auf den Hügel zwischen Sumiswald und Wasen findet, um mit den «bösen» schwarz gewandeten Motorrad-Freaks zu feiern, der hat Spass daran. Und die Töfffahrer sowieso.
Action ist angesagt
Die Zufahrtsstrasse ist gut ausgeschildert. Links und rechts sind die Felder mit Bändern abgesperrt, auf dass die Besucher ihr Fahrzeug auch wirklich nur an dem für sie vorgesehenen Abhang grasen lassen. Für zehn Franken dürfen sie das tun. Dann folgt man einfach dem ohrenbetäubenden Geknatter, Geheul und Gebrumme, das den Weg zum Bikertreffen weist.

Denn obwohl die Zeltstadt ruht – vor jedem Zelt glänzt eine blitzblank polierte Maschine, sonst könnte man ja meinen, man sei im Pfadilager. Töfflibuben und -modis jagen ihr frisiertes Moped erbarmungslos hügelauf und hügelab. Voll besetzte, dreiplätzige Töffsofas kommen mit beachtlichem Tempo über die Graswege geholpert, zum Gaudi der Fahrgäste.

Schulkinder auf Pocket-Bikes meinen, sie müssten den Grossen nacheifern, und schlängeln sich frech durch die Fussgängermenge. Im Burn-out-Stand lassen ewig junge Biker ihre ausrangierten Räder mit angezogener Bremse und Kupplung Pneus durchwetzen. Das stinkt und heult und raucht wie in der Hölle.

Die Zuschauer freut es. Auf dem Parkplatz stehen schon Hunderte Motorräder in Reih und Glied, beachtlich viele edel gestylte Originale und Oldies. Und ständig kommen weitere dazu, denn es ist Wochenende und Feierabend. Die Party kann beginnen.
Die Bikerparty in Sumiswald war von den Behörden bewilligt worden – im Gegensatz zu einem geplanten Biker-Fest in Thun. Aus Sicht der Kantonspolizei Bern besteht die Gefahr, dass die verfeindeten Gruppen Hells Angels und Bandidos aufeinandertreffen.
Sumiswald war «besonders»
Auf der Outdoor-Bühne werden Gölä, Polo Hofer und Co. gecovert, schön und laut, mitgrölen und tanzen ist erlaubt. Die Sonne brennt, der Schweiss rinnt, wen kümmerts, das Bierzelt ist nah. Superstimmung verbreitet sich, es wirkt, als kennte hier jeder jeden. Das sei so, meint Christoph Mathys, altgedienter Partygänger, mit Töff und Zelt angereist, wie schon elfmal zuvor.

«Kaum 20 Meter gelaufen, kommt schon der Erste: ‹Salü, wie geits?›» Man erzählt sich von Reisen, guten oder schlimmen Erfahrungen, redet über sein liebstes Hobby, den Töff. Und man trinkt etwas, und isst etwas, und hört Musik, und vernimmt News aus der Szene – und nebenbei sei es auch ein wenig ein Heiratsmarkt. «Schade, dass das nun vorbei sein soll», meint er, «so wie in Sumiswald war es nirgends sonst, mit Shows und Gags und so viel Spass, hier wars immer etwas Besonderes!»
Überraschung Glettilade-Championat
Als etwas Besonderes könnte man in der Tat auch den Wettbewerb bezeichnen, der gerade beginnt: Bügelbrett-Werfen, auf «hiesig»: Glettilade-Schiesse. Naturgemäss sind Damen am Werk, drei, vier, fünf Meter weit fliegt das Arbeitsgerät. Bis zu Natascha Oberlis Auftritt: Sie holt aus, und ihr Glettilade segelt sage und schreibe 8,70 Meter weit. Rekordweite! Der Pokal ist ihr gewiss. Dass sie zu Hause geübt habe, streitet sie vehement ab, niemand habe von dieser Disziplin gewusst.

Oberli ist mit Familie und Freundin Sabrina Zaugg von Krauchthal her angereist, sportlich, mit Zelt und Enduro-Maschine. Mutter, Vater und Brüetsch, alle seien Töfffahrer. Klein Natascha kam mit 1-jährig erstmals ans Bikertreffen, fügt ihre Mutter bei. Mit ihren 25 Jahren sei sie also neun bis zehn Mal dabei gewesen. Und nun das letzte Mal! So schade, sind sich alle einig, es sei immer so schön gewesen.
Heimliche Leidenschaft «Burn-out»
«Ich weiss, ich habe einen Flick weg», grinst Reto Schneider, während er einen weiteren, abgefahrenen Pneu auf sein altes Motorrad montiert. Sieben mussten bis jetzt dran glauben, das sieht man an den Strichen auf der Motorhaube. Er mache es halt einfach gern, das «Burn-out», drum komme er seit Jahren her.

Nirgendwo sonst dürfen Männer dieser heimlichen Leidenschaft frönen. Und nun soll diese Spielwiese für ewige Buben, wie er selber sagt, geschlossen werden. Welche Katastrophe, jetzt müssen sie wieder auf der Strasse röhren, wo denn sonst.

Gründungs- und Vorstandsmitglied Hansueli Eggimann bedauert selbst das Ende des von ihm lancierten Volksfestes, denn es sei heute weit mehr als nur ein Töfffahrertreffen. Aber er sei auch nicht mehr 21, und der Anlass sei von einigen Hundert auf mehrere Tausend Besucher gestiegen.

Genau wisse man die Anzahl nie, denn es gibt keine Eintrittskontrolle, sollte es doch ein Begegnungsanlass für Motorradfahrer und Bevölkerung sein. Wegen der komplizierten Auflagen und immer rigoroserer Vorschriften sei es ihnen verleidet, aber die Dead Riders werde es weiterhin geben, und was die Zukunft bringe, werde man sehen.
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