Mit Gelassenheit in der Zeit zurückreisen
Dinge stehen und liegen: Die Kandersteger Gaby und Serge Rieder sind in der letzten Januarwoche als Eismeister und Schneiderin im Einsatz – natürlich in Kleidung von früher.
Dreissig Röcke näht Gaby Rieder für die Angestellten der verschiedenen Hotels in Kandersteg. Damit sehen Portiers, Raumpfleger, Réceptionistinnen und Servicefachangestellte vom 23. bis 29.Januar, während der Belle-Epoque-Woche, aus wie vor 100 Jahren. In diesen sieben Tagen drehen die Kandersteger die Zeit zurück und bieten den Gästen Ferien wie vor 100 Jahren (wir berichteten). Auf dem Programm stehen beispielsweise Kutschenfahrten, Telemark-Unterricht, Nostalgiebobrennen und Curlen mit 100-jährigen Steinen. «Am meisten Spass macht dies, wenn man auch dementsprechend gekleidet ist, dann gehört man richtig dazu», sagt Gaby Rieder. Die 35-jährige Oberländerin war schon an der ersten Austragung der Belle-Epoque-Woche im letzten Januar begeistert von der Idee von Kandersteg Tourismus, in ihrem Dorf die Zeit zurückzudrehen. «Am Anfang sagten viele Kandersteger, das sei doch wie Fasnacht. Sie liessen sich nicht begeistern. Dies hat sich jedoch geändert – viele machen mit und lassen sich einkleiden», sagt Rieder. Die gelernte Schneiderin wollte ihren Teil dazu beitragen: Heuer hat sie darum erstmals einen Kurs angeboten, damit Interessierte für die Woche im alten Stil auch dementsprechend gekleidet sein würden. Der Kurs war schnell ausgebucht, zehn Frauen waren begeistert und nähten an acht Abenden ihr ganz persönliches Kleid für den Anlass. Eine Frau ohne Hut gab es nicht Ganz so einfach war es aber nicht. Auch Gaby Rieder musste sich in die Materie zuerst einlesen und recherchierte im Internet alte Schnittmuster. «Natürlich wusste ich schon einiges über die Zeit der Belle Epoque. Aus der Perspektive der Mode war es jedoch nur eine kurze Epoche. Was danach folgte, waren Kleider in viel üppigerem Stil», erzählt Gaby Rieder. Ihr gefällt der Stil von damals: Schlichte, taillierte Kleider mit kurzem Bolero waren damals aktuell. «Nicht auffällig war der Stil, aber elegant. Und ohne Hut traf man damals auf der Strasse keine Frau an», sagt Rieder und fügt an: «Wenige Jahre später war die Mode viel opulenter, und die Frauen trugen Reifen, damit ihre Kleider grösser und runder aussahen. Das gefällt mir viel weniger.» Jede Teilnehmerin in Rieders Nähkurs habe ein andres Schnittmuster gewählt, in ihrem Stil, sagt die Schneiderin, was danach folgte, war stundenlange Näharbeit während acht Wochen. «Es hat Spass gemacht, jedoch war ich froh, als mir die Schneiderlehrtochter Sarah Steiner zu Hilfe kam, da die Teilnehmerinnen unterschiedliche Nähfähigkeiten hatten.» Zuschneiden, zusammensetzen, nähen und sticken war angesagt. Ob sie noch Zeit finden wird, sich ein eigenes Kostüm zu nähen, weiss sie noch nicht und lacht: «Noch muss ich die Röcke für die Hotelangestellten fertig schneidern.» Einen selbst angefertigten Rock und einen passenden Hut hat sie indes schon. Zeit für mehr Gelassenheit Nebst den alten Kostümen geniesst Gaby Rieder, die auch ihre beiden Kinder Svenja (11) und Noah (9) jeweils einkleidet und mit auf die Zeitreise nimmt, dass «die Menschen in Kandersteg während dieser Woche alles etwas ruhiger und gelassener nehmen». Dem pflichtet ihr Mann Serge bei: «Man lässt auch mal etwas stehen und liegen oder verschiebt gewisse Arbeiten auf die nächste Woche.» Serge Rieder (36) ist Eismeister und während der Belle-Epoque-Woche praktisch rund um die Uhr im Einsatz: Damit können sich die extra angereisten schottischen und einheimischen Curler und Eishockeyspieler auf gut präpariertem Eis einen Wettkampf liefern – wie in guten alten Zeiten. Sarah McGrath-Fogal www.kandersteg.ch/belle-epoque>
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