«Mit dieser Gesellschaft stimmt etwas nicht»
Auch in der vierten Nacht wurden zahlreiche britische Städte von schweren Krawallen erschüttert. David Cameron droht nun mit schwerem Geschütz. In Birmingham kamen drei Personen ums Leben.
Grossbritannien ist in der vierten Nacht in Folge von schweren Ausschreitungen erschüttert worden. Während in London ein Grossaufgebot von 16'000 Polizisten für Ruhe sorgte, kam es andernorts zu chaotischen Zuständen. Vor allem Manchester, Wolverhampton, Nottingham, Leicester, Liverpool und Birmingham waren von den Ausschreitungen und Brandstiftungen betroffen.
Der britische Premierminister David Cameron will angesichts der landesweiten Krawalle in seinem Land alle denkbaren Schritte zur Wiederherstellung der Ordnung ergreifen. Erwogen werde auch der Einsatz von Wasserwerfern, sagte er. Grundsätzlich sei die Polizei jedoch ausreichend ausgerüstet.
Ausbau des Gefängnissystems
Man wolle auch mit dem Ausbau des Gefängnissystems auf die Unruhen reagieren, sagte Cameron. In Teilen der britischen Gesellschaft herrsche vollkommene Verantwortungslosigkeit. Wenn man sehe, wie Jugendliche Geschäfte plündern und dabei lachten, sei klar, dass in der Gesellschaft etwas nicht stimme. «Das ist ein moralisches wie politisches Problem», erklärte Cameron.
Die Londoner Polizei erklärte, ihre massive Präsenz werde mindestens während der kommenden 24 Stunden aufrechterhalten. In den Strassen herrschte in der vierten Nacht seit Beginn der Unruhen gespenstige Ruhe. In Manchester dagegen lieferten sich Hunderte Randalierer Strassenschlachten mit der Polizei und setzten Geschäfte in Brand. Auch aus kleineren Städten wie Leicester, Wolverhampton, West Bromwich und Nottingham wurden Ausschreitungen gemeldet.
In Manchester wurden nach Angaben der Polizei rund 50 Personen festgenommen. «Eines ist absolut klar: Sie haben nichts, wogegen sie protestieren müssten», sagte der stellvertretende Polizeichef Garry Shewan. «Es gibt keine Ungerechtigkeit und kein Ereignis, das das ausgelöst hat.» In London nahm die Polizei bisher 685 Menschen fest. Gegen mehr als Hundert mutmassliche Randalierer wurde Anklage erhoben. Unter den Beschuldigten ist auch ein elfjähriges Kind.
Viele Geschäfte vorzeitig geschlossen
In London hatten viele Geschäfte, Büros und Restaurants aus Sorge vor neuen Unruhen am Mittwochabend vorzeitig geschlossen. In vielen normalerweise belebten Strassen herrschte Stille. Einige Bewohner der Hauptstadt bereiteten sich darauf vor, ihre Häuser und Geschäfte zu schützen. Im Westen Londons formierten sich Anwohner vor einem Sikh-Tempel, um das Gotteshaus gegen Randalierer zu verteidigen.
In Birmingham wurden in den vergangenen Tagen etwa 250 Menschen festgenommen. Die Polizei nahm zudem Ermittlungen bezüglich des Todes von drei Männern auf, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren. Ob der Unfall mit den Ausschreitungen in Verbindung stand, war zunächst nicht klar. Auch wegen Berichten über Schüsse in der Innenstadt wurde eine Untersuchung eingeleitet.
Unterdessen wurden in London Forderungen nach einem robusteren Auftreten der Polizei laut. Der konservative Abgeordnete Patrick Mercer verlangte den Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern. Die Öffentlichkeit wolle ein entschlossenes Handeln sehen, sagte auch der Leiter der Fakultät für Kriminologie an der Universität von Ostlondon, Andrew Silke.
Rechtsextremisten kündigen Patrouillen an
Der Chef der rechtsextremen English Defense League (EDL) kündigte an, die Gruppe wolle Mitglieder auf die Strassen schicken, um die Unruhen in mehreren britischen Städten zu ersticken. So sei geplant, dass in Luton - dem Sitz der Gruppe - aber auch in Manchester und anderen Orten bis zu 1.000 Mitglieder ausrücken sollten, sagte EDL-Führer Stephen Lennon der Nachrichtenagentur AP.
«Wir werden die Unruhen stoppen, die Polizei ist dazu offensichtlich nicht in der Lage», sagte Lennon weiter. Er könne nicht garantieren, dass es keine gewaltsamen Auseinandersetzungen mit randalierenden Jugendlichen geben werde. Einige Mitglieder würden bereits Patrouillen laufen, um Randalierer abzuschrecken. Hunderte weitere würden ihnen am Mittwoch folgen.
SDA/ dapd/jak
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