Fahrt per App buchenMit dem Postauto bis zur Haustür – so soll der ÖV attraktiver werden
Die ÖV-Branche will mehr Kundinnen und Kunden gewinnen. Postauto digitalisiert deswegen nun ein Angebot im ländlichen Raum. Damit ist es möglich, das Postauto je nach Bedarf zu bestellen.

Per App ein eigenes Postauto bestellen: Diesen Service will die Postauto AG in Zukunft vermehrt anbieten. Bereits in 90 Gebieten in der Schweiz gibt es den Bedarfsverkehr von Postauto, den sogenannten On-demand-Verkehr. Und nur in rund 15 dieser Gebiete sind diese Angebote digital angebunden, zum Beispiel in der Region Appenzell. Beim Rest bestellen Kundinnen und Kunden den Bus per Telefon.
«Oft ist die fehlende Digitalisierung ein Grund, warum die Leute nicht mit uns fahren», sagt Mirco Mäder, der bei Postauto für die Weiterentwicklung der Bedarfsverkehre zuständig ist. «Gewisse On-demand-Angebote, wie zum Beispiel Publicar Appenzell, werden aktuell in den ÖV-Apps gar nicht angezeigt.»
Natürlich kommt bei den bestellten Fahrten kein reguläres Postauto, sondern ein Minibus oder ein Taxi. Aber diese On-demand-Touren werden meist von Postauto gefahren. Sie kosten den regulären Fahrpreis, bei den sogenannten Tür-zu-Tür-Angeboten wird zusätzlich ein Komfortzuschlag von 5 Franken fällig.
Branche will mehr Kundinnen und Kunden
Was Postauto hier weiterzuentwickeln gedenkt, passt gut zu den Zielen der Branche. Denn seit Jahren stagniert der Anteil des öffentlichen Verkehrs am gesamten Schienen- und Strassenpersonenverkehr in Bezug auf die Personenkilometer in der Schweiz bei rund 20 Prozent. Die Branche will ihren Marktanteil steigern. Entsprechend offensiv gehen Bahnen und Verkehrsbetriebe das Thema an.

Im Sommer stellte der Verband öffentlicher Verkehr, also die Organisation der ÖV-Betriebe, in einer Studie dar, wie der Anteil des ÖV am Verkehrsaufkommen gesteigert werden soll. Der Hintergrund ist klar: Die Branche sieht sich als Teil der Lösung des Klimaproblems. Damit nun aber mehr Menschen den ÖV nutzen, sei das Angebot an Bussen und Bahnen entscheidend.
Und hier kommt nun das On-demand-Angebot von Postauto ins Spiel. «Wir sind mit dem On-demand-Verkehr Zubringer, bedienen die erste oder letzte Meile», sagt Postauto-Manager Mäder.
Die Ambition des Digitalausbaus: «Wir wollen neue Kundinnen und Kunden gewinnen. Vielleicht verkaufen diese zwar nicht gleich das Auto, wenn wir ein gutes Angebot anbieten. Aber zumindest würden gewisse Fahrten nicht mehr mit dem Auto gemacht», sagt Mäder. Und erklärt: «Wenn ich als Kunde erst mit dem Auto bis zu einer Haltestelle fahren muss, geht der Entscheid, dann gleich für den ganzen Weg das Auto zu nutzen, schneller von der Hand.»
Auto auf dem Land oft unverzichtbar
Das ist das grundsätzliche Problem der Branche: Das Auto hat gerade im ländlichen Raum den Stellenwert, unverzichtbar zu sein. Fährt nur alle Stunde ein Postauto, mit dem ich zudem nur an den nächsten Bahnhof, aber noch nicht an mein Zielort gelange, ist das ein Grund, nicht auf den ÖV umzusteigen.
Deshalb sollen ÖV-Angebote attraktiver werden. Das ist ein Hebel der Branche, damit der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr zunimmt. So wird in der Studie das Thema «neue Produkte» oder «vereinfachter Verkauf» konkret als mögliche Massnahmen genannt. Genau dort setzt Postauto an.
Denn bei der Digitalisierungsoffensive der On-demand-Verkehre von Postauto geht es in erster Linie darum, das zum Teil seit Jahren bestehende Angebot mit einer App den Menschen leichter zugänglich zu machen.
Aber nicht nur: «Wir werden auch neue Gebiete erschliessen, die heute ein normales Postauto als Angebot haben», sagt Mäder. Statt dass ein Bus nach Fahrplan fährt, müssen die Fahrgäste ihre Fahrt dann eigens bestellen.
«Die Umstellung von einem regelmässig fahrenden Postauto auf Bedarfsverkehr wird nicht von allen positiv aufgenommen.»
Doch solche Umstellungen vom normalen Fahrplan auf Ruf-Postautos werden oft stark kritisiert. Damit würde Service public abgebaut, so der Vorwurf.
«Klar, die Umstellung von einem regelmässig fahrenden Postauto auf Bedarfsverkehr wird nicht von allen Kundinnen und Kunden positiv aufgenommen. Auf der anderen Seite muss man auch sagen: Ein Angebot, das direkt vor dem eigenen Haus startet, ist sehr attraktiv», entgegnet Mäder.
Das Ziel: Postauto will dem jeweiligen Kanton ein gutes Angebot machen. Denn diese Regionalverkehre sind abgeltungsberechtigt, werden also von Bund und Kantonen und teilweise den Gemeinden subventioniert. Entsprechend entscheiden diese darüber, was angeboten wird und was nicht.
Tourismus besser einbinden
Doch auch gänzlich neue Gebiete hat Postauto auf dem Radar. So gäbe es Potenzial im touristischen Verkehr, sagt Mäder. Hier sei man etwa im Gespräch mit Bus Alpin, dessen Angebote analog denjenigen von Postauto integriert angeboten werden sollen. Heute bucht man die Fahrt bei Bus Alpin separat.
Bus Alpin hat sich zum Ziel gesetzt, touristisch attraktive Orte, die heute nicht oder nur schlecht an den öffentlichen Verkehr angeschlossen sind, besser zu erschliessen. Das Angebot ist in gewissen Bergregionen zugänglich, fährt also zum Beispiel Wanderer von A nach B.
Eine weitere Möglichkeit zum Ausbau beim On-Demand-Verkehr von Postauto: Es würden sich immer wieder Gemeinden melden, die solche Bedarfsverkehre ihren Einwohnerinnen und Einwohnern bieten möchten.
Diese neuen Angebote könnten helfen, damit der Anteil des öffentlichen Verkehrs wieder einmal steigt – nach Jahren der Stagnation.
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