Mit 55 Milliarden Euro gegen kollabierende Banken
Steuerzahler in Europa sollen nie mehr zahlen müssen, wenn Finanzkolosse zusammenbrechen. Und so sehen die Notfallpläne aus, die in der Nacht beschlossen wurden.

Die EU hat sich auf das Regelwerk für die Schliessung von Pleitebanken geeinigt. Damit werde das Vorhaben der europäischen Bankenunion abgeschlossen, teilten EU-Diplomaten heute Mittwochabend nach gut zwölfstündigen Verhandlungen der EU-Finanzminister in Brüssel mit.
Das Europaparlament muss dem Kompromiss im nächsten Jahr noch zustimmen. Kernstück der neuen Bankenabwicklung ist ein gemeinsamer Topf, der über zehn Jahre hinweg mit Bankengeldern aufgebaut wird.
Ob und wie eine Bank abgewickelt wird, entscheidet ein neues Gremium, dem Vertreter der Mitgliedsstaaten angehören. Die EU-Kommission hat ein Veto-Recht. Besonders umstritten waren unter den Ministern zusätzliche öffentliche Hilfen in der Aufbauphase des gemeinsamen Topfs.
Die Staats- und Regierungschefs hatten zu ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag einen Kompromiss der Finanzminister erwartet. Die Bankenunion ist derzeit das wichtigste Vorzeigeprojekt Europas. Die Finanzminister brauchten mehrere Marathonsitzungen für den Kompromiss.
Kleine Sparer geschützt
Nach der Krise wollen die Europäer für mehr Vertrauen in die europäische Finanzindustrie sorgen. Bei Bankenschieflagen werden verstärkt Aktionäre und Gläubiger in die Pflicht genommen. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in marode Geldhäuser gepumpt.
Die Verhandlungen mit dem EU-Parlament ergaben, dass bei Bankenkrisen Guthaben von kleinen Sparern in einer Höhe von bis zu 100'000 Euro komplett geschützt sind. Auf ihr Geld sollen Bankkunden künftig bereits nach sieben statt bisher zwanzig Werktagen zugreifen können,
Keine Banken-Runs
Mit den Auflagen will die EU auch verhindern, dass es zu «Banken-Runs» kommt, bei denen Kunden angeschlagener Institute panisch ihr Geld abheben - und die Geldhäuser in noch grössere Bedrängnis bringen. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes, sprach von einem wichtigen «Signal für die europäischen Bankkunden.» Das Vertrauen in die Geldhäuser werde gestärkt.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband teilte mit: «Mit dieser Entscheidung gibt es überall in Europa ein einheitliches Mindest-Sicherungsniveau für Einlagen sowie Standards für die entsprechenden Sicherungsfonds. Es ist absolut positiv, dass dabei die besonderen Sicherungssysteme der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe uneingeschränkt erhalten bleiben können.»
Fonds für Bankenabwicklung
Die Eurogruppe legte bereits in der Nacht zum Mittwoch die Kompromisslinien für die Bankenabwicklung fest. Besonders umstritten waren zusätzliche öffentliche Hilfen. Diese sollen gerade in der Aufbauphase des neuen europäischen Bankenabwicklungsfonds notfalls zur Verfügung stehen. «Im Kern sind wir auf dem Wege, eine gemeinsame Lösung zu finden», resümierte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Der Fonds soll innerhalb von zehn Jahren mit Bankengeldern aufgebaut werden und bis zu 55 Milliarden Euro umfassen. Der Fonds könne in der Aufbauphase auch Kredite aufnehmen, falls er klamm sei, so Teilnehmer. Das gepumpte Geld müsse aber letztlich von den Banken nachbezahlt werden.
Für den Abwicklungsfonds sehen die Kassenhüter einen neuen internationalen Vertrag vor; er soll bis Ende Februar kommenden Jahres ausgearbeitet werden. Dem Vernehmen nach hatte vor allem Deutschland auf diese rechtliche Lösung gedrungen. Berlin befürchte Klagen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, hiess es.
Das neue System zur Bankenabwicklung soll von 2016 an kommen. Es muss im kommenden Jahr noch vom Europaparlament gebilligt werden. Es ergänzt die bereits fest vereinbarte europäische Bankenaufsicht, die im November 2014 als erster Pfeiler der Bankenunion starten wird.
SDA/kpn/rbi
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