
Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Wohngemeinschaft und erfahren, dass ein neuer Mitbewohner gern mit dem Feuer spielt. Würden Sie einfach zuwarten und schauen, bis Ihre Wohnung und Ihr Haus abbrennen? In Italien schickt eine Koalition der Populisten sich an, die Macht zu übernehmen, und verbittet sich auf dem Weg zum Ziel jede Einmischung von aussen. Dabei ist die Eurozone auch eine Art Wohngemeinschaft.
Exponenten der neuen Regierung haben schon laut darüber nachgedacht, aus dem Euro auszutreten oder Italiens Schuldenberg nicht mehr zu bedienen. Das ist, als würde jemand mit dem Feuer spielen. Eine Populistenregierung in Rom kann in den nächsten Monaten mit Worten und Taten über diese Wohngemeinschaft hinaus auch für die Weltwirtschaft gravierende Verwüstung anrichten. Einmischen wäre da eigentlich Pflicht. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat es diese Woche gewagt. Der deutsche Politiker sprach die vage Hoffnung aus, dass die Italiener es sich angesichts der Reaktionen auf den Finanzmärkten bei eventuellen Neuwahlen im Herbst noch einmal anders überlegen könnten.
Nun wird es für diesen schnellen Kurswechsel wohl keine Chance geben. So oder so hat Oettinger statt Applaus viel Prügel einstecken müssen, und zwar nicht nur in Rom, sondern auch in Brüssel von seinem Chef Jean-Claude Juncker. Dabei hat Oettinger nur gesagt, was ohnehin offensichtlich ist. Italiens Schuldenberg ist deutlich grösser als die jährliche Wirtschaftsleistung. Das Land ist abhängig von der Stimmung an den Finanzmärkten, hat einen Teil seiner Souveränität verloren. Freiwillig und selbst verschuldet, muss man hinzufügen. Italiens Schuldenberg war zudem schon vor dem Start der Einheitswährung deutlich über der psychologisch wichtigen Hürde von 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Wenn Italiens Populisten in Rom an der Macht zündeln, wie es einzelne ihrer Exponenten im Vorfeld getan haben, könnte Italiens Regierung bald ihren Varoufakis-Moment haben.
In Griechenland versuchte Finanzminister Giannis Varoufakis 2015 nach dem Wahlsieg der linksradikalen Syriza, die Euroländer mit der Forderung nach sofortigem Schuldenerlass zu erpressen. Das ging trotz Geheimplan für einen Austritt aus der Einheitswährung schief. Die Regierung musste vorübergehend Banken schliessen und Kapitalverkehrskontrollen einführen. Dank Varoufakis brauchte Athen zusätzliche Kredite in zweistelliger Milliardenhöhe und kann jetzt zwei Jahre später als ursprünglich geplant aus dem Hilfsprogramm entlassen werden.
Italiens Populisten sollten das griechische Experiment nicht wiederholen. Italien ist um ein Mehrfaches grösser, und die Euroländer taten sich schon schwer, Griechenland zu retten. Eine Neuauflage der Eurokrise mit Italien im Fokus könnte rasch ausser Kontrolle geraten und zum Ende der Einheitswährung führen. Die Zurückhaltung von Juncker ist da ein schlechtes Omen. Dabei hatte der Luxemburger einst eine politische Kommission angekündigt. Mit der extremen Rechten sei weder die Debatte noch der Dialog möglich, hatte er noch vor zwei Jahren verkündet.
Nicht unnötig provozieren und schweigen scheint jetzt in Brüssel und den Hauptstädten das Motto zu sein. In der Hoffnung, dass es am Ende nicht ganz so schlimm kommt. Italiens Populisten könnten diese ängstlichen Signale der Beschwichtigung aber falsch verstehen, als Aufmunterung sehen. Für Klartext aus Brüssel und von den europäischen Partnern könnte es dann irgendwann rasch zu spät sein.
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Wenn Italiens Populisten die Eurozone in Gefahr bringen, hat das gravierende Folgen für die EU und die Weltwirtschaft.