Minderwertige Mehrwertregelung?
Statt das Reglement zur Abgabe des Planungsmehrwerts in Kraft zu setzen, hat es das Stadtparlament zurückgewiesen. Den Antrag dazu hatte unerwartet die Geschäftsprüfungskommission lanciert.

Mangelhaft politisch vorbereitet – zu diesem Schluss kommt eine Minderheit der Geschäftsprüfungskommission. Eine Mehrheit beurteile das vorgelegte Reglement formell als richtig, erklärte GPK-Mitglied Diego Clavadetscher (FDP) am Montagabend. Auch die Mehrheit sei aber der Meinung, dass das Geschäft politisch nicht reif sei, erklärte er im Stadtrat. Kurz: Das Regelwerk, das der Stadtkasse bei Ein-, Um- oder Auszonungen generell 30 Prozent des dabei entstandenen Mehrwerts sichern solle, müsse zurückgewiesen werden.
Selbst wenn sie es gewollt hätten: Die Fraktionen konnten sich zum überraschenden Antrag der GPK nicht äussern. Hätten sie im Vorfeld eine Meinung dazu gefasst, wäre offenbar geworden, dass die Kommissionsmitglieder das Amtsgeheimnis verletzt hätten, stellte Bernhard Marti (SP) fest. Als GPK-Mitglied machte er deutlich, dass seiner Ansicht nach die Vorbereitung ausreichend war.
Materieller Eingriff
SP-Stadtrat Roland Loser auf der einen Seite warf in der anschliessenden Diskussion der FDP vor, die Kommission zu bemühen, um materiell in die Diskussion einzugreifen. Auf der anderen Seite wehrte sich Kommissionsvizepräsident Pascal Dietrich (FDP), dass nirgends festgehalten sei, dass die GPK lediglich formelle Aspekte der Stadtratsgeschäfte prüfen dürfe. Diego Clavadetscher persönlich ortete «erhebliche Mängel» im Reglement: Alle drei Anpassungen gegenüber der Mustervorlage seien zum Nachteil des Bürgers ausgefallen. Es mute beispielsweise seltsam an, dass die Privaten die Kosten der Veranlagungsgebühr selber tragen müssten. Dann sei der Verzugszins mit 5 Prozent angegeben, während der Kanton 3 Prozent verlange.
Der Vollzug, dies ein weiterer Punkt, sei dem Stadtbauamt überantwortet. Wer also gegen eine Verfügung Beschwerde führe, müsse sich an den Gemeinderat wenden – und damit an ein politisches Gremium. Und nicht zuletzt gebe es Diskrepanzen zwischen dem Text im Reglement und den Texten in den Erläuterungen.
Clavadetscher forderte im Namen der Geschäftsprüfungskommission einen Grundlagenbericht ein, der über die Auswirkungen der geplanten Mehrwertabschöpfung Auskunft gibt: Welchen Einfluss hat diese Regelung auf die innere Verdichtung und damit auf eine Zonenplanrevision? Was für finanzielle Folgen? Was passiert, wenn sich auf Stufe des Kantons die Gesetzgebung ändert? Gleichzeitig verlangt die Kommission eine öffentliche Mitwirkung zum Mehrwertabgabereglement.
FDP-Stadträtin Beatrice Lüthi pflichtete dieser Forderung aus juristischer Optik bei: Das strenge Legalitätsprinzip gelte auch im Steuerrecht. Eine solche Regelung müsse demokratisch abgestützt sein. Noch mehr Schützenhilfe aus den eigenen Reihen erhielt Clavadetscher von Stadtratspräsident Urs Zurlinden, der 2010 einen Vorstoss zum Thema lanciert hatte. Er vermisse im Reglement die Regelung der Minderwertabgeltung: Eigentümer sollen nämlich genauso bei Nachteilen durch Umzonungen entschädigt werden.
Wenig Hoffnung
Die Benachteiligung sei bereits übergeordnet kantonal geregelt, erklärte Stadtpräsident Reto Müller (SP). Den Erkenntnisgewinn einer Vernehmlassung zog er in Zweifel, der zuvor für das «schlanke Reglement» eine Lanze gebrochen hatte. «Ich habe lieber jetzt ein Gesetz, das Anpassungen nach sich zieht, als keines.» Eines, das die Lücke schliesse, die sich mit der Änderung des kantonalen Baugesetzes vor einem Jahr aufgetan habe. Eines, das die Unsicherheit beende, die durch diese Lücke entstanden sei. Die GPK verlange Einschätzungen, die aktuell kaum möglich seien. «Viel Hoffnung, dass wir euch die Antworten in einem Grundlagenbericht liefern können, habe ich nicht.»
Den Auftrag hat der Gemeinderat trotzdem gefasst: Eine stadträtliche Mehrheit ist dem Antrag der Kommission gefolgt und hat das Reglement zurückgewiesen.
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