Milizen wollen die Waffen behalten
Die USA fordern die Entwaffnung der vom Iran gesteuerten Schiitenmilizen im Irak – und bekommen dafür auch im Irak Unterstützung. Der Iran und die Milizen selbst denken nicht daran, die Waffen abzugeben.

Als die Terrorbanden des sogenannten Islamischen Staats im Juni 2014 Mosul eroberten und nur noch 30 Kilometer vor Bagdad standen, hatte das geistliche Oberhaupt der irakischen Schiiten, Ayatollah Ali al-Sistani, die Gläubigen zum Kampf aufgerufen. Mehr als 200 000 Freiwillige folgten dem Appell. Fast jeder Zweite von ihnen wurde in Militärlager geschickt, in denen iranische Revolutionsgardisten begannen, die Hashd al-Shaabi, zu Deutsch: Volksmobilisierungseinheiten, zu formen.
Die überwiegend schiitischen Milizen waren massgeblich an der Befreiung des Irak vom IS beteiligt. In den Augen der USA hat die etwa 70 000 Mann starke Streitmacht jetzt ihre Schuldigkeit getan und müsse nun gehen. Es sei an der Zeit, dass «diese iranischen Milizen» entwaffnet und abgezogen werden, verlangte der amerikanische Aussenminister Rex Tillerson erstmals Ende Oktober dieses Jahres. Die nominell unabhängigen Hashd waren zu diesem Zeitpunkt längst in die regulären irakischen Streitkräfte integriert worden.
Iraker fordern Auflösung
Ein entsprechendes Gesetz verhindert ihre Entwaffnung oder Auflösung, welche inzwischen auch von Ayatollah Sistani sowie dem mittlerweile gemässigten Schiitenführer Muqtada al-Sadr gefordert wird. «Wir werden uns auch zukünftig für die Verteidigung des Landes einsetzen», erklären die Kommandeure der kampfstarken Schiitenmilizen trotzig. «Ohne uns» könne sich die reguläre Armee nicht behaupten. Doch das ist allenfalls die halbe Wahrheit.
Die Volksmobilisierungseinheiten verstehen sich als Teil einer (schiitischen) Widerstandsachse, die inzwischen vom Iran bis in den Libanon reicht und sich gegen Israel richtet. Stolz verkündeten sie zu Monatsbeginn, dass «die Autobahn Teheran–Beirut» nun durchgängig befahrbar sei. Zuvor hatten Schiitenmilizen aus dem Iran, dem Libanon und dem Irak die syrisch-irakische Grenzregion unter ihre Kontrolle gebracht.
Im amerikanischen Kongress wurde darauf vom republikanischen Senator Ted Poe der «Iranian Proxies Terrorist Sanctions Act» eingebracht. Der Gesetzesentwurf sieht Sanktionen gegen die zwei stärksten Verbände der schiitischen Hashd vor, die pro-iranischen Harakat Hizbollah al-Nujaba (Parteibewegung des Vernehmen Gottes) und die Asa'ib Ahl al-Haq (Liga der Rechtschaffenen), die direkt dem iranischen Revolutionsführer Ali Khamenei unterstellt sind.
Auswirkungen dürften mögliche Sanktionen kaum haben. Die Betroffenen werfen den USA «Doppelmoral» vor. Während die USA ihre fortbestehende Truppenpräsenz im Irak mit der noch immer nicht gebannten Terrorgefahr rechtfertigten, verweigerten sie «legitimen irakischen Kräften» dieses Recht, empörte sich Hadi al-Amri, der Führer der proiranischen Badr-Brigaden.
Auch Premierminister Abadi, der den rasanten Aufstieg der Hashd mit Sorge betrachtet, sah sich gezwungen, die schiitischen Milizen zu verteidigen. Schliesslich hätten sie sich im Kampf gegen den IS geopfert. Der Sieg gegen den IS hat die Position des besonnenen Politikers nicht gestärkt. Abadis schärfster Widersacher bleibt sein Amtsvorgänger Nouri al-Maliki, der das Vertrauen der Schiitenmilizen geniesst. Maliki hat mit einer gegen die sunnitische Minderheit gerichteten Politik den rasanten Aufstieg des IS erst ermöglicht. Seine Wiederwahl wäre für viele Iraker eine Katastrophe.
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