Mike Schild ist dem Velo-Tross zwei Stunden voraus
Während Mike Schild 2016 bei der Tour de France die vielen Helfer vom Büro aus orchestrierte, legte der Chef des lokalen OKs zwei Stunden vor Ankunft der Tour de Suisse noch selber Hand an.
Montag, Zytglogge, 15 Uhr: Mike Schild ist dem Fahrertross der Tour-de-Suisse-Etappe gut zwei Stunden voraus. Das ist ein grosser Vorsprung: Wäre Schild einer der Radprofis, gewänne er die Etappe selbst dann, wenn er sein Fahrrad den Rest der Etappe schieben würde.
Doch weil Schild der Chef des lokalen Organisationskomitees ist, der um 15 Uhr beim Zytglogge noch wichtige Details zu den notwendigen Absperrungen klärt, gilt eher: ein verdammt knapper Vorsprung. Bis auf den grünen aufblasbaren Sponsorbogen, der die letzten fünf Kilometer anzeigt, weist noch nichts auf die nahende Durchfahrt des Velorennens hin. Und hier sollen in zwei Stunden über 200 Radfahrer in rasender Fahrt von der Kramgasse in die Hotelgasse einbiegen?
Fünf Meter müssen reichen
Schild jedenfalls wirkt nicht gehetzt. Ohnehin täuscht der Eindruck fehlender Vorbereitung: Der Steinpoller in der Hotelgasse ist schon am Freitag entfernt worden, ebenso die Blende daneben. Hätte man beides stehen lassen und nur den flexiblen Poller versenkt, wäre die Fahrbahn 3,50 Meter breit. «Vorgegeben sind 6 Meter», sagt Schild. Um schmunzelnd anzufügen: «Jetzt kommen wir immerhin auf 5.»
Beim letztjährigen Besuch der Tour de France, als Schild ebenfalls das lokale OK anführte, wäre dies wohl nicht als Nonchalance durchgegangen, sondern als unzulässige Salopperie lange im Voraus abgelehnt worden. Durch die Altstadt führte die Tour de France jedenfalls erst bei der Wegfahrt aus Bern und mit gedrosseltem Tempo.

Auch Schilds Arbeit als OK-Chef unterscheidet sich stark vom letztjährigen Engagement. «Bei der Tour de France war ich am Ende nur noch vom Büro aus am Koordinieren.» Jetzt entscheidet er dagegen an der Hotelgasse mit, wie die Werbebanden montiert werden sollen. In den Boden nageln wie anderswo lassen sich diese hier nicht.
«Wir stellen Absperrgitter auf und hängen die Werbung daran auf», wird deshalb im Gespräch mit Iwan Schmid von der Firma Adcom entschieden, die für die Ausrüstung der letzten fünfundzwanzig Kilometer verantwortlich ist. In 45 Minuten sei an der Hotelgasse alles parat, versichert Schmid.
Ein weiterer Grund für Schilds Arbeit an der Front sind die unterschiedlichen Ressourcen der beiden Landesrundfahrten. Während bei der französischen Version Profiequipen vieles erledigen, geschieht bei der Tour de Suisse alles kurzfristiger und ein bisschen improvisierter. Die Helfersuche sei ebenfalls schwieriger gewesen, sagt Schild. «Zum einen fiel die Tour de France in die Ferienzeit, zum anderen war sie natürlich ein einmaliges Spektakel.»
Bei der Tour de Suisse spannt Schild deshalb auch die 70-jährige Mutter und den 75-jährigen Vater ein. Entlang der Strecke versorgen sie Helferinnen und Helfer mit Wasser.
Reihum positive Signale
Und wie geht es nun weiter mit der Landesrundfahrt und der Bundesstadt? Zwei Dinge stehen fest. Erstens: 2018 kommt die Tour nicht nach Bern. Zweitens: Ab 2019 ist eine regelmässige Zusammenarbeit vorgesehen. Laut dem zuständigen Gemeinderat Reto Nause (CVP) ist zwar offen, in welchem Rhythmus und welcher Form dies jeweils geschehen soll. «Aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu den Tour-Verantwortlichen und von diesen das Signal erhalten, dass auch sie an einer langfristigen Zusammenarbeit mit Bern interessiert sind.»
Der Gemeinderat wiederum habe «dem Parlament das Signal gegeben, dass wir die Tour de Suisse regelmässig nach Bern holen möchten». Deshalb seien in der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2019 und 2021 jeweils 190'000 Franken für die Organisation einer Tour-Etappe eingestellt worden.
Einen Antrag, dieses Geld zu streichen, lehnte das Parlament vorletzte Woche mit 40 Nein- gegen 19 Ja-Stimmen bei 10 Enthaltungen ab. Nause interpretiert dies erfreut «als Zeichen, dass das Parlament den Ansatz teilt, Bern sowohl mit Anlässen für die breite Bevölkerung als auch mit Spitzensport als Velostadt zu positionieren».
Mit Frauenfeld haben sich die Tour-Verantwortlichen kürzlich auf einen Sechsjahresvertrag mit drei Austragungen geeinigt. Laut David Loosli, dem Sportlichen Direktor der Tour, gehen Verhandlungen mit Partnerstädten derzeit generell in diese Richtung. Die provisorische Planung des Gemeinderats und die Absichten der Tour-Organisatoren könnten also gut zueinander passen.
19.45: Papiermühlestrasse frei
Laut OK-Chef Schild hat Bern am Montag erneut bewiesen, dass die Stadt für grosse Radrennen gewappnet ist. Um 19.45 Uhr, gut zwei Stunden nach der Zieleinfahrt, konnte die Papiermühlestrasse wieder freigegeben werden. Etwas mehr als zwei Stunden? «Ein guter Wert», findet Schild.
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