Meine Mutter redet mir bei allem drein. Was soll ich bloss tun?
FRAGE AN ANNA: Seit zwei Jahren wohne ich (32-jährig) wieder bei meiner Mutter im elterlichen Haus. Mein Vater ist vor 5 Jahren verstorben. Da ich zwar einen Freund habe, aber nicht verheiratet bin, fand ich es eine gute Idee, mit meiner Mutter zusammenzuwohnen, damit sie nicht so alleine ist. Ich habe eine eigene Etage mit einer kleinen Küche und bin so weitgehend unabhängig. Es war allerdings ein grosser Fehler. Denn meine Mutter redet mir überall drein. Sie sagt mir ständig, was ich noch im Haushalt zu erledigen habe, anscheinend schaut sie in meinen Wohnbereich, wenn ich tagsüber am Arbeiten bin, denn sie weiss, wann das Geschirr nicht verräumt, das Bad nicht geputzt oder nicht gesaugt wurde. Manchmal erledigt sie dann diese Arbeit für mich. Ausserdem fragt sie mich ständig, ob ich noch nach der Arbeit zu ihr kommen würde oder am Wochenende einen Spaziergang mit ihr machen würde. Das ist mir alles viel zu viel. Nach einem anstrengenden Arbeitstag möchte ich nur noch meine Ruhe. Und am Wochenende möchte ich eigentlich nur meinen Freund sehen. Natürlich ist es für mich eine grosse finanzielle Entlastung, bei meiner Mutter zu wohnen, und ich könnte mir manches nicht leisten, wenn ich Miete zahlen müsste. Aber auf die Dauer halte ich es nicht aus, wir streiten uns fast täglich. Was soll ich bloss tun?H. aus Thun Liebe H.: Sicherlich sind Kompromisse nötig, wenn man zusammen in einem Haus wohnt. Das ist ganz natürlich, egal mit wem man lebt, ob es der Freund, die Freundin oder die Mutter ist. Bei der Mutter kommt natürlich noch die enge Bindung hinzu – und dass sie sich immer noch für Sie verantwortlich fühlt. Im Grunde ist der Abnabelungsprozess, den Sie wohl schon hinter sich hatten, durch das Zusammenziehen irgendwie wieder rückgängig gemacht worden. Sie müssen sich also wieder Ihren Freiraum schaffen. Setzen Sie sich mit Ihrer Mutter zusammen und sagen Sie, was Sie wollen und was nicht. Stellen Sie gemeinsame Regeln für das Zusammenleben auf, indem jede ihren nötigen Freiraum bestimmt. Machen Sie Ihrer Mutter klar, dass sie nicht mehr die Verantwortung für Sie hat, sondern sie beide eine Lebensgemeinschaft bilden, in der jeder gleiche Rechte und Pflichten hat. Bedenken Sie aber bitte auch: Wenn Sie sich entschlossen haben, mit Ihrer Mutter zusammenzuleben, dann, sollte das nicht nur reiner Selbstzweck sein, sondern letztlich auch Ihr Beitrag, ihr etwas von dem zurückzugeben, was Ihre Mutter Ihnen ein Leben lang entgegengebracht hat. Das Leben besteht aus Geben und Nehmen, und in diesem Sinne lässt sich manch eine Äusserung oder Handlung Ihrer Mutter auch leichter ertragen. Natürlich ist es nicht immer leicht und lustig, sicher gibt es Streitereien, wichtig ist nur, dass die Grundhaltung stimmt. Deshalb klären Sie für sich die Frage: Will ich das überhaupt? Wenn man etwas wirklich will, dann lassen sich auch Hürden leichter beseitigen. Sprechen Sie offen mit Ihrer Mutter darüber, denn sicherlich wird sie sich ebenfalls ihre Gedanken über die Situation gemacht haben. Ihre AnnaIhre Fragen an: liebe.anna@bernerzeitung.ch oder LIEBE ANNA, Postfach 150, 3472 Wynigen >
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