Fahndungserfolg im Vermisstenfall«Mein Name ist Cleo»: Australische Polizei findet 4-Jährige
17 Tage nach ihrem mysteriösen Verschwinden ist die kleine Cleo in Australien aus dem Haus eines 36-Jährigen befreit worden. Alles, was Sie zum Fall wissen müssen.
Der Albtraum hat ein Ende: Rund zweieinhalb Wochen nach dem mysteriösen Verschwinden der kleinen Cleo von einem Campingplatz im Westen des Landes hat die Polizei die Vierjährige wohlbehalten wieder gefunden. Die Polizei befreite sie aus einem Haus, 75 Kilometer vom Campingplatz entfernt.
Was ist passiert?
Die Vierjährige wurde seit dem 16. Oktober vermisst. Mit ihrer Mutter, deren Lebensgefährten und ihrer kleinen Schwester war sie auf einem Campingplatz an der Küste bei Macleod, rund 900 Kilometer nördlich der Regionalhauptstadt Perth. Nach Aussage der Mutter bemerkte die Familie gegen 6 Uhr morgens, dass das blonde Mädchen mitsamt Schlafsack aus einem der beiden Räume des Familienzeltes verschwunden war. Dort habe ihre Tochter neben der kleinen Schwester geschlafen.
Der Zelt-Reissverschluss sei bis zu einer Höhe geöffnet gewesen, die die Vierjährige selbst nicht hätte erreichen können. Seither fehlte von dem Kind jede Spur. Die Blowholes – Meereshöhlen, aus denen die Brandung spritzt – sind ein beliebtes Ausflugsziel am Indischen Ozean.
Wie kamen die Ermittler dem Entführer auf die Spur?
Die Polizei stand zunächst vor einem Rätsel. Eine 100-köpfige Sonderkommission wird eingerichtet. Die einzige Spur ist die Aussage von Zeugen, die in der Nacht von Cleos Verschwinden ein Auto vom Campingplatz wegfahren sahen. Aber weder die Automarke noch das Nummernschild sind bekannt.
Die Regierung von Western Australia setzt schliesslich eine Belohnung von einer Million australischen Dollar für Hinweise aus, die zum Auffinden des Mädchens führen – aber alle angeblichen Sichtungen verlaufen im Nichts.
«Dies war hartnäckige, methodische Polizeiarbeit», erklärte Polizeikommissar Chris Dawson. Die Ermittler hätten Tausende und Abertausende von forensischen Exponaten, Daten und Informationen aus der Gemeinde gesammelt und jeden Hinweis genau geprüft.

Das Kind wurde von der Polizei aus einem verschlossenen Haus im 75 Kilometer vom Campingplatz entfernten Ort Carnarvon befreit, wie der stellvertretende Kommissar Col Blanch am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) sagte. Die Familie stammt ebenfalls aus dem Ort.
Die Polizei habe das Haus am frühen Mittwochmorgen um kurz vor 1.00 Uhr (Ortszeit) aufgebrochen. «Als sie sagte, «Mein Name ist Cleo», war im Haus kein Auge mehr trocken», sagte Blanch dem örtlichen Radiosender 6PR. Erfahrene Ermittler seien vor Erleichterung in Tränen ausgebrochen.
Auf einem Video ist der Moment der Rettung zu sehen, wie Cleo von einem Beamten aus dem Haus getragen wird und sich fest an ihn schmiegt. Daraufhin hätten die Beamten dann die Eltern angerufen und nur gesagt: «Hier ist jemand, der mit Ihnen sprechen möchte...».
Wer hat Cleo entführt?
Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen Mann aus der Gegend. Wie es hiess, kooperiert der 36-Jährige mit den Ermittlern. Die Polizei geht von einer ungeplanten und spontanen Entführung des Mädchens aus. Der Mann ist demnach nicht als Sexualstraftäter gelistet und wurde erst am Vortag zur «Person von Interesse» für die Fahnder.
«Es ist eine bemerkenswert dreiste und schockierende Sache, zu einem Campingplatz zu gehen, ein Zelt aufzumachen und ein kleines Mädchen mitzunehmen», sagte der Premierminister von Western Australia, Mark McGowan, am Mittwoch. «Es ist unfassbar, dass jemand so etwas tut.»
Welche Rolle spielten die Eltern im Fall?
Die Eltern hatten sich immer wieder mit dramatischen Aufrufen an die Öffentlichkeit gewendet – in der Hoffnung, den oder die Täter zu überzeugen, das Mädchen freizulassen. Weder die Mutter, der Lebensgefährte noch der leibliche Vater des Mädchens, der bei Perth lebe, wurden als Verdächtige betrachtet. Der Spurenlage zufolge gab es nur eine plausible Erklärung: Die kleine Cleo wurde entführt.
Die verzweifelten Bitten der Mutter um Hilfe lösten eine Welle der Anteilnahme aus. Hundert Polizisten suchten aus der Luft, zu Wasser und am Boden nach dem kleinen Mädchen, unzählige freiwillige Helfer durchkämmten das nahe gelegene Buschland nach möglichen Spuren.

Nach der Rettung des Mädchens, schrieb die Mutter, Ellie S., auf Instagram: «Unsere Familie ist wieder vollständig.»
Wie geht es Cleo?
Cleo sei gesund und munter. Behördenangaben zufolge wurde sie zunächst in ein Krankenhaus gebracht und dort betreut und untersucht.
Auf dem Weg zum Krankenhaus sei Cleo mit ihren Eltern wiedervereint worden. «Sie rief nur: «Mummy!», dann gab es jede Menge Tränen und Umarmungen», erinnerte sich Obersergeant Cameron Blaine.
Die Polizei von Western Australia veröffentlichte auf Twitter ein Bild, das Cleo munter winkend im Krankenhausbett zeigt, eingehüllt in eine weisse Decke. «Das Wunder, auf das wir alle gehofft hatten», hiess es dazu.

Mittlerweile konnte das Mädchen aus dem Krankenhaus entlassen und von ihren Eltern nach Hause gebracht werden.
«Wunder geschehen!»
Die Anteilnahme war nach dem Verschwinden des Mädchens riesig – nicht nur in Australien. Im Frühstücksfernsehen sprachen die Moderatoren mit gebrochener Stimme, als sie die gute Nachricht vermeldeten. «Wunder geschehen!», jubelte ein Sprecher im Sender «9News» und drückte damit wohl die Gefühlslage der ganzen Nation aus.
Australiens Premier Scott Morrison bedankte sich via Twitter bei der Polizei. «Was für eine wunderbare, erleichternde Nachricht. Cleo Smith wurde gefunden und ist gesund und munter zu Hause», schrieb er. Die Parlamentarierin Tanya Plibersek meinte via Twitter: «Was diese Familie durchgemacht hat, ist der schlimmste Albtraum aller Eltern.»
In Carnarvon herrschte am Mittwoch Feststimmung. Die sonst wenig belebten Strassen des 4500 Einwohner zählenden Orts waren geschmückt mit rosa Luftballons und Schildern mit der Aufschrift «Willkommen zurück». «Alle werden heute ausgiebig feiern», sagte Einwohnerin Julee Nelson der Nachrichtenagentur AFP.
Erinnerungen an Maddie McCann
Das Verschwinden Cleos hatte düstere Erinnerungen an den Fall der damals dreijährigen Britin Maddie McCann geweckt, die am 3. Mai 2007 in Portugal aus einer Apartment-Anlage spurlos verschollen war. Das ungeklärte Schicksal des Mädchens sorgt bis heute für Schlagzeilen. Als Ermittler im vergangenen Jahr überraschend bekanntgaben, dass ein Deutscher unter Mordverdacht steht, keimte zumindest Hoffnung auf späte Gewissheit. Bisher gibt es aber keinen Durchbruch bei den Ermittlungen.
SDA/aru
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