Markthalle: Vier Schicksale
Ab Freitagabend ist die Berner Markthalle geschlossen. Vier der Ex-Mieter sprechen über das Ende einer Ära.
Wer dieser Tage die Markthalle beim Berner Bahnhof betritt, erkennt sie nicht mehr: Überall steht Inventar und die Logos der Restaurants sind demontiert. Es herrscht Aufbruchstimmung. Viele der Gastronomen sind bereits ausgezogen und hinterlassen leere Räume. Zumindest einen Vorteil hat dieser Platz: Er wird am Samstag für die grosse Abschiedsparty genutzt werden. Ansonsten bietet sich ein tristes Bild.
Trauer in der Amici-Bar
Der grosse Engel mit einer Flügelspannweite von rund fünf Metern, der über dem Tresen der Amici-Bar schwebt, wird für 1200 Franken verkauft. Auch das restliche Inventar sucht neue Besitzer. Andreas Krüger war seit zweieinhalb Jahren Geschäftsführer. Er bedauert die Schliessung.
«Als mein dreieinhalbjähriger Sohn am Montag fragte, wo er denn nun sitzen könne, ist mir erst richtig bewusst geworden, dass es jetzt zu Ende ist. Das war ein trauriger Moment», sagt Krüger. Seine Amici-Bar gleich beim Eingang der Markthalle war ein beliebter Treffpunkt. «In der Markthalle war alles sehr unkompliziert. Man konnte ungezwungen ohne Reservation spontan etwas essen oder trinken», sagt Krüger. Egal ob im Anzug mit Krawatte oder nach der Arbeit auf dem Bau: In der Markthalle seien alle willkommen gewesen. Diesen Groove werde er vermissen.
Das eigentlich einfache Gastrokonzept der Markthalle mit den Shops im Shop finde man sonst nirgends in der Stadt. Als Krüger vor gut einem Jahr von der Schliessung der Markthalle erfuhr, machte er sich auf die Suche nach einem anderen Lokal in Bern. Ohne Erfolg. Immerhin haben bis auf eine Ausnahme alle seine Angestellten wieder eine Stelle gefunden – vor allem im Restaurant Rosengarten. Und auch Krüger hat ab Juni eine neue Aufgabe. Er wird Geschäftsführer im Weincafé Klösterli: «Ich freue mich. Das ist eine neue Chance.»
Restaurant Kabuki hat noch kein neues Lokal
Sieben Jahre war Juan González Geschäftsführer des japanischen Restaurants Kabuki. Es waren sieben gute Jahre. «Wir haben uns eine sehr schöne und sehr treue Stammkundschaft aufgebaut», erzählt González. Seit einem halben Jahr höre er «jeden Tag hundertmal», wie jemand das Ende der Markthalle bedaure. «Aus der ganzen Schweiz kommen Leute und finden es unglaublich, dass die Berner das zulassen.»
González anerkennt, dass Private frei über ihr Eigentum verfügen können, ist aber gleichzeitig «überzeugt, dass die Marktwirtschaft genügend Lösungen bietet, um ein so beliebtes Projekt wie die Markthalle rentabel zu betreiben». Stattdessen werde nun «eine riesige Menge Goodwill ersatzlos vernichtet», sagt González und schüttelt den Kopf. Zusammen mit seinem Chef Shinji Tanaka, der noch in Kehrsatz ein Restaurant betreibt, baut González einen Hauslieferdienst auf. Und wenn sie in der Stadt doch noch ein geeignetes Lokal finden, greifen sie zu.
Zwei neue Standorte für Ängelibeck
Kurt Sahli, der im Murifeld den Ängelibeck betreibt, ist 2003 in der Markthalle eingezogen. Nun eröffnet er an der Schwanen- und der Aarbergergasse zwei neue Standorte und übernimmt die Brotabteilung des Globus, um den Auszug aufzufangen. «Ich bin nicht nur, aber auch wegen der Markthalle geworden, was ich bin», sagt Sahli.
Ein paar Tage nach «Tanz dich frei» sieht er die Schliessung der Markthalle in einer grösseren Dimension: «Sie war auch ein Ort, wo sich junge Menschen trafen.» Überhaupt seien in der Markthalle vom Büezer bis zum Banker alle ein- und ausgegangen wie an keinem zweiten Ort. Sahli kritisiert die «Intransparenz» der Eigentümer, die ständig behaupteten, die Markthalle sei unrentabel. Er jedenfalls habe gehörig Miete abgedrückt: «100'000 Franken im Jahr für 42 Quadratmeter.»
Way to India trauert um Markthalle
«Wir lassen hier ein Stück Herz zurück», sagt Prasad Bharanya. Vom Einmannbetrieb hat er sein Restaurant Way to India zum 30-Personen-KMU entwickelt, das in der Markthalle auch das South India und das Mad Mex betrieb. Als Bharanya nach der Kündigung erfuhr, dass am Bärenplatz Bim Grosi dichtmacht, hat er sich den «super Standort» gesichert. «Es läuft gut, wir sind gerne dort.» Aber eben, die Markthalle mit ihrem Mietermix sei «einmalig» gewesen.
«Die Markthalle war für die ganze Schweiz bedeutend», sagt Bharanya gar. «Wer in dieses Multikultihaus gekommen ist, war begeistert.» Für ihn sind es mehr als ein paar Läden und Restaurants, die schliessen: «Es ist ein Kulturlokal, das zugeht.» Angesichts der Frequenzen will Bharanya fast nicht glauben, dass die Markthalle den Eigentümern nicht rentiert habe, zumal er betont: «Man hätte über die Mieten reden können, doch das ist leider nicht passiert.» Er wünsche niemandem Böses, sagt er, doch immer wieder hätten ihm Kundinnen und Kunden gesagt: «Egal was in die Markthalle kommt, ich werde es boykottieren.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch